Der Weltkrieg am 1. November 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue heftige Kämpfe in Flandern - 
Rückzug über die Donau bei Belgrad

General Gröner

General Gröner

Großes Hauptquartier, 1. November.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
In Flandern hat der Feind seine großen Angriffe wieder aufgenommen. Zwischen holländischer Grenze und Deinze stießen Belgier und Franzosen gegen die Lys-Front, im besonderen gegen unsere Brückenkopfstellungen auf dem Westufer des Flusses vor. Beiderseits von Zomergem nahmen wir die vorübergehend verloren gegangenen Brückenköpfe im Gegenangriff wieder. An der übrigen Front wiesen wir den Feind vor unseren Linien ab. Die Reserve-Infanterie-Regimenter Nr. 57 und 79 zeichneten sich bei diesen Kämpfen besonders aus. Den Hauptangriff führten Engländer und Franzosen zwischen Deinze und der Schelde. Südlich von Deinze, bei Zulte und Anseghem drang der Gegner in unsere Linien ein. Südlich von Deinze warfen Bataillone der 2. Garde-Infanterie -Division im Verein mit dem Füsilier-Regiment Nr. 80 den über die Straße Deinze-Kruishoutem vorstoßenden Gegner wieder zurück. Beiderseits von Anseghem brachten rückwärtige Kampftruppen den Feind vor unserer Artillerie zum Stehen. Die nördlich der Bahn Kortrick -Oudenaarde kämpfenden Truppen, die den Feind vor ihren Linien abwehrten. wurden im Laufe des Tages zur Wahrung des Anschlusses an ihre Nachbarn auf die Höhen beiderseits Nokere zurückgenommen. Die Kämpfe fanden am Abend ihren Abschluß westlich der Straße Deinze-Kruishoutem und auf den Höhen in Linie Nokere-Kerkhove, 3 Kilometer östlich unserer alten vordersten Postenlinie.
In der Schelde-Niederung dauert die Zerstörung der Ortschaften durch den Gegner an. Die Städte Tournai, Valenciennes und Peruwelz lagen unter englischem Feuer. Beiderseits von Le Quesnoy und Landrecies rege Artillerie- und Erkundungstätigkeit.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz:
Auf den Aisne-Höhen nordwestlich von Château-Porcien nahm der Artilleriekampf gewaltige Stärke an. Mit frischen Kräften setzte der Feind seine starken Angriffe nordwestlich von Herpy fort. Sie sind wiederum unter den schwersten Verlusten für den Feind gescheitert. Das mecklenburgische Grenadier-Regiment Nr. 89, das hanseatische Infanterieregiment Nr. 75, die Regimenter Nr. 230 und 231 der 50. Reserve-Division trugen die Hauptlast des Kampfes und wehrten, von ihrer Artillerie wirksam unterstützt, die feindlichen Angriffe restlos ab. Das Garde-Kürassier-Regiment und die Husaren-Regimenter Nr. 8 und 11 haben sich in den letzten Tagen hier wiederum besonders bewährt.
Heeresgruppe Gallwitz:
Auf dem Ostufer der Maas tagsüber lebhafte Artillerietätigkeit.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die deutschen Truppen wurden auf das nordöstliche Donau-Ufer beiderseits von Belgrad und Semendria zurückgenommen. Der Übergang über die Donau ging ohne Störung durch den Gegner vonstatten.

Der Erste Generalquartiermeister
    Gröner.
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Gewaltiges Ringen an der Aisne-Front

Berlin, 1. November, abends. (Amtlich.) 
An der Lys- Front nördlich Deinze ist die Lage unverändert. Südlich Deinze haben wir uns weiteren Angriffen durch Ausweichen auf die Schelde entzogen. Südlich Valenciennes kamen englische Angriffe an erfolgreichen Gegenangriffen zum Stehen. Gewaltiges Ringen an der Aisne-Front und zwischen Argonnen und Maas. Die Angriffe der Franzosen auf den Aisne-Höhen nordwestlich Chateau Porcien und beiderseits Vouziers sind bis auf örtliche Einbruchsstellen gescheitert. Die Angriffe der Amerikaner wurden in Linie Champigneulle - Bayonville - Aincrecille aufgefangen.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Räumung Venetiens

Wien, 1. November. 
Amtlich wird verlautbart: 
In Venetien wird die Räumungsbewegung fortgesetzt.
Im Südosten haben unsere Hauptkräfte das nördliche Donau-Ufer erreicht.

  Der Chef des Generalstabes. 1)

 

Das Schlachtschiff "Viribus Unitis" im Hafen von Pola versenkt

Wien, 1. November.
Die Marinesektion teilt mit:
Auf bisher nicht aufgeklärte Weise drangen heute morgen nach der Übergabe der Flotte an den südslawischen Nationalrat mehrere italienische Seeoffiziere in den Hafen von Pola ein, legten eine Mine an das Schlachtschiff "Viribus Unitis" und brachten es zum Sinken.
Stab und Mannschaft sind größtenteils gerettet.
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Die Bedingungen des Waffenstillstandes mit der Türkei 

Öffnung der Dardanellen - Sofortige Demobilisierung - Übergabe der Kriegsschiffe

London, 1. November. (Reuter-Meldung.) 
Der mit der Türkei abgeschlossene Waffenstillstand enthält u. a. folgende Bedingungen:
Öffnung der Dardanellen und des Bosporus und freier Zugang zum Schwarzen Meer. Besetzung der Forts in den Dardanellen und im Bosporus durch die verbündeten Truppen.
Alle alliierten Kriegsgefangenen und die internierten oder gefangenen Armenier sind in Konstantinopel zu versammeln und bedingungslos den Alliierten zu übergeben.
Sofortige Demobilisierung der türkischen Armee mit Ausnahme solcher Truppen, die für die Bewachung der Grenze und für die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung erforderlich sind. Der Effektivbestand des Heeres und seine Verteilung werden später von den Alliierten nach vorheriger Beratung mit der türkischen Regierung festgesetzt werden.
Auflieferung aller Kriegsschiffe, die sich in türkischen Gewässern oder in von der Türkei okkupierten Gewässern befinden. Diese Schiffe sind in den von der Entente bezeichneten türkischen oder anderen Häfen zu internieren mit Ausnahme solcher kleineren Fahrzeuge, die für den Polizeidienst und ähnliche Zwecke in den türkischen Hoheitsgewässern notwendig sind.
Die Alliierten erhalten das Recht, alle strategischen Punkte zu besetzen, falls eine Lage entsteht, die die Sicherheit der Agierten bedroht.
Allen alliierten Schiffen stehen sämtliche Häfen und Ankerplätze, die augenblicklich in türkischen Händen sind, zur freien Verfügung. Feindlichen Schiffen ist ein derartiger Gebrauch zu verweigern.
Die Alliierten besetzen die Taurus-Tunnelanlagen.
Unverzügliche Zurückziehung der türkischen Truppen aus Nordwest-Persien bis hinter die vor dem Kriege gültige Grenze ist bereits befohlen worden und wird ausgeführt werden. Die Räumung eines Teils des Kaukasus durch die türkischen Truppen ist bereits befohlen worden. Der Rest ist zu räumen, wenn es von den Alliierten gefordert wird, nachdem sie zuvor die dortige Lage geprüft haben.
Alle Bahnen sind unter die Kontrolle alliierter Offiziere zu stellen, einschließlich der Teile der transkaukasischen Eisenbahnen, die augenblicklich unter türkischer Herrschaft sind, und die zur freien und vollständigen Verfügung der alliierten Behörden zu stellen sind, wobei den Bedürfnissen der Bevölkerung in angemessener Weise Rechnung getragen wird. Diese Bestimmung schließt die Besetzung von Batum durch die Alliierten in sich. Die Türkei wird keinen Einspruch gegen die Besetzung von Baku durch die Alliierten erheben.
Auslieferung aller Garnisonen im Hedschas, Assyrien, Yemen, Syrien, Mesopotamien an den nächsten verbündeten Kommandanten und Zurückziehung der Truppen aus Cilicien mit Ausnahme derjenigen, die notwendig sind, um die Ordnung aufrechtzuerhalten.
Alle deutschen und österreichischen Marine-, Militär- und Zivilpersonen müssen innerhalb eines Monats aus türkischen Gebieten entfernt werden. Die in entfernteren Distrikten befindlichen Personen müssen so schnell wie möglich abgeschoben werden.
Die türkischen Kriegsgefangenen stehen zur weiteren Verfügung der verbündeten Mächte. Die Entlassung der türkischen Zivilgefangenen und solcher Gefangener, die das militärische Alter überschritten haben, wird in Erwägung gezogen.
Die Türkei verpflichtet sich, alle Beziehungen zu den Mittelmächten aufzugeben.
Die Feindseligkeiten zwischen den Verbündeten und der Türkei hören Donnerstag, den 31. Oktober 1918, 12 Uhr mittags, auf.
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Der 1. Weltkrieg im November 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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