Der Weltkrieg am 22. Dezember 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue Kämpfe um den Hartmannsweilerkopf

Großes Hauptquartier, 22. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die Franzosen griffen am Hartmannsweilerkopf und am Hirzstein (nördlich von Wattweiler) unter Einsatz erheblicher Kräfte an. Es gelang ihnen, die Kuppe des Hartmannsweilerkopfes, die nach den offiziellen französischen Berichten allerdings schon seit Ende April in französischen Besitz gewesen sein soll, und ein kleines Grabenstück am Hilsenfirst zu nehmen. Ein Teil der verlorenen Stellung am Hartmannsweilerkopf ist heute vormittag bereits zurückerobert. Ein Angriff bei Metzeral brach vor unserer Stellung zusammen.
Auf der übrigen Front bei unsichtigem Wetter und Schneetreiben nur geringe Gefechtstätigkeit.
Östlicher und Balkankriegsschauplatz:
Keine wesentlichen Ereignisse.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Leichte Erkrankung des Kaisers

Berlin, 22. Dezember.
Amtlich wird bekanntgegeben:
Seine Majestät haben die beabsichtigte Weiterreise zur Westfront wegen einer leichten Zellgewebsentzündung, welche Allerhöchst denselben zwingt, einige Tage das Zimmer zu hüten, verschieben müssen.

 

Tod des Siegers von Lüttich, General v. Emmich

General der Infanterie v. Emmich

General der Infanterie v. Emmich

Hannover, 22. Dezember.
Seine Exzellenz General der Infanterie v. Emmich, Kommandierender General des 10. Armeekorps, ist hier heute morgen gegen 8 Uhr sanft entschlafen.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

69 Geschütze bei Ipek erbeutet

Wien, 22. Dezember.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Stellenweise Artilleriekämpfe und Geplänkel.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Tätigkeit der italienischen Artillerie gegen die Tiroler Südfront hält an. Auch an den übrigen Fronten stellenweise vereinzelte Geschützkämpfe. Der Angriff einer feindlichen Kompagnie bei Dolje am Tolmeiner Brückenkopf brach in unserem Feuer zusammen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Bei Ipek wurden neuerlich 69 von den Serben vergrabene Geschütze erbeutet. Diese Zahl dürfte sich noch erheblich steigern.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Seegefecht vor Varna

Sofia, 22. Dezember. (Meldung der bulgarischen Telegraphen-Agentur.)
Wie die Blätter melden, näherten sich gestern vier russische Torpedobootszerstörer, die die rumänischen Häfen überwachen, einem bulgarischen Torpedoboot, das vor dem Kloster des heiligen Konstantin bei Varna den Wachtdienst versieht. Die russischen Einheiten feuerten auf das bulgarische Torpedoboot, das das Feuer erwiderte. Auch die Küstenbatterien beteiligten sich am Kampfe. Kurz darauf dampften die Torpedobootszerstörer davon. Das bulgarische Torpedoboot ist unversehrt geblieben.

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 22. Dezember.
An der Irakfront bei Kut el Amara versenkte unsere Artillerie zwei feindliche Monitoren und verursachte durch einen Volltreffer eine Explosion bei einem anderen Monitor. Unsere Truppen näherten sich auf der ganzen Nordfront dem Stacheldrahtverhau der befestigten feindlichen Stellung.
An der Kaukasusfront kosteten die feindlichen Angriffe in der Gegend von Id am 20. Dezember dem Feinde einen Verlust von 8 Offizieren und 300 Mann, während unsere Verluste nur ein Drittel dieser Zahlen betragen.
An der Dardanellenfront, bei Sed ül Bahr, zeitweiliger Artillerie-, Bomben- und Lufttorpedokampf. Unsere Batterien an der anatolischen Küste der Meerengen beschossen erfolgreich Mortoliman und die Landungsstellen von Tekke Burun; sie versenkten bei Mortoliman zwei kleine Boote sowie bei Tekke ein kleines Munitionsschiff und trafen ferner ein Lastboot. In einem einzigen der vom Feinde gesäuberten Abschnitte fanden wir Lebensmittel allerart, die für die Verproviantierung eines ganzen Ameekorps für lange Zeit ausreichen, sowie 1000000 Sandsacke, ungefähr 1000 Zelte, Wolldecken, 400 Tragbahren, 1000 Konservenkisten, 50 Benzinfässer, 1 Mörser bei Aghinedere sowie ein Menge in der Erde vergrabener Mörsergeschosse. Ferner 300 Kilometer Telephondraht und 180 Meter Stacheldraht. Wir konnten die Munition, Kleidungsgegenstände und sonstiges erbeutetes Material noch nicht zählen.

 

Vermehrung des englischen Heeres auf vier Millionen Mann

London, 22. Dezember. (Meldung des Reuterschen Bureaus.)
Das Unterhaus hat die Gesetzvorlage, die eine Vermehrung des Heeres um eine Million Mann vorsieht, einstimmig angenommen.

 

Der Wechsel in den oberen englischen Kommandostellen

London, 22. Dezember.
Das Kriegsamt gibt bekannt:
General Sir Douglas Haig hat das Oberkommando der britischen Truppen in Frankreich und Flandern angetreten. General Sir Charles Monroe wird ihm im Kommando der ersten Armee folgen. Der bisherige Chef des Reichsgeneralstabes Generalleutnant Sir Archibald Murray wird dessen Kommando übernehmen.

 

Ein japanischer Dampfer im Mittelmeer versenkt

Malta, 22. Dezember. (Meldung der Agence Havas.)
Der japanische Dampfer "Yasaka Maru" wurde am 21. Dezember im östlichen Mittelmeer durch ein feindliches Unterseeboot versenkt. Die Hafenbehörde von Alexandria wurde durch Funkspruch benachrichtigt und sandte Hilfe.

 

Die zweite Note Amerikas an Österreich-Ungarn

Washington, 22. Dezember. (Reuter-Bericht.)
In der zweiten Note der Vereinigten Staaten an Österreich-Ungarn wegen des "Ancona"-Vorfalles heißt es: Die Regierung der Vereinigten Staaten hat die Note Eurer Exzellenz über die Versenkung der "Ancona", die am 15. Dezember in Wien überreicht und nach Washington telegraphiert wurde, erhalten. Am 15. Dezember überreichte Baron Zwiedinek v. Südenhorst, der Geschäftsträger der k. u. k. Regierung in Washington, dem Staatsdepartement einen Bericht des österreichisch-ungarischen Flottenkommandos über die Versenkung der "Ancona", in dem zugegeben wurde, daß das Schiff torpediert wurde, nachdem die Maschinen gestoppt hatten und solange sich noch Passagiere an Bord befanden. Das allein ist nach Ansicht der Regierung der Vereinigten Staaten genügend, um den Kommandanten des U-Bootes für die absichtliche Verletzung des anerkannten Völkerrechts und der gänzlichen Außerachtlassung der Grundsätze der Humanität, welche jeder Krieg-führende im Seekriege beachten muß, verantwortlich zu machen.
Die Regierung der Vereinigten Staaten steht sich deshalb genötigt, die k. u. k. Regierung für die Tat ihres Kommandanten verantwortlich zu machen und die entschiedenen, aber ehrerbietigst gestellten Forderungen ihrer Note vom 6. Dezember zu wiederholen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hofft von Herzen, daß die obige Erklärung ihrer Haltung die k. u. k. Regierung von der Rechtmäßigkeit ihrer Forderungen überzeugen und daß diese in demselben Geiste von Offenherzigkeit und mit demselben Wunsche nach Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zustimmen wird, wie sie jetzt zwischen den Vereinigten Staaten und Österreich-Ungarn bestehen, Beziehungen, welche die Vereinigten Staaten veranlagen, die Forderungen zu stellen.

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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