Der Weltkrieg am 7. Juli 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Russische Höhenstellung bei Borzymow erobert -
Die Kathedrale von Arras durch Feuer zerstört

Großes Hauptquartier, 7. Juli.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich von Ypern drangen englische Truppen gestern in einen unserer Schützengräben ein; sie waren am Abend wieder vertrieben. Westlich von Souchez wurden zwei nächtliche Angriffe des Feindes abgewiesen. Bei der Beschießung feindlicher Truppenansammlungen in Arras geriet die Stadt in Brand. Der Feuersbrunst fiel die Kathedrale zum Opfer.
Zwischen Maas und Mosel herrscht lebhafte Kampftätigkeit. Südwestlich von Les Eparges setzte der Feind seine Anstrengungen, die ihm unlängst entrissenen Stellungen wiederzuerobern, fort. Bei dem ersten Angriff gelangten die Franzosen in einen Teil unserer Verteidigungslinie; ein Gegenstoß brachte die Gräben, bis auf ein Stück von 100 Meter, wieder in unsere Hand. Der Feind ließ 1 Maschinengewehr zurück. Zwei weitere Vorstöße des Gegners, ebenso wie ein Angriff an der Tranchée, scheiterten völlig.
Halbwegs Ailly-Apremont wurde unsererseits angegriffen; wir eroberten die feindliche Stellung in einer Breite von 1500 Meter und machten dabei mehr als 300 Franzosen zu Gefangenen.
Bei Croix des Carmes (im Priesterwalde) erfolgte heute nacht der erwartete feindliche Gegenangriff; der Gegner wurde abgewiesen.
Am Sudelkopf (in den Vogesen) wurde ein feindliches Grabenstück erstürmt und für die feindliche Verteidigung unbrauchbar gemacht.
In der Champagne, südwestlich Suippes, bewarfen unsere Flieger mit Erfolg ein feindliches Truppenlager.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Zahl der Gefangenen südlich Biale-Bloto erhöhte sich auf 7 Offiziere und rund 800 Mann; ferner gingen 7 Maschinengewehre und ein reichhaltiges Pionierlager in unseren Besitz über.
In Polen, südlich der Weichsel, eroberten wir die Höhe 95, östlich Dolowatka (südlich Borzymow). Die russischen Verluste sind sehr beträchtlich. Erbeutet wurden 10 Maschinengewehre, 1 Revolverkanone und viele Gewehre. Weiter nördlich, nahe der Weichsel, wurde ein russischer Vorstoß abgewiesen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Westlich der oberen Weichsel wurden gute Fortschritte gemacht; östlich der Weichsel sind keine größeren Veränderungen zu melden. Auf der Verfolgung zur Zlota - Lipa vom 3. bis 5. Juli machten wir 3850 Gefangene.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Das Seegefecht bei Gotland

Berlin, 7. Juli. (Ausführlicher deutscher Bericht.)
Gegenüber den russischen Berichten über das Seegefecht bei Gotland am 2. Juli geht uns von maßgebender Stelle folgende Schilderung zu:
Unsere leichten Streitkräfte, die in der Nacht eine vorgeschobene Stellung besetzt gehalten hatten, fuhren am 2. Juli morgens mit südlichen Kursen zurück. Das Wetter war, namentlich nach Osten zu, unsichtig, strichweise sogar nebelig. Gegen 6 Uhr früh erhielten plötzlich aus einer im SO stehenden Nebelbank heraus "Augsburg" und "Albatros", die nahe beieinander standen, Feuer und gewahrten auf 7000-8000 Meter Entfernung die undeutlichen Umrisse von 4 feindlichen Schiffen, die später als "Admiral Makaroff", "Bajan", "Bogatyr" und "Oleg" ausgemacht wurden. "Albatros", der gegenüber diesen großen Kreuzern keine Gefechtskraft besaß und ihnen auch an Geschwindigkeit unterlegen war, erhielt Befehl, sich nach der schwedischen Insel Gotland zurückzuziehen, während "Augsburg" die beiden weiter östlich stehenden Kreuzer "Roon" und "Lübeck" herbeirief und inzwischen im Vertrauen auf ihre höhere Geschwindigkeit versuchte, das Feuer der Gegner von "Albatros" ab und auf sich zu lenken und den Feind in Richtung der herankommenden Verstärkung zu ziehen. Die feindlichen Kreuzer liefen aber nicht von "Albatros" ab, sondern vereinigten auf ihn ihr heftigstes Feuer. Ein Entkommen aus dem feindlichen Feuerbereich war für ihn wegen seiner geringen Geschwindigkeit nicht möglich. Nach zweistündigem Gefecht, das die Russen trotz ihrer Ableugnungen auch nach Erreichen der schwedischen Hoheitsgewässer nicht abbrachen, wie die dienstlichen deutschen Meldungen in Übereinstimmung mit den schwedischen Zeitungsberichten feststellen, mußte der Kommandant sein von zahlreichen schweren Treffern leckgeschossenes und in sinkendem Zustande befindliches Schiff bei Oestergarn auf den Strand setzen. Die dann eingetretenen Ereignisse, wie das Vonbordbringen der Schwerverwundeten, ihre liebevolle und fürsorgliche Aufnahme und Pflege durch die Bevölkerung, die Bestattung der Gefallenen unter der herzlichen Teilnahme der Einwohner, das alles ist aus den ausführlichen Schilderungen von Augenzeugen durch die schwedische und deutsche Presse bereits bekannt geworden. Aus ihnen geht auch klar hervor, woran im übrigen wohl niemand in Deutschland gezweifelt hat, daß die russische Behauptung, "Albatros" habe die Flagge noch während des Gefechts gestrichen, mit der Wahrheit nicht im Einklang steht. Während dieses Vorganges waren zunächst "Lübeck", dann "Roon", aus östlicher Dichtung in dem unsichtigen Wetter auf den Kanonendonner mit höchster Fahrt zulaufend, an die Schlußschiffe des Gegners herangekommen und hatten in das Gefecht eingegriffen. Der Feind richtete sein Feuer hauptsächlich gegen das ihm nächste und schwächste Schiff, "Lübeck", doch erzielte er keinerlei Erfolge, auch nicht, als ihm aus einer Nebelwand heraus gegen 8 Uhr 30 Minuten vormittags sein neuester und stärkster Panzerkreuzer "Rurik" zu Hilfe kam. "Roon" und "Augsburg" stießen auf diesen vor, um "Lübeck" zu entlasten, was zur Folge hatte, daß "Rurik" beidrehte. Das Gefecht, in dem die Russen nach eigenem Eingeständnis wahrscheinlich durch eine schwere Artillerie von "Roon" Beschädigungen erlitten haben, endete gegen 10 Uhr, wo der Gegner infolge des unsichtigen Wetters im Norden aus Sicht kam, bevor weitere Verstärkungen von uns auf dem Kampfplatz erscheinen konnten. Trotz der lebhaften und dauernden Beschießung durch die an Zahl und Gefechtskraft weit überlegenen russischen Schiffe haben unsere Kreuzer, abgesehen von "Albatros", keinen einzigen Treffer erhalten.
Anmerkung: Die phantastischen Angaben des russischen Berichts über das Seegefecht bei Gotland, nach welchem die deutschen Kreuzer mehreremal getroffen, der Panzerkreuzer "Roon" schwer beschädigt worden sei und die deutschen Schiffe sich zurückgezogen haben sollten, werden durch die obige Darstellung von deutscher Seite zur Genüge widerlegt.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Verstärkungen in Polen zurückgeschlagen - Erfolgreiches Gefecht gegen die Montenegriener

Wien, 7. Juli, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
An der Front der Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand dauern die Kämpfe fort. Eingetroffene russische Verstärkungen, die an mehreren Stellen zum Angriff vorgingen, wurden unter großen Verlusten zurückgeschlagen. Die Gefangenenzahl hat sich noch weiter erhöht.
Am Bug und in Ostgalizien ist die Lage unverändert. In den Kämpfen an der unteren Zlota-Lipa wurden vom 3. bis 5. Juli 3850 Russen gefangen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Schlachtfront im Görzischen trat zunächst ziemliche Ruhe ein. Nach dem vorgestrigen Siege hatten unsere Truppen noch einige zaghaft geführte Nachtangriffe gegen den Görzer Brückenkopf und die Plateaustellungen abzuweisen. Gestern eröffnete der Feind neuerdings ein heftiges Geschützfeuer, dem nachts wieder vergebliche Vorstöße schwächerer Kräfte folgten.
Italienische Flieger warfen auf Triest Bomben ab, ohne erheblichen Schaden anzurichten.
Im Krngebiete griff der Gegner eine Felskuppe, der schon frühere Anstrengungen gegolten hatten, abermals an. Die braven Verteidiger schlugen den Angriff, wie immer, ab. Vor unserer Stellung ist ein Leichenfeld.
Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiete dauern die Geschützkämpfe stellenweise fort.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Auf den Höhen östlich von Trebinje fand in den letzten Tagen ein für unsere Truppen erfolgreiches Gefecht statt. Im Angriff eroberten einige unserer Abteilungen nach kurzem heftigen Kampf eine montenegrinische Vorstellung und trieben die Montenegriner auf die nächsten Höhen zurück. Tags darauf ging eine montenegrinische Brigade nach starker Artillerievorbereitung zum Gegenangriff vor, erlitt jedoch im Feuer unserer Truppen derartige Verluste, daß sie nach einiger Zeit auf die Hauptstellung, aus der sie vorgebrochen war, zurückging. Mehrere unserer Flieger griffen mit Bomben und Maschinengewehrfeuer erfolgreich in den Kampf ein.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 7. Juli.
Bericht des Großen Hauptquartiers:
Auf der kaukasischen Front fuhr auf dem rechten Flügel unsere Kavallerie nach ernsthaften Kämpfen fort, die feindliche Kavallerie gegen Osten zurückzuwerfen. Wir machten in dem Kampfe vom 4. Juli eine Anzahl Gefangene und gewannen Beute.
Auf der Dardanellenfront ist die Lage im allgemeinen unverändert. Die gewohnten Grabenkämpfe dauern fort, und zwar besonders heftig auf unserem rechten Flügel bei Sed ul Bahr. Alle diese Kämpfe sind für uns günstig. Unsere anatolischen Batterien riefen zahlreiche Explosionen und Brände in dem feindlichen Lager bei Sed ul Bahr hervor. Unsere Flieger warfen zweimal mit Erfolg Bomben auf die feindlichen Truppen. Vor Ari Burun bombardierte ein feindlicher Monitor, der sich sichtlich hinter einem Lazarettschiff verbarg, unsere Landstellungen.

 

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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