Der Weltkrieg am 31. Oktober 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die vergeblichen französischen Angriffe südlich der Oise

Großes Hauptquartier, 31. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
Bei Zomergem an der Lys wurde ein Teilangriff der Belgier abgewiesen. Südlich der Schelde und am Walde von Mormal zeitweilig Artilleriekampf und kleinere Infanteriegefechte.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz:
Ein feindlicher Angriff gegen den Kanalabschnitt südlich von Catillon scheiterte. Südlich der Oise wiesen wir am frühen Morgen heftige Angriffe der Franzosen ab. Östlich von Landifay zeichnete sich hierbei das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 270 besonders aus. Auch die bis zum Abend nach erneuter Feuerwirkung und unter Einsatz zahlreicher Panzerwagen mehrfach wiederholten feindlichen Angriffe scheiterten. Wo es dem Gegner gelang, vorübergehend in unseren Linien Fuß zu fassen, warfen ihn unsere Gegenstöße wieder zurück. An der erfolgreichen Abwehr der Panzerwagen haben die 2. Kompagnie Infanterie-Regiments Nr. 444, die Minenwerfer-Kompagnien Nr. 464 und 465, das Reserve -Feldartillerie-Regiment Nr. 1 (von ihm der Unteroffizier Kokowski der 4. Batterie) und Vizefeldwebel Hornstein der 2. Batterie Reserve-Feldartillerie-Regiments Nr. 57 besonderen Anteil. Auf dem Kampffelde zwischen Nizy-le-Comte und der Aisne blieb die Artillerietätigkeit lebhaft. Nordwestlich von Herpy wurden am Abend erneute starke Angriffe des Gegners abgewiesen.
Heeresgruppe Gallwitz:
Auf beiden Maasufern nahm die Artillerietätigkeit zu.
Die Fliegertätigkeit war gestern besonders rege. Wir schossen 38 feindliche Flugzeuge und 2 Fesselballone ab. Leutnant Dörr errang seinen 35., Oberleutnant Auffahrt seinen 30. und Leutnant v. Hantelmann seinen 25. Luftsieg.

Der Chef des Generalstabes des Feldheeres. 1)

 

Der Ansturm gegen die Lys-Front

Berlin, 31. Oktober, abends. (Amtlich.) 
Erneute Kämpfe in Flandern. Feindliche Angriffe von der holländischen Grenze bis zur Schelde sind vor der Lys-Front gescheitert. Zwischen Deinze und der Schelde brachten wir den Feind, der an einzelnen Stellen in unsere Linien eindrang, sehr bald zum Stehen.
Auf den Aisne-Höhen nordwestlich von Château Porcien wurden heftige Angriffe der Franzosen abgewiesen.
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Der Kaiser verläßt Berlin - Abreise in das Große Hauptquartier

Berlin, 31. Oktober. (Amtlich.) 
Seine Majestät der Kaiser, der sich mehrere Wochen in der Reichshauptstadt aufgehalten hatte, begab sich in das Große Hauptquartier.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der k. u. k. Parlamentär in den italienischen Linien

Wien, 31. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
Das Oberkommando hat bereits am 29. Oktober früh durch einen Parlamentär die Verbindung mit der italienischen Heeresleitung hergestellt. Es sollte kein Mittel zur Vermeidung weiterer unnützer Blutopfer zur Einstellung der Feindseligkeiten und zum Abschluß eines Waffenstillstandes unversucht bleiben. Das italienische Oberkommando hat gegen diesen von den besten Absichten geleiteten Schritt zuerst eine unverkennbar ablehnende Haltung eingenommen. Erst am 30. Oktober abends konnte der General der Infanterie v. Weber mit einer Abordnung im Einverständnis mit dem italienischen Oberkommando die Gefechtslinie zur Einleitung von Verhandlungen überschreiten. Wenn demnach auf dem italienischen Kriegsschauplatz Kriegsgreuel ihre Fortsetzung finden, müssen die Schuld und die Verantwortung lediglich auf Rechnung unserer Feinde geschrieben werden.

  Der Chef des Generalstabes. 1)

 

Unabhängigkeitserklärung Ungarns

Ministerpräsident Graf Karolyi
Ministerpräsident Graf Karolyi

Budapest, 31. Oktober. 
Der ungarische Nationalrat hat im Laufe der Nacht die gesamte öffentliche Gewalt in die Hand genommen. Ministerpräsident Graf Michael Karolyi hat im Laufe der Nacht die Regierung gebildet. Der Ministerrat erließ eine Proklamation an die Mitbürger, in der der Sieg der Revolution mitgeteilt wird. Die Proklamation kündigt an, daß die vollständige staatliche Unabhängigkeit Ungarns gesichert ist und ein eigener Minister des Äußern ernannt wird.
Durch die Macht der Ereignisse ist das Ministerium Karolyi inzwischen gezwungen worden, von dem Treueid, den es dem Könige leistete, Entbindung zu fordern. König Karl hat sie gewährt, und das Kabinett hat nunmehr in aller Öffentlichkeit und vor dem Lande dem Nationalrat Treue geschworen. Nach einem Beschluß des Ministerrates soll das Volk, Männer und Frauen, alsbald durch eine allgemeine Abstimmung entscheiden, ob die Monarchie bleibt, oder ob die Mehrheit des Landes sich der republikanischen Staatsform anschließen wolle.
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Der Waffenstillstand mit der Türkei unterzeichnet

London, 31. Oktober. 
Das Reutersche Bureau erfährt, daß der Waffenstillstand mit der Türkei am 31. Oktober mittags unterzeichnet wurde.

Zusatz des W. T. B.: 
Die Tatsache ist nicht ausgeschlossen. Eine amtliche Bestätigung liegt aber bisher nicht vor. 

Paris, 31. Oktober. 
Nach einer Meldung der Agence Havas erklärte Leygues in der Kammer, daß der Waffenstillstandsvertrag mit der Türkei vor allem freie Durchfahrt der Alliiertenflotten zum Schwarzen Meere, Besetzung der Dardanellenforts und derjenigen am Bosporus sowie die Rücksendung der alliierten Kriegsgefangenen in ihre Heimat bestimmt. Der Waffenstillstand ist am Donnerstag in Kraft getreten.
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Der 1. Weltkrieg im Oktober 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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