Der Weltkrieg am 27. Februar 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Berditschew erreicht

Großes Hauptquartier, 27. Februar. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
An der Yser wurden einige Belgier gefangen. An der flandrischen Front, beiderseits der Scarpe, in der Champagne und auf dem östlichen Maasufer lebte die Artillerietätigkeit am Abend auf. 
Vielfach kam es zu heftigen Luftkämpfen. Ein einheitlicher Angriff englischer Flieger gegen unsere Ballone zwischen Oise und Aisne scheiterte. 
Wir schossen gestern 15 feindliche Flugzeuge und 3 Fesselballone ab. Hauptmann Ritter v. Tutschek errang seinen 24. Luftsieg. Gefreiter Kaffner brachte bei einem Fluge 2 Fesselballone zum Absturz.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe Eichhorn: 
Nördlich von Dorpat nahmen wir 2 russische Regimenter bei ihrem Rückmarsch gefangen. 
Heeresgruppe Linsingen: 
In der Ukraine wurde ein feindliches Bataillon, das sich bei Korosstyschew (30 Kilometer östlich von Shitomir) unserem Vormarsch in den Weg stellte, unter Verlusten zerstreut. Südlich von Shitomir drangen unsere Truppen bis Berditschew vor. In Kremenez (südlich von Dubno) nahmen wir den Stab eines russischen Generalkommandos, einen Divisionsstab und 200 Mann gefangen. 
Mazedonische Front: 
Englische Abteilungen, die über den Butkowafluß gegen die bulgarischen Stellungen vordrangen, wurden im Gegenstoß zurückgeworfen.
Italienische Front:
Nichts Neues.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
1)

 

Die Kreuzfahrt des "Wolf"

Berlin, 27. Februar.
Über die Fahrt des Hilfskreuzers "Wolf" erfahren wir im Anschluß an die amtliche Meldung folgende Einzelheiten:
Ausreise und Heimreise standen unter dem Zeichen anhaltend schlechten Wetters. Sturm, Nebel und Eisgang waren zur Durchbrechung der englischen Blockadelinien willkommene Bundesgenossen, stellten aber anderseits an die Navigation hohe Anforderungen. Unerkannt gewann S. M. S. "Wolf" gegen Ende 1916 den Ozean und wandte sich gen Süden. Die erste Wirkung des Auftretens S. M. S. "Wolf" zeigte sich in eintretenden Schiffsverlusten im südlichen Atlantischen Ozean. Diese wurden zuerst auf Sabotage, dann auf U-Boote zurückgeführt. Erst als englischer Stolz die Anwesenheit eines deutschen Hilfskreuzers zugeben mußte, um die Schiffahrt vor ihm zu warnen, erhielt eine Reihe von Schiffsuntergängen ihren Aufschluß. Von Südafrika aus wandte sich S. M. S. "Wolf" nach dem Indischen Ozean und kreuzte vor der Insel Ceylon wie auch an der Westküste Vorderindiens. Auch jetzt wieder melden drahtlose Nachrichten von dem schnell eingetretenen Erfolge und dem Sinken wertvoller großer Dampfer. Wachsende militärische Maßnahmen des Feindes wurden beobachtet. Die Schiffahrt in den indischen Gewässern war alarmiert, das Tätigkeitsgebiet des Hilfskreuzers mußte verlegt werden. An der Verfolgung des Hilfskreuzers beteiligten sich anstatt englischer vorwiegend japanische Schiffe. Um diese Zeit wurde der englische Dampfer "Turintella" früher deutscher Dampfer "Gutenfels" erbeutet und als Hilfskreuzer unter dem Namen "Iltis" verwandt. Er sollte die Schiffahrt im Golf von Aden stören, während "Wolf" nach Süden steuerte.
Ein vierter Erdteil wurde aufgesucht und die Schiffahrt von Australien, Neuseeland, Westamerika auf der Fahrt durch den Stillen Ozean geschädigt. Bald erfolgte auch hier als Zeichen guter Erfolge die Warnung der Schiffe. Dicht vor Rabault lief dem Hilfskreuzer ein englischer Regierungsdampfer in den Weg, von dem nicht nur wertvolle Dienstpost erbeutet, sondern auch der für die geraubte deutsche Südseekolonie bestimmte australische Gouverneur gefangengenommen wurde. Sehr gute Dienste leistete dem "Wolf" ein mitgenommenes Flugzeug. Lag der Hilfskreuzer zwecks Überholung von Kesseln und Maschinen oder wegen sonstiger Arbeiten an irgendeiner einsamen Stelle, so klärte es auf und sicherte vor Überraschungen. Eines Tages, als "Wolf" inmitten eines palmenbestandenen Atolls eine Reinigung des Schiffsbodens vornahm, mithin nicht aktionsfähig war, zog in nächster Nähe der Koralleninsel ein englischer Dampfer vorbei, dem das Flugzeug vermittels eines auf das Deck heruntergeworfenen Beutels die Aufforderung überbrachte, sich sofort, ohne seine Funkentelegraphie zu gebrauchen, zu dem deutschen Hilfskreuzer zu begeben. Folgsam kam der Engländer dem Befehl nach und wurde dann prompt versenkt. Nicht einfach war die Kohlenergänzung. Nicht weniger als elf Monate mußte S. M. S. "Wolf" von den eigenen Beständen laben. Häufig auftretendes schlechtes Wetter verhinderte mehrfach die Einnahme von Kohlen aus aufgebrachten Dampfern, sodaß diese mitsamt ihrem wertvollen Inhalt versenkt werden mußten.
Die Maschinen arbeiteten während der ganzen Kreuzfahrt ohne erhebliche Störungen. Das technische Geschick des Maschinenpersonals, verbunden mit nie erlahmender Arbeitsfreudigkeit wurde aller durch die lange Reisedauer entstehenden Schwierigkeiten Herr. Die Versenkung der aufgebrachten Schiffe wickelte sich im allgemeinen ohne Zwischenfall ab, nur mit den. japanischen Passagierdampfer "Hitachi Maru" mußte ein kurzes Feuergefecht durchgeführt werden, da dieser sofort nach dem Anhalten Anstalten machte, aus einem Geschütz das Feuer zu eröffnen. Einige Salven brachen seinen Widerstand, richteten aber an Deck des Japaners große Verwirrung an. Bei dem kopflosen Zuwasserwerfen der Rettungsboote verloren mehrere Menschen ihr Leben. Die Beschädigungen des Dampfers wurden alsdann ausgebessert und dieser eine Zeitlang als Begleitschiff mitgenommen. Seine auf viele Millionen Mark zu schätzende wertvoll Ladung verschwand im Laderaum des Hilfskreuzers. Etwas später wurde der spanische Dampfe "Igotz Mendi" (4648 Brutto-Registertonnen) mit einer vollen Kohlenladung aufgebracht. Bei schwerem Wetter ergänzte "Wolf" seinen Kohlenvorrat und rüstete den Spanier als Begleitschiff aus. Die Kajüteneinrichtungen des japanischen Dampfers wurden hinübergeschafft, Kammern aufgebaut und dadurch Unterkunft für die 60 besseren Passagiere, darunter acht Damen und mehrere Kinder, geschafft. Zwanzig japanische Schiffskellner wurden zur Bedienung übergeschafft. Auch der gefangene Gouverneur befand sich auf dem Begleitschiff. Ohne bedeutende Zwischenfälle gelangten beide Schiffe in die europäischen Gewässer, wo der japanische Kapitän Selbstmord beging. Aus einem zurückgelassenen Briefe ging hervor, daß Gewissensbisse über das Schicksal seines Schiffes und der bei dem Aufbringen umgekommenen Menschen den Japaner in den Tod getrieben, nachdem er nun das Leben seiner übrigen Passagiere und Mannschaften in ziemlicher Sicherheit wußte. Bei schwerstem Wetter verlor jedoch S. M. S. "Wolf", schon in den nordeuropäischen Gewässern eingetroffen, das Begleitschiff in Nacht und Nebel aus Sicht. Dieses hatte die Reise nach Deutschland selbständig fortgesetzt, ist aber vor einigen Tagen in einem starken Nordweststurm bei Skagen gestrandet und hat einen Teil seiner Passagiere, vor allem Frauen, Kinder und Neutrale, in Skagen gelandet, um deren Sicherheit zu gewährleisten für den Fall, daß die Versuche, den Dampfer flottzumachen, erfolglos blieben.
Fast ein ganzes Jahr lang hatten einige Gefangene den "Wolf" auf seinen abenteuerlichen Fahrten begleitet. Ihre Zahl war allmählich auf 467 gewachsen. Engländer aller Hautfarben, Australier, Franzosen, Japaner, Inder, Spanier, Amerikaner, Norweger usw. Ihr Verhalten war im allgemeinen zufriedenstellend, doch bildete sich bald ein sehr gespanntes Verhältnis zwischen Japanern und Indern einerseits und Engländern anderseits heraus, das in Tätlichkeiten ausartete und eine räumliche Trennung nötig machte. Der Gesundheitszustand der Besatzung und Gefangenen war im allgemeinen gut, nur zuletzt machte sich der Mangel an frischem Proviant empfindlich bemerkbar, und es traten die ersten Anzeichen von Skorbut auf, jener Krankheit, die durch schlechtes Trinkwasser und Mangel an frischem Gemüse auf langen Seereisen hervorgerufen wird. Welche außerordentliche Schädigung des feindlichen Frachtraums S. M. S. "Wolf" erzielt hat, ist ja inzwischen schon bekanntgeworden. Die Höhe der durch ihn mit den Schiffen und ihren Ladungen vernichteten Werte läßt sich genau nicht abschätzen, geht aber in die Hunderte von Millionen Mark. Eine nicht hoch genug zu bewertende Wirkung der eineinvierteljährigen Kreuzfahrt des "Wolf" liegt aber darin, daß er, wie andere ähnliche Unternehmungen der deutschen Marine, eine außerordentlich große Zahl feindlicher Kriegsschiffe, Bewachungsfahrzeuge usw. in Atem gehalten und Schiffahrt und Handel des Feindes auch indirekt auf das schwerste geschädigt hat.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Erhöhte Artillerietätigkeit zwischen Etsch und Brenta

Wien, 27. Februar. 
Amtlich wird verlautbart:
Zwischen Etsch und Brenta zeitweise erhöhte Artillerietätigkeit.
Italienische Flieger bewarfen die weit hinter unserer Front liegenden nicht befestigten Orte Cles, Mezzolombardo und Bozen mit Bomben.

 Der Chef des Generalstabes. 1)

 

Der 1. Weltkrieg im Februar 1918

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 7
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

© 2005 stahlgewitter.com