Der Weltkrieg am 23. Dezember 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Kuppe des Hartmannsweilerkopfes zurückerobert

Großes Hauptquartier, 23. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In heißem Ringen nahmen gestern die tapferen Regimenter der 82. Landwehrbrigade die Kuppe des Hartmannsweilerkopfes zurück. Der Feind erlitt außerordentlich schwere blutige Verluste und ließ 23 Offiziere und 1530 Mann als Gefangene in unseren Händen.
Mit der Ausräumung einiger Grabenstücke am Nordhang, in denen die Franzosen noch sitzen, sind wir beschäftigt.
Die Angabe im französischen Tagesbericht von gestern abend, es seien bei den Kämpfen um den Kopf am 21. Dezember 1300 Deutsche gefangen worden, ist um mindestens die Hälfte übertrieben. Unsere Gesamtverluste einschließlich aller Toten, Verwundeten und Vermißten betragen, soweit es sich bisher übersehen läßt, etwa 1100 Mann.
Östlicher und Balkankriegsschauplatz:
Keine Ereignisse von Bedeutung.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Das Vordringen in Montenegro

Wien, 23. Dezember.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Keine besonderen Ereignisse.
Italienischer Kriegsschauplatz:
In den Judicarien kam es auch gestern zu heftigen Geschützkämpfen. An der küstenländischen Front wurde auf der Podgora der Angriff eines italienischen Bataillons zurückgeschlagen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Eine in der Gegend von Tepca noch in den Felsen des nördlichen Taraufers verborgen gebliebene kleinere montenegrinische Abteilung wurde nach kurzem Kampf gefangengenommen. Sonst nichts Neues.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Versuchte Landung der Alliierten bei Kavalla

Sofia, 23. Dezember.
Es heißt, daß die Alliierten ihre von den Dardanellen vertriebenen Truppen bei Kavalla zu landen versucht hätten. Der Kommandant von Kavalla habe jedoch die Landung mit dem Hinweis darauf, daß er keine derartige Weisung besitze, nicht gestattet.

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 23. Dezember.
An der Irakfront ist die Lage unverändert.
An der Kaukasusfront versuchten im Abschnitt von Milo russische Abteilungen an uns heranzukommen. Ihre Vorhut wurde nach zweistündigem Kampf verjagt. An den anderen Teilen der Front dauern die Patrouillenkämpfe an.
An der Dardanellenfront versuchten 5 Torpedoboote und 1 Kreuzer des Feindes sich Saros zu nähern, mußten sich aber, nachdem eines unserer Geschosse den Kreuzer getroffen hatte, wieder entfernen. Bei Sed ül Bahr richtete der Feind am 22. Dezember anhaltendes Artilleriefeuer gegen unseren rechten Flügel. Unsere Artillerie zerstörte mehrere Schützengräben und Bombenlager des Feindes und brachte durch drei Treffer feindliche Haubitzenbatterien zum Schweigen. Unter der noch nicht aufgezählten Beute von Ari Burun wurden auch mehrere Minenwerfer, Pontons und Decauvillewagen gefunden. Ein feindliches Flugzeug, das am 22. Dezember Birseba überflog, wurde von uns heruntergeschossen. Einer der Insassen wurde gefangengenommen, der andere war tot.

 

Anklagen des griechischen Ministerpräsidenten gegen die Entente

Ministerpräsident Skuludis
Ministerpräsident Skuludis

London, 23. Dezember.
Der Korrespondent des "Daily Chronicle", Donohoe, hatte eine Unterredung mit dem griechischen Ministerpräsidenten Skuludis, der sich in besonders bitteren Worten über die Alliierten beklagte. Wenn Griechenland jetzt nicht an der Seite der Entente kämpfe, sei das die Schuld der Staatsmänner und Diplomaten des Vierverbandes. Man habe von Griechenland Opfer verlangt, anstatt ihm eine Belohnung zu versprechen. Der Vierverband habe gewollt, daß Griechenland ihm an den Dardanellen helfe, habe dem Lande aber ausdrücklich bedeutet, daß es nach Konstantinopel nicht werde mitgehen dürfen. Griechenland, sagte Skuludis, schuldet der französischen und englischen Kultur viel mehr als der deutschen. Es hat der Entente ehrlich helfen wollen, aber seine Hilfe wurde abgelehnt. Es warnte, als die Dardanellenexpedition beginnen sollte, vor den Schwierigkeiten, wenn nach den Plänen der Entente vorgegangen würde. In der letzten Zeit, fuhr der Ministerpräsident fort, sind wir behandelt worden wie ein unterworfenes Volk. Die griechische Regierung ist bis zur äußersten Grenze der Freundschaft, die noch mit Neutralität vereinbar war, gegangen, und trotzdem ist dieser Tage einer der Ententegesandten zu mir gekommen und hat mir in unverschämten Worten erklärt, daß die Regierung die Versprechungen, welche unser König gab, gebrochen habe. Das war unwahr. Ich fühlte seine Worte als Beleidigung, sagte ihm das und warf ihm seinen schriftlichen Protest vor die Füße. Meine Entrüstung ging so weit, daß ich mich amtlich mit Grey und Briand in Verbindung setzte und ihnen ganz offen in undiplomatischen Worten meine Meinung über den Protest sagte. Jetzt stehen wir einer noch schrecklicheren Frage gegenüber. Wie sollen wir verhindern, daß unser Land mit Blut überströmt wird? Eine Partei der Kriegführenden ist schon da, die andere wird rasch kommen. Die Deutschen und Österreicher können jeden Augenblick einrücken. Genau genommen, haben sie das volle Recht, das zu tun, da den Alliierten der Zugang zum Lande gestattet worden ist. Die Mittelmächte können ihren Verbündeten, die Bulgaren, mitbringen. Was können wir dagegen tun, wie den Einfall des Feindes aufhalten? Ich sehe es kommen, daß Griechenland durch den wilden, mitleidlosen Krieg verwüstet wird, nur weil die Alliierten grobe diplomatische und militärische Fehler begangen haben. Skuludis sprach sodann die Hoffnung aus, daß Griechenland ein Einfall der Bulgaren erspart bleiben möge. "Daily Chronicle" bemerkt zu dem Interview, daß es nicht angehe, alle Schuld für Griechenlands Haltung den Diplomaten der Alliierten in die Schuhe zu schieben. Die plötzlichen Wendungen in der griechischen Politik hätten es den Alliierten geradezu unmöglich gemacht, mit Griechenland zu verhandeln.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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