Eine
Fälschung der Bothaschen Regierung
Staatssekretär
Solf
Berlin,
21. Dezember.
Im Reichstage erklärte Staatssekretär des Reichskolonialamts
Solf auf eine Anfrage des Abg. Bassermann: Wie der Reichskanzler am 9.
Dezember bereits mitgeteilt hat, hat Deutschland niemals die Absicht gehabt,
Britisch-Südafrika anzugreifen; im Gegenteil, Deutschland war stets
der Auffassung, daß im Interesse des Ansehens der weißen Rasse
der europäische Krieg nicht nach Afrika übertragen werden dürfe.
(Beifall.) Daß die deutsche Regierung keine Angriffsabsicht auf
Britisch-Südafrika hatte und haben konnte, ergibt sich schon daraus,
daß die Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika, die während
des Eingeborenenaufstandes von 1904/5 auf über 10000 Mann gestiegen
war, auf weniger als 2000 Mann vermindert wurde. (Hört, hört!)
Daß man in Britisch-Südafrika davon genau unterrichtet war,
ergibt sich daraus, daß in dem weit verbreiteten englischen Nachschlagebuch
(The Stateman´s Yarbook) in der Ausgabe für 1914 auf Seite
925 die richtige Stärke der in Deutsch-Südwestafrika vorhandenen
Truppen angegeben ist. (Hört, hört!) Bei meiner Begegnung mit
dem Premierminister von Britisch-Südafrika, Botha, im Jahre 1912
fand ich ihn über die Stärke unserer Schutztruppe genau unterrichtet.
Die Behauptung, der Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika habe mit
Manitz vor Beginn des Krieges Verabredungen getroffen, ist durchaus unrichtig.
Unsere Gegner haben einen Beweis hierfür nicht einmal versucht.
Es ist unrichtig, daß deutsche Truppen alsbald nach Ausbruch des
Krieges in Europa bei Skuitdrift und Nakab-Süd englisches Gebiet
angegriffen haben. Richtig ist vielmehr, daß englischerseits von
einer bei Skuitdrift im Orangeriver liegenden Insel auf deutsches Gebiet
herübergeschossen wurde. (Lebhaftes Hört, hört!) Deutscheres
wurde lediglich dieses Feuer erwidert. Der Angriff erfolgte also von englischer
Seite. Nakab-Süd liegt aber nicht auf englischem, sondern auf deutschem
Gebiet. (Stürmisches Hört, hört!) Zum Beweise dafür,
daß Nakab-Süd auf englischem Gebiete liege und seine Besetzung
eine Verletzung englischen Gebietes gewesen sei, hat die südafrikanische
Regierung dem Parlament in Kapstadt eine englische Karte vorgelegt, die
hier auf dem Tisch des Hauses liegt und auf welcher der Platz Nakab-Süd
auf englischem Gebiet eingetragen war. Eine Betrachtung dieser Karte,
von der ein Originalstück in meinem Besitz ist, zeigt aber, daß
Nakab-Süd ursprünglich auf deutschem Gebiet eingetragen war,
daß diese Eintragung durch Rasur entfernt war (Stürmisches
Hört, hört! und anhaltende Bewegung), nachher mit brauner Farbe
überdruckt und der Ort auf englisches Gebiet verlegt wurde. Diese
Fälschung, die auch sofort im Unionparlament festgestellt wurde,
gibt den vollen Beweis dafür, daß von einer Verletzung englischen
Gebiets durch die Besetzung von Nakab-Süd keine Rede sein kann. (Lebhafte
Zustimmung.) Um die Abneigung der burischen Kreise gegen den geplanten
Angriff auf Deutsch-Südwestafrika zu überwinden, hat die Regierung
Bothas die Bevölkerung durch die wahrheitswidrige Behauptung eines
deutschen Angriffs zum Aufnehmen der Waffen zu bestimmen gesucht. (Hört,
hört!) Der wahre Sachverhalt ist aber in weiten Kreisen Südafrikas
bekannt. (Lebhafter anhaltender Beifall.) |