Der Weltkrieg am 1. September 1916

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Der 1. Weltkrieg: Ein 30,5-cm-Geschütz an der Sommefront feuert
Ein 30,5-cm-Geschütz an der Sommefront feuert
Aufnahme vom 1. September 1916

Der deutsche Heeresbericht:

Erbitterte Nahkämpfe südlich der Somme

Großes Hauptquartier, 1. September. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Die englische Tätigkeit nördlich der Somme blieb, abgesehen von einzelnen Handgranatenangriffen, auf starke Artillerieentfaltung beschränkt. Französische Angriffsabsichten zwischen Maurepas und Clery wurden durch Feuer unterbunden. Ein unserseits unternommener Gegenstoß brachte uns wieder in Besitz früher verlorenen Geländes bei Longueval und am Delville-Walde. 
Südlich der Somme setzten abends die nach der Vorbereitung der letzten Tage erwarteten französischen Angriffe ein. Der Gegner legte den Hauptdruck auf die Front Barleux-Soyecourt. Es kam zu erbittertem Nahkampf im Abschnitt Estrées-Soyecourt. Entschlossene Gegenangriffe sächsischer Regimenter bereiteten den anfänglichen Fortschritten des Feindes ein schnelles Ende und warfen ihn in seine Ausgangsstellungen zurück. Im übrigen wurden die bereitgestellten feindlichen Sturmtruppen in ihren Gräben niedergehalten. 
Auf den Anschlußfronten entwickelten unsere Gegner an mehreren Stellen rege Feuer- und Patrouillentätigkeit. 
Im Sommegebiet wurden sechs, an der Maas ein feindliches Flugzeug im Luftkampf abgeschossen, ein weiteres stürzte in unserem Abwehrfeuer östlich von Ypern ab. 
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Front des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern: 
Vom Meer bis in die Gegend westlich von Luck ist die Lage im allgemeinen unverändert.
Südwestlich von Luck gelang es den Russen Boden zu gewinnen. Den Gegenangriffen deutscher Truppen mußten sie unter schwerer Einbuße wieder weichen; 2 Offiziere, 407 Mann blieben gefangen in unserer Hand. Neue Angriffe erfolgten heute früh und wurden abgewiesen. 
Zwischen den von Brody und Tarnopol heranführenden Bahnen lebte das russische Artilleriefeuer merklich auf. An der südlichen Bahn schritt der Gegner zum Angriff. Bei Zborow hat er auf schmaler Front Vorteile errungen, sonst ist er - zum Teil durch Gegenstoß deutscher Truppen - zurückgeworfen. 
Front des Generals der Kavallerie Erzherzogs Carl: 
Heftige Kämpfe haben sich auf der 24 km breiten Front zwischen der Zlota Lipa bei Nosow und dem Dnjestr abgespielt. Im nördlichen Teil dieses Abschnittes brachen russische Angriffe vor unserer Front zusammen. Weiter südwestlich mußte dem feindlichen Drucke etwas nachgegeben werden. 
Südlich des Dnjestr haben tapfere hessische Regimenter im Abschnitt von Stanislau den russischen Ansturm gebrochen. 
In den Karpathen blieben Teilangriffe des Feindes gegen den Stepanski und südöstlich davon ergebnislos. Südwestlich von Schipoth haben ostpreußische Truppen ihre Stellungen gegenüber den Anstrengungen überlegener Kräfte restlos behauptet. 
Balkan-Kriegsschauplatz: 
An der Ceganska- Planina und an der Moglenafront brachen serbische Angriffe zusammen.

Der Erste Generalquartiermeister.
 Ludendorff.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Neue russische Angriffe in der Bukowina und Ostgalizien

Wien, 1. September. 
Amtlich wird verlautbart:
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Front gegen Rumänien: 
Bei Orsowa und Herkules Fürdö wurde der Feind auch gestern abgewiesen. Sonst ist es nirgends zu wesentlichen Kämpfen gekommen. Nagy Szeben und Sepsi-Szent-György sind der allgemeinen Lage nach bereits vorgestern geräumt worden. 
Heeresfront des Generals der Kavallerie Erzherzogs Carl: 
In der Bukowina und in Ostgalizien gingen die Russen wieder zum Angriff über. In den Karpathen und bei Stanislau wurden sie überall abgeschlagen. 
Nördlich des Dnjestr im Mündungswinkel der Zlota Lipa griff der Feind auf 24 km breiter Front an. Nördlich von Mariampol und bei Zawalow scheiterten alle Anstürme. Bei Horozanka wurden unsere Linien über den Ort zurückgedrängt. 
Bei Zworow kam ein starker russischer Angriff, nachdem er einen begrenzten örtlichen Erfolg errungen, durch Gegenangriff zum Stehen. 
Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern: 
Die Armee des Generalobersten v. Böhm-Ermolli vereitelte bei Berepelniki einen russischen Vorstoß. Bei der Armee des Generalobersten v. Tersztyansky drang der Feind an einzelnen Stellen in unsere Linie ein. Ein Gegenangriff deutscher Truppen warf ihn wieder zurück, wobei er 2 Offiziere und 407 Mann als Gefangene einbüßte. 
Südwestlich von Kaszowka scheiterte ein Vorstoß des Gegners. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Im Küstenlande wurden gestern mehrere Abschnitte unserer Front zwischen dem Monte Santo und dem Meere von der italienischen Artillerie zeitweise lebhaft beschossen. Südlich Salcano und westlich Lokvicza ging feindliche Infanterie zum Angriff vor. Unser Feuer trieb den Gegner überall bald zurück.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Keine besonderen Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Bulgariens Kriegserklärung an Rumänien

Sofia, 1. September. 
Heute um 10 Uhr vormittags wurde dem hiesigen rumänischen Gesandten die Kriegserklärung übergeben. Frühmorgens wurde in den Straßen das Kriegsmanifest angeschlagen.

 

Der Wortlaut der bulgarischen Kriegserklärung an Rumänien

Sofia, 1. September. (Meldung der Bulgarischen Telegraphen-Agentur.)
Ministerpräsident und Minister des Äußeren Radoslawow hat an den rumänischen Gesandten folgende Note gerichtet:
Exzellenz!
Ich habe die Ehre gehabt, in den letzten Monaten der Königlich rumänischen Gesandtschaft, sei es durch Verbalnoten, sei es durch an Eure Exzellenz oder in Ihrer Abwesenheit an den Geschäftsträger gerichtete Schreiben, die allzu zahlreichen Zwischenfälle zu melden, welche unsere mit der Überwachung der rumänisch-bulgarischen Grenze beauftragten Truppen ununterbrochen in Atem gehalten haben. Diese sich mehr und mehr häufenden Zwischenfälle, die trotz der mehr als korrekten Haltung der bulgarischen Behörden und trotz der von der rumänischen Gesandtschaft verschwendeten Versicherungen und Freundschaftsbeteuerungen immer von seiten Rumäniens hervorgerufen wurden, haben schließlich dazu geführt, Absichten ins rechte Licht zu setzen, welche die bulgarische Regierung ihrem Nachbarn zuzumuten Bedenken trug, da die noch ganz frische Vergangenheit sie nicht ganz und gar die Gefühle lebhafter Sympathie des bulgarischen Volkes gegenüber Rumänien vergessen machen konnte. Diese Gefühle datieren aus ferner Zeit, und die ganz frische Vergangenheit, von der ich spreche, ist - Eure Exzellenz weiß es sehr wohl - der Balkankrieg vom Jahre 1912/13, wo Rumänien die blutigen Prüfungen, die das bulgarische Volk durchmachte, für sich ausnutzte, um Bulgarien zu einer Zeit, zu der es im Kampf um seine Existenz lag, ein Stück seines Gebietes zu rauben, wobei es einen hartnäckigen Haß, der durch nichts gerechtfertigt war, bekundete.
Es folgte der Bukarester Friede, der Bulgarien die schwersten Opfer auferlegte, nichtsdestoweniger ergab sich Bulgarien in sein Schicksal und wollte sogar noch seinem Nachbarn Endlich die Hand reichen; es wurde in seinen Hoffnungen getäuscht.
Und seither folgten die Beweise von Feindseligkeit auseinander ohne Unterlaß. Zunächst die Haltung der rumänischen Presse, welche Bulgarien und seinen Souverän mit Beschimpfungen überhäuft, die Schwierigkeiten ohne Ende betreffend die Durchfuhr von für Bulgarien bestimmten Waren, die Weigerung, Bulgarien trotz der ordnungsmäßigen Verträge, die in Rumänien gekauften Waren für den dringendsten Bedarf, wie Salz, Petroleum usw., zu liefern, die Plackereien, welchen die Bulgaren, die in Rumänien wohnen oder die nur Rumänien passieren, ausgesetzt sind, die am 3. Juli erfolgte Schließung der rumänischen Grenze für Waren und Reisende aus und nach Bulgarien, weiter die Proteste, welche die Königlich rumänische Gesandtschaft in Sofia mit äußerster Energie gegen angeblich von bulgarischen Grenzwachen herbeigeführte Zwischenfälle erhebt, die niemals stattgefunden haben, so der Zwischenfall von Rahovo, bezüglich dessen ich die Ehre hatte, Eurer Exzellenz am 15. August zu schreiben, und von Rascano am 21. desselben Monats, den unaufhörlich aber mehr oder weniger gutartige Grenzzwischenfälle folgten, wirkliche kriegsmäßige Angriffe, die von rumänischen Abteilungen gegen bulgarische Grenzposten unternommen wurden. So wurde der Posten Nummer 9 östlich Konanlar in der Nacht vom 25. auf den 26. August angegriffen, ebenso die Posten 10 und 13.
Weiter kurz nachher wirkliche Kriegsoperationen, welche rumänische Gruppen an der Grenze unternehmen: das Bombardement von Kladowo am 28. August und die Beschießung von Russo (Rustschuk) am selben Tage. Am 29. August eröffnet die rumänische Wachabteilung Nummer 1 ein lebhaftes Gewehrfeuer gegen die ihr gegenüberliegenden bulgarischen Posten, bald darauf dehnt sich das Feuer an der Grenzlinie bis zum bulgarischen Posten Nummer 17 aus, ebenso greifen zwischen der Küste des Schwarzen Meeres und der Tschausch-Köj rumänische Grenzwachen heftig bulgarische Posten an und werden zurückgeschlagen.
Schließlich - der bulgarische Gesandte in Bukarest, Radew, wird seit Sonnabend, dem 26. August, gehindert, mit seiner Regierung zu verkehren. Es werden ihm seine Pässe zugestellt, ohne daß die Königlich bulgarische Regierung ihm auch nur einen Augenblick Instruktionen gegeben hätte, die sich irgendwie auf einen eventuellen Abbruch der Beziehungen bezogen hätten. Und am 30. August waren es sie, Eure Exzellenz, der seine Pässe verlangt und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen notifiziert, eine sehr natürliche Folge von alldem, was vorhergegangen war. Inzwischen, in der Nacht vom 30. auf den 31. August, versuchten die rumänischen Armeen, ohne daß eine ausdrückliche Kriegserklärung erfolgt wäre, eine Brücke über die Donau bei Kladovo zu schlagen und den Fluß an derselben Stelle zu übersetzen.
Euer Exzellenz begreift selbft, welches seither die Lösung ist - gewollt von der rumänischen Regierung und aufgezwungen durch die Gewalt der Tatsachen, da ja die Lage so ist, wie sie eben diese Regierung geschaffen hat: Bulgarien ist genötigt, die vollendete Tatsache hinzunehmen, und ich habe die Ehre, Herr Gesandter, Eurer Exzellenz zur Kenntnis zu bringen, daß sich Bulgarien von heute früh an als mit Rumänien im Kriegszustand befindlich betrachtet.
Genehmigen Sie, Herr Gesandter, die Versicherung meiner Hochachtung.
gez. Radoslawow.
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Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 1. September. 
Hauptquartiersbericht vom 31. August: 
Kaukasusfront: Auf dem rechten Flügel gelingt es unseren Truppen trotz des starken Widerstandes des Feindes und der Gegenangriffe, die er in verschiedenen Abschnitten mit herangeführten Verstärkungen unternimmt, allmählich das Ziel zu erreichen, das sie mit ihren Angriffen verfolgen. Die Angriffe, die der Feind gestern mit einem Teil seiner Streitmacht in diesem Abschnitt unternahm, wurden völlig abgeschlagen. Der Feind wurde darauf überraschend angegriffen und wir nahmen ihm Beute ab.

 

Entwaffnung der königstreuen Truppen in Saloniki

Revolutionäre Verbände unter dem Schutze der Entente

Saloniki, 1. September. (Meldung des Reuterschen Bureaus.)
Diese Nacht umzingelten Gendarmen und Nationalfreiwillige die Kaserne von Saloniki, dessen Garnison sich geweigert hatte, mit ihnen zusammenzugehen, schnitten die Wafferzufuhr ab und behinderten die Lebensmittelversorgung. Gegen 4 Uhr versuchten 60 Mann einen Ausfall, um Lebensmittel zu holen. Es wurde auf beiden Seiten gefeuert. Die Truppen wurden gezwungen, in die Kaserne zurückzukehren; 2 Soldaten und 1 Gendarm wurden getötet, 2 Freiwillige wurden verwundet. Sarrail intervenierte, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Die Garnison nahm seine Vermittlung an und ergab sich den Franzosen unter den folgenden Bedingungen: Die Truppen werden entwaffnet und im Lager von Zaitemlik außerhalb der Stadt interniert werden; die Offiziere behalten ihre Seitenwaffen und geben ihr Ehrenwort, den Revolutionären gegenüber nichts zu unternehmen.
Die Kaserne wurde vorläufig von den Franzosen besetzt. Auch die Garnison des kleinen Orts Kara Burun wurde umzingelt und ergab sich bald nach der Übergabe der Truppen in Saloniki. Man erwartet, daß ein Komitee von Revolutionären die Kontrolle über die Verwaltung dieser Teile von Mazedonien auf sich nehmen wird.
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Eine deutsche Note an Amerika über den Fall "Owego"

London, 1. September.
Reuter meldet aus New-York:
Deutschland ließ im Staatsdepartement eine Note überreichen, die eine unfreundliche Absicht bei dem Unterseebootsangriff auf den amerikanischen Dampfer "Owego" tatsächlich in Abrede stellt. Sie besagt, das Unterseeboot hätte im Nebel gefeuert. Über die deutsche Note an Amerika wird weiter berichte, daß sie darüber Klage führt, daß der Kapitän des Dampfers "Owego" den Befehlen des Unterseebootes nicht nachgekommen sei, er habe also nur sich selbst Vorwürfe zu machen, daß sein unangebrachtes Verhalten ungünstige Ergebnisse hatte. Berichtend wird weiter bemerkt, daß nicht nebliges, sondern schönes Wetter geherrscht habe.
Notiz des W. T. B.: Wie wir von zuständiger Seite erfahren, handelt es sich um eine Note, die am 26. v. M. dem hiesigen amerikanischen Botschafter auf eine Anfrage vom 18. v. M. übergeben worden ist. Hiernach hat der amerikanische Dampfer "Owego" am 3. August d. J. im Kanal wiederholte Warnungsschüsse eines deutschen Unterseebootes unbeachtet gelassen und konnte erst durch scharfe Schüsse zum Zeigen der Flagge und zum Stoppen veranlaßt werden.
Auch das Signal des U-Boots, ein Boot mit den Schiffspapieren zu schicken, blieb zunächst vollkommen unbeachtet, so daß sich der Kommandant des U- Boots nach längerem Zuwarten veranlaßt sah, einen scharfen Schuß nahe vor dem Bug zu legen. Als der erste Offizier des Dampfers "Owego" sich endlich bequemte, mit den Papieren an Bord des U-Boots zu kommen, erklärte er zu seiner Entschuldigung, der Kapitän habe das U-Boot nicht früher bemerkt. Mit dieser Behauptung steht die Tatsache in Widerspruch, daß nach der amerikanischen Note vom 18. August d. J. zehn Schüsse auf den Dampfer "Owego" abgegeben worden sein sollen, woraus einwandfrei hervorgeht, daß die Warnungsschüsse auf dem Dampfer "Owego" zwar gehört, aber nicht beachtet worden sind. Wenn im vorliegenden Fall für den amerikanischen Dampfer keine unangenehmen Folgen entstanden sind, so ist dies lediglich der Geduld des deutschen U-Boots-Kommandanten zuzuschreiben, wogegen das Verhalten des amerikanischen Kapitäns den völkerrechtlichen Vorschriften in keiner Weise entsprochen hat und kaum anders als herausfordernd genannt werden kann.
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Der 1. Weltkrieg im September 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
5. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

 

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