Der
Bericht des Admirals Jellicoe über die Seeschlacht am Skagerrak
Admiral Jellicoe
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Admiral
Beatty
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London,
7. Juli. (W. B.)
Der Bericht des Admirals Jellicoe über die jütländische
Seeschlacht wird jetzt veröffentlicht. Der Bericht, welcher mit
technischen Einzelheiten die verschiedenen Phasen der Schlacht
beschreibt, beginnt mit folgenden Worten:
"Die deutsche Hochseeflotte wurde am 31. Mai westlich von der jütländischen
Bank zum Gefecht gebracht. Die Schiffe der großen Flotte hatten in
Verfolgung der allgemeinen Politik zeitweilig Streifen durch die
Nordsee unternommen um ihre Basis am Tage vorher gemäß meinen
Weisungen verlassen. Der ganze Bericht zeigt klar, daß während des
ganzen Gefechts, selbst als die leichteren Schiffe Beattys mit weit überlegenen
schweren Streitkräften im Gefecht waren, die englischen Geschwader
immer die Initiative behielten, wobei ihr einziger Zweck war, am
Feinde zu haften und ihn so lange wie möglich beschäftigt zu
halten, mit der Absicht, ihm die größtmöglichsten Verluste beizufügen."
Jellicoe beschreibt dann, wie das Schlachtkreuzergeschwader und das
leichte Kreuzergeschwader Beattys auf die Erkundung südlich von der
Schlachtflotte ausgeschickt wurden. Das erste Stadium der Schlacht
begann zwischen ½ 4 und 4 Uhr nachmittags, als Beatty fünf
Schlachtkreuzern und einer Anzahl von Schiffen begegnete und sie
anging. Beatty verfügte dabei so über seine eigenen Kräfte, daß
er sie zwischen dem Feinde und seiner Basis aufstellte, indem er so
den Feind zum Gefecht zwang. Der Feind wandte sich rasch nach Südosten.
Beatty steuerte parallel gegenüber den Geschwadern. So dauerte es
an, bis um 4 Uhr 52 Min. das zweite Stadium mit dem Erscheinen der
deutschen Schlachtflotte begann. Beatty kehrte um und schlug nördlichen
Kurs ein mit der Absicht den Feind an die britische Schlachtflotte
heranzubringen, wobei er jedoch zu gleicher Zeit die feindliche
Schlachtflotte beschäftigte und sich immer zwischen dem Feinde und
seiner Basis hielt. Selbst in diesem Stadium, wo die Stärke der
beteiligten Kräfte so sehr zu Gunsten der Deutschen war, wurden
diese schwer gezüchtigt und genötigt, nach Osten abzudrehen. Die führenden
Schiffe der englischen Schlachtflotte wurden um 5 Uhr 36 Min.
gesichtet, worauf sich Beatty mit der äußersten Geschwindigkeit
nach Osten wandte und so die Entfernung vom Feinde verringerte. Die
ganze deutsche Streitmacht wandte sich jetzt zuerst nach Osten und
dann nach Südbesten, während die Engländer folgten. Der führende
Teil des Schlachtgeschwaders trat erst um 6 Uhr 17 Min. abends ins
Gefecht, als die Sichtigkeit schlecht wurde.
Die Schlacht trat dann in ein drittes Stadium. Über diesen
Abschnitt bemerkt Jellicoe: "Die Verbindung der Schlachtflotte
mit den Aufklärungsschiffen wurde, nachdem der Feind gesichtet
worden war, verzögert, da unsere vorderste Kraft während der
ersten Stunde nach Beginn des Gefechtes mit den feindlichen
Schlachtkreuzern südlichen Kurs steuerte, was natürlich
unvermeidlich war. Wären unsere Schlachtkreuzer dem Feinde nicht
nach Süden gefolgt, so wären die Hauptflotten niemals aneinander
geraten. Das Gefecht der Schlachtflotte dauerte mit Unterbrechungen
bis 8 Uhr 20 Min., wobei die Entfernung zwischen 9000 und 12000
Yards wechselte. Die zunehmende Dunkelheit machte es andauernd
schwieriger, mit dem Feinde in Berührung zu bleiben, der beständig
unter der Deckung seiner Zerstörer angriff und abdrehte.
Nichtsdestoweniger zeigt der Bericht klar, daß der Feind in diesem
Stadium schwer litt."
Das vierte Stadium der Schlacht bestand in Nachtangriffen der
britischen Zerstörerflottille auf solche Teile der feindlichen
Flotte, die sie zu finden in der Lage war. Sie fügten ihnen ernste
Verluste zu, litten aber auch selbst schwer. In der Dämmerung des
1. Juni fanden sich die Engländer in unbestrittenen Besitz des
Schlachtfeldes. Jellicoe sagt: "Die englische Flotte blieb ganz in der Nähe des Schlachtfeldes nahe den Annäherungslinien
an die deutschen Häfen bis 11 Uhr morgens trotz der nachteiligen
weiten Entfernungen von der Flottenbasis und trotz der Gefahr, die
in den an die feindliche Küste angrenzenden Gewässern von
Unterseebooten und Torpedofahrzeugen drohte. Der Feind gab jedoch
kein Zeichen, und ich war widerstrebend zu dem Schluß gezwungen, daß
die Hochseeflotte in den Hafen zurückgekehrt war. Die folgenden
Ereignisse zeigte, daß die Annahme richtig war. Unsere Stellung mußte
dem Feind bekannt sein, da um 4 Uhr früh unsere Flotte mit einem
Zeppelin etwa 5 Minuten kämpfte, während welcher Zeit das
Luftschiff reichlich Gelegenheit hatte, die Stellung und den Kurs
der englischen Flotte festzustellen. und dann zu berichten. Die Gewässer
von der Breite Horns-Riff bis zum Schauplatz des Gefechtes wurden gründlich
durchsucht. Einige Überlebende von verlorenen Zerstörern wurden
aufgenommen, viele Schiffstrümmer wurden gesehen, aber keine
feindlichen Schiffe. Um 1 Uhr 15 Minuten nachmittags war es
offenbar, daß es der deutschen Flotte gelungen war, in den Hafen
zurückzukehren. Daher wurde unser Kurs nach unserer Basis
gerichtet, die Freitag den 2. Juni erreicht wurde. Die Flotte wurde
mit Heizmaterial versehen und die Munition wurde aufgefüllt. Am 2.
Juni 9 Uhr 30 Minuten abends war wie, wie berichtet, bereit zu
weiteren Unternehmungen."
Der Bericht Jellicoes verzeichnet dann die bereits gemeldeten
englischen Verluste. Die deutschen Verluste schätzt Jellicoe auf
zwei Schlachtschiffe vom Dreadnoughttyp und der Deutschlandklasse, fünf
leichte Kreuzer, sechs Torpedobootszerstörer und ein Unterseeboot
Alles dieses sah man sinken. Zwei Schlachtkreuzer, ein
Schlachtschiff vom Dreadnoughttyp und drei Zerstörer sah man so
schwer beschädigt, daß ihre Rückkehr nach dem Hafen äußerst
zweifelhaft erschien; einer davon, "Lützow" sank auch,
wie zugegeben worden ist.
Der Bericht erkennt die Tapferkeit an, mit der der Feind focht,
beschreibt ausführlich die störenden Zwischenfälle der Schlacht,
welche Jellicoe zu dem Ausspruch veranlaßte: "Ich kann nicht
gebührend den Stolz ausdrücken, womit der Geist der Flotte mich
erfüllt." 2)
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