Der Weltkrieg am 15. Juni 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Westfront 1. Weltkrieg: Französische Reserven schlafen in einem Graben des Borrus-Waldes bei Verdun
Französische Reserven schlafen in einem Graben des Borrus-Waldes bei Verdun
Aufnahme vom 15. Juni 1916

Der deutsche Heeresbericht:

Russische Angriffe gegen die Armee Bothmer abgewiesen

Großes Hauptquartier, 15. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz : 

Außer Artilleriekämpfen und Patrouillenunternehmungen keine Ereignisse.
Östlicher Kriegsschauplatz : 
Die Armee des Generals Grafen v. Bothmer wies mehrere in dichten Wellen vorgetragene russische Angriffe bei und nördlich Przewloka glatt ab.
Balkankriegsschauplatz : 
Bei den deutschen Truppen keine Veränderung.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Vergebliche russische Angriffe bei Czernowitz

Wien, 15. Juni.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz: 

Südlich von Bojan und nördlich von Czernowitz schlugen unsere Truppen russische Angriffe ab. Oberhalb von Czernowitz vereitelte unser Geschützfeuer einen Übergangsversuch des Gegners über den Pruth. 
Zwischen Dnjestr und Pruth keine Ereignisse von Belang. Der Feind hat die Linie Horodenka-Sniatyn westwärts nur wenig überschritten. 
Bei Wieniowczyk wurde äußerst erbittert gekämpft. Hier sowie nordwestlich von Rydom und nordwestlich von Kremenien wurden alle russischen Angriffe abgewiesen. 
Im Gebiet südlich und westlich von Luck ist die Lage unverändert. Bei Lokaczy trat aus beiden Seiten abgesessene Reiterei in den Kampf. Zwischen der Bahn Rowno-Kowel und Kolki bemühte sich der Feind an zahlreichen Stellen unter Einsatz neuer Divisionen, den Übergang über den Stochod-Styr-Abschnitt zu erzwingen; er wurde überall zurückgeschlagen und erlitt schwere Verluste.
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Gestern abend begannen die Italiener ein heftiges Artillerie- und Minenwerferfeuer gegen die Hochfläche von Doberdo und den Görzer Brückenkopf. Nachts folgten gegen den südlichen Teil der Hochfläche feindliche Infanterieangriffe, die bereits größtenteils abgewiesen sind; an einzelnen Punkten ist der Kampf noch nicht abgeschlossen. 
An der Tiroler Front setzt der Feind seine vergeblichen Anstrengungen gegen unsere Dolomitenstellungen im Raume Peutelstein-Schluderbach fort. Unsere Flieger belegten die Bahnhöfe von Verona und Padua mit Bomben
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
An der Vojusa störte unser Feuer italienische Befestigungsarbeiten.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Die deutschen und die englischen Verluste in der Seeschlacht vor dem Skagerrak

Berlin, 15. Juni. (W. B. Amtlich.) 
Der Führer der englischen Flotte in der Seeschlacht vor dem Skagerrak, Admiral Jellicoe, hat in einem Befehl an die englische Flotte u. a zum Ausdruck gebracht, er zweifle nicht daran, zu erfahren, daß die deutschen Verluste nicht geringer seien als die englischen. Demgegenüber wird auf die bereits in der amtlichen Veröffentlichung vom 7. Juni erfolgte Gegenüberstellung der beiderseitigen Schiffsverluste hingewiesen. Hiernach steht einem Gesamtverlust von 60720 deutschen Kriegsschifftonnen ein solcher von 117150 englischen Tonnen gegenüber, wobei nur diejenigen englischen Schiffe und Zerstörer in Ansatz gebracht sind, deren Verlust bisher von amtlicher englischer Seite zugegeben worden ist. Nach Aussagen englischer Gefangener sind noch weitere Schiffe untergegangen, darunter das Großkampfschiff "Warspite". An deutschen Schiffsverlusten sind andere als die bekannt gegebenen nicht eingetreten. Diese sind S. M. S. "Lützow", "Pommern", "Wiesbaden", "Frauenlob", "Elbing" und "Rostock" und fünf Torpedoboote. Dementsprechend sind auch die Menschenverluste der Engländer in der Seeschlacht vor dem Skagerrak erheblich größer als die deutschen. Während aus englischer Seite bisher die Offiziersverluste auf 342 Tote und Vermißte und 51 Verwundete angegeben sind, betragen die Verluste bei uns an Seeoffizieren, Ingenieuren, Sanitätsoffizieren, Zahlmeistern, Fähnrichen und Deckoffizieren 172 Tote und Vermißte und 41 Verwundete. Der Gesamtverlust an Mannschaften beträgt auf seiten der Engländer, soweit bisher durch die Admiralität veröffentlicht, 6104 Tote und Vermißte und 513 Verwundete, auf deutscher
Seite 2414 Tote und Vermißte und 449 Verwundete. Von unseren Schiffen sind während und nach der Seeschlacht 177 englische Gefangene gemacht, während, soweit bisher bekannt, sich in englischen Händen keine deutschen Gefangenen aus dieser Schlacht befinden. Die Namen der englischen Gefangenen werden auf dem üblichen Wege der englischen Regierung mitgeteilt werden.
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Eine Rede Asquiths

Asquith
Asquith
Kitchener
Kitchener

London, 15. Juni. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet :

Asquith hielt in Ladybank in Schottland eine Rede, in der er auch über den Tod Kitcheners sprach. Niemand könne leugnen, so sagte Asquith, daß die Arbeit, 5 Millionen Mann für Heer und Flotte bereitzustellen, zum großen Teil dem Einflusse Kitcheners zu verdanken sei. Asquith verteidigte dann die Dienstpflicht, die zwar den britischen Traditionen nicht entspreche, die aber als einziges Mittel notwendig geworden sei. Hierauf sprach er über den Vormarsch der Russen, den Widerstand der Italiener, die Tapferkeit und Geschicklichkeit der Franzosen. Er sagte, Joffre sei Englands Hilfe angeboten worden, und die Schritte, die getan werden sollten, würden vollständig den Forderungen vernünftiger Strategie entsprechen. Die Aufgabe der Flotte sei der Schutz der Küste gegen einen Angriff und die Sicherung der Transporte. Ebenso wichtig sei, das Weltmeer für die Handelsschiffahrt der Verbündeten sicherzustellen und die Blockade fortzusetzen. Die Seeschlacht vom 31. Mai sei der Traditionen der Flotte würdig gewesen. Der Feind habe die Vermessenheit, zu behaupten, daß das, was in Wirklichkeit eine Niederlage wäre, ein Sieg gewesen sei. Asquith wandte sich nun den Zuständen in Irland zu und sagte, die jüngsten Ereignisse machten es nötig, eine Lösung zu suchen. Den größten Teil einer Woche habe er in Irland zugebracht, wo er mit allen möglichen Leuten, mit Bischöfen, Richtern und Sinn Feinern gesprochen habe. Überall habe er dieselbe psychologische Atmosphäre gefunden. Asquith huldigte den irischen Regimentern, die glänzende Dienste geleistet hätten, und fuhr fort: "Ich habe mit keinem verantwortlichen Iren gesprochen, der die Torheit des mißlungenen Ausstandes nicht eingesehen hätte und die noch größere Torheit, den Bürgerkrieg wieder zu beginnen, wenn der Krieg beendigt ist. Alle Parteien haben sich in dem Wunsche vereinigt, die jetzt schwebenden Verhandlungen einem Erfolge zuzuführen. Unsere früheren Beziehungen zu Irland haben eine tragische Reihe von versäumten und verfehlten Gelegenheiten aufzuweisen. Wir wollen den alten keine neuen Fehler hinzufügen. Was man nun verlangt, ist eine vorläufige Regelung. Wenn der Krieg zu Ende ist, werden wir als Reich das Inventar unserer inneren Beziehungen ausstellen. In der Geschichte gibt es kein größeres Schauspiel als die hingebende Treue, mit der unsere überseeischen Kolonien uns in diesem Kriege zur Seite stehen."
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Die Wirtschaftskonferenz der Alliierten

Briand
Briand

Paris, 15. Juni. (Priv.-Tel.)
Havas meldet: 
Die Wirtschaftskonferenz der Alliierten wurde gestern eröffnet. Briand begrüßte die Abgeordneten und sagte: "Es genügt nicht, zu siegen, es ist nötig durch eine wirtschaftliche Union nach dem Siege die intensive Entwicklung, die materiellen Hilfsquellen der alliierten Länder und den Austausch ihrer Erzeugnisse auf dem Weltmarkt zu garantieren. Der Krieg hat zur Genüge gezeigt, zu welcher wirtschaftlichen Sklaverei man uns führen wollte, und das Übel war schon sehr groß.
Unsere Gegner waren nahe an ihrem Erfolg. Die ungeheuren Opfer, die wir bringen, werden nicht vergeblich sein, wenn wir es verstehen, die wirtschaftliche Befreiung der Welt durchzuführen und die alten Handelsmöglichkeiten durch eine freie Verbindung zwischen den Alliierten wiederherzustellen. Zu diesem Zwecke müssen wir entschieden in neue Bahnen eintreten durch eine Vereinheitlichung und Koordination der verschiedenen Aktionen. Auch die wirtschaftliche Wiederausrichtung der vom Feinde jetzt besetzten Länder ist unsere Aufgabe. Schließlich müssen wir das Innere unserer wirtschaftlichen Allianz gegen die gemeinsame Gefahr sicherstellen". Nach einem Frühstück im Ministerium des Äußern versammelte sich die Wirtschaftskonferenz unter dem Vorsitz von Clementel und begann mit dem Studium der verschiedenen Berichte, die aus der Tagesordnung vorgemerkt sind. Die Sitzung wurde gestern nachmittag um 5 Uhr beendet und wird heute fortgesetzt werden.

Paris, 15. Juni. (Priv.-Tel.)
In dem Augenblick, da die Pariser Wirtschaftskonferenz eröffnet wird, überrascht der "Temps" in seinem heutigen Leitaufsatz durch das Geständnis, daß die Hauptarbeit, welcher sich die Konferenz widmen wolle, ihre Kräfte übersteige. Das wirtschaftliche Ziel der Entente sei, die Bildung eines mitteleuropäischen Wirtschaftsblocks zu verhindern. Dies könne aber weder durch Konferenzen noch durch Zolltarife, sondern nur durch Waffengewalt erreicht werden. Es sei ein Quacksalberprogramm, der mitteleuropäischen Union einfach eine Zollunion der Entente entgegenzusetzen. Man müsse sich der Bildung eines Mitteleuropa überhaupt widersetzen. Daß ein mitteleuropäischer Bund noch das Ziel der Zentralmächte sei, beweise die Kriegskarte Bethmann Hollwegs, die der "Temps" hier zum ersten Male der Beachtung seiner Leser empfiehlt. Auch die Fortsetzung des Baues der Bagdadbahn mitten im Kriege möge man bemerken. An dem Tage, wo Deutschland den mitteleuropäischen Wirtschaftsblock gebildet habe, würden die Alliierten die Besiegten von morgen sein, selbst wenn sie Sieger von gestern wären. Handelsverträge könnten da nicht helfen. Als eine Tatsache von wirklicher Bedeutung, glaubt der "Temps" im Augenblick der Eröffnung der Konferenz nach der "Frankfurter Zeitung" die Bildung des Riesentrustes der deutschen chemischen Fabriken mitteilen zu sollen. Die Konferenz wird wahrscheinlich nur drei Tage dauern.
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Leben und Eigentum Deutscher in Portugal

Berlin, 15. Juni. (Priv.-Tel.)
Nach einer Mitteilung aus Madrid hat die portugiesische Regierung durch Verordnung vom 20. April 1916 über die Behandlung der Deutschen und des deutschen Eigentums in Portugal und seinen Kolonien folgende Bestimmungen getroffen: In Portugal werden alle nicht Militärpflichtigen, auch Frauen, innerhalb fünf Tagen ausgewiesen. Die Militärpflichtigen werden in Konzentrationslagern interniert. Als Militärpflichtige werden die Männer im Alter zwischen 16 und 45 Jahren bezeichnet. Frauen und nicht militärpflichtige Geschwister dürfen die Internierten begleiten. In den portugiesischen Kolonien werden alle Deutschen ohne Rücksicht auf Geschlecht und Alter interniert. Deutsches Eigentum wird sequestriert und zwangsweise verwaltet. Der Besitz internierter Deutscher wird ausgezeichnet. Den Internierten wird nur das zum Aufenthalt Notwendige ausgeliefert. Der Handel mit feindlichen Staatsangehörigen ist verboten. Die deutschen Handelsschiffe bleiben nach wie vor requiriert, aber für etwaige Vergeltungsmaßregeln verwendbar. Die nach ihrer Bauart als Hilfskreuzer geeigneten Schiffe werden beschlagnahmt und einem Prisengericht überwiesen. Deutsche Waren an Bord, soweit sie nicht gegen Entschädigungen requiriert werden, werden deponiert und nach Beendigung des Krieges zurückgegeben, verderbliche Waren werden versteigert.
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Friedensreden im schweizerischen Nationalrat

Bern, 15. Juni. (Priv.-Tel.)
Im Nationalrat gab die Erörterung der Neutralitätsmaßnahmen des Bundesrates dem unermüdlichen Pazifisten Scherrer-Füllemann (sozial-politische Gruppe) Anlaß, in einer grundsätzlichen Programmrede für die Friedensvermittlung der Neutralen zu werben. Die neutralen Staaten, so führte er aus, hätten im Interesse der Menschheit wie im eigenen Interesse nicht nur die Berechtigung, sondern die Pflicht, ihre guten Dienste zur Friedensvermittlung anzubieten, sobald sie die Umstände für geeignet hielten. Der Zeitpunkt sei jetzt gekommen, man sehe wechselnde Erfolge auf beiden Seiten und dürfe fragen, ob ein ausgesprochener Sieg oder eine ausgesprochene Niederlage der einen oder der anderen Gruppe überhaupt wünschenswert sei, wenn ein dauernder Friede die Frucht des Krieges sein solle. Ein einseitiges Vorgehen eines einzigen neutralen Staates werde allerdings nicht zum Ziele führen; eine gemeinsame Beratung über ein gemeinsames Vorgehen zum Zwecke der Friedensvermittlung sei jetzt die nächste Aufgabe der Neutralen. Ohne einen Antrag zu stellen oder eine Interpellation einzubringen, forderte der Redner den Bundesrat auf, die übrigen Neutralen zu einer solchen gemeinsamen Beratung einzuladen. Die neutralen Staaten müßten endlich den Mut haben, in der Frage der Friedensvermittlung von den kriegführenden Staaten ein Ja oder Nein entgegenzunehmen. Der Nationalrat spendete dem Redner Beifall.
Auf diese Rede antwortete Bundesrat Hoffmann. Er empfahl äußerste Vorsicht gegenüber allen Pressemeldungen.
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Der 1. Weltkrieg im Juni 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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