Der Weltkrieg am 21. April 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Luftbombardement von Bialystok

Großes Hauptquartier, 21. April.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Unweit der Kathedrale von Reims wurde eine neue feindliche Batterie erkannt und unter Feuer genommen.
In den Argonnen warfen die Franzosen Bomben mit Erbrechen erregender Wirkung. Ein feindlicher Angriff nördlich le Four de Paris scheiterte.
Zwischen Maas und Mosel wurde gestern bei Flirey ein in breiter Front ansetzender Angriff mit starken Verlusten für die Franzosen abgeschlagen. Im Priesterwalde gewannen wir weiter an Boden.
In den Vogesen griff der Feind vergeblich unsere Stellungen nordwestlich und südwestlich von Metzeral sowie bei Sondernach an. Auch dort hatten die Franzosen starke Verluste.
Gestern früh warf ein feindlicher Flieger über Lörrach Bomben ab, die eine einem Schweizer gehörige Seidenfabrik und zwei Häuser beschädigten und mehrere Zivilpersonen verletzten.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage im Osten ist unverändert.
Als Antwort auf die russischen Bombenwürfe auf Insterburg und Gumbinnen, offene außerhalb des Operationsgebietes liegende Städte, haben wir gestern den Eisenbahnknotenpunkt Bialystok mit 150 Bomben belegt.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Niederlagen im Czirokatale - Über 3000 Russen gefangen

Wien, 21. April.
Amtlich wird verlautbart:
In den Karpathen hat der Gegner seine verlustreichen Angriffe gegen die wichtigsten Abschnitte der Front seit geraumer Zeit eingestellt. Dies gilt besonders von jenen Abschnitten unserer Stellungen, die die besten Einbruchswege nach Ungarn, das Ondava-, Laborcza- und Ungtal decken.
Abseits dieser Hauptvorrückungslinien im Waldgebirge zwischen Laborcza- und Ungtal versuchte der Feind auch jetzt noch mit starken Kräften durchzudringen. Ein Durchbruch in dieser Richtung sollte den trotz schwerster Opfer frontal nicht zu bezwingenden Widerstand unserer Tal- und anschließenden Höhenstellungen durch eine Umgehung brechen. So entwickelten sich im oberen Cziroka-Tal bei Nagypolany sowie im ganzen Quellgebiet dieses Flusses neuerdings heftige Kämpfe, die mehrere Tage und Nächte hindurch andauerten. Auch hier erlitten die heftigen russischen Vorstöße schließlich das allen früheren Angriffen zuteil gewordene Schicksal. Nach Verlust von vielen Tausenden Toter und Verwundeter sowie über 3000 unverwundeter Gefangener wurde der Vorstoß vom Feinde aufgegeben.
Den vielen im Auslande verbreiteten, auch offiziellen Meldungen der russischen Heeresleitung über Erfolge in den langwierigen Karpathenkämpfen kann kurz gegenübergehalten werden, daß trotz aller Anstrengungen und großer Opfer der vom Gegner stets als Hauptangriffsziel und als besonders wichtig bezeichnete Uzsoker Paß nach wie vor fest in unserem Besitz ist.
An den sonstigen Fronten finden Geschützkämpfe statt. Die Situation ist überall unverändert.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 21. April (W. B.)
Das Große Hauptquartier teilt mit:
Auf der kaukasischen Front hat sich nichts von Bedeutung ereignet. Zwei feindliche Panzerschiffe schleuderten gestern in Zwischenräumen aus weitem Abstande erfolglos über hundert Granaten gegen unsere Batterien an den Dardanellen, die es nicht für nötig hielten, das Feuer zu erwidern. - Die Engländer, die südlich Ahvazs (Persien) lagern, wurden am 12. April früh von unseren Truppen angegriffen. Nach einem bis in den Nachmittag hinein dauernden Kampf wurden sie gezwungen, sich in den Verschanzungen ihres Lagers zu verbergen. Das Feuer, welches von unserer Artillerie gegen vier ihrer Schiffe - zwei große und zwei kleine - und gegen zwei Motorboote eröffnet worden war, beschädigte zwei dieser Schiffe. Auf unserer Seite wurde ein Mann getötet, zehn verwundet. Die Verluste des Feindes sind noch unbekannt.

 

Der Luftkrieg

Basel, 21. April. (W. B.)
Der "Nationalzeitung" zufolge wurden im Hardtwalde bei Ottmarsheim durch eine Militärpatrouille zwei tote französische Flieger gefunden. Sie lagen über dem zertrümmerten Apparat offenbar schon einige Tage. Es ist ein Leutnant und ein Sergeant, die wohl dem Geschwader angehörten, welches den Übungsplatz Neuenburg bombardierte und von deutschen Geschützen beschossen wurde. Beide zeigten mehrere Schußwunden: auch das Flugzeug war mehrfach getroffen worden.

Berlin, 21. April. (W. B.)
Aus zuverlässiger Quelle verlautet, daß bei dem kürzlichen Zeppelin-Angriff auf den Tyne auch ein englisches Schlachtschiff erheblich beschädigt worden sein soll.
2)

 

Englische Truppen in Nordfrankreich
Englische Truppen mit ihren Offizieren in Nordfrankreich

Über 36 englische Divisionen im Feld

London, 21. April. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet:
Im Unterhaus hat Minister Lloyd George während der Besprechung der Fabrikation der Kriegsmunition gesagt: "Während vor dem Kriege niemand daran gedacht hat, daß ein englisches Expeditionsheer stärker als sechs Divisionen sein könne, bin ich durch Lord Kitchener ermächtigt worden, zu erklären, daß gegenwärtig mehr als sechsmal so viel englische Soldaten im Felde stehen, die ausgerüstet und reichlich mit Munition versehen sind. Jeder gefallene Soldat wird sofort durch einen anderen ersetzt." Lloyd George sprach dann ausschließlich über die Verfertigung der Munition und sagte, daß die Produktion im Vergleich zum September sich verneunfachen werde.

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt dazu:
Die vorstehende Mitteilung des englischen Ministers gibt zum erstenmal in der Öffentlichkeit einen Anhaltspunkt für die Schätzung der im Felde stehenden englischen Armee, obgleich sie so abgefaßt ist, daß von einer zuverlässigen Berechnung keine Rede sein kann. Wenn man als durchschnittliche Stärke einer englischen Division drei Brigaden zu je drei Regimentern, nebst den zugehörigen Ergänzungstruppen, annimmt - wobei zu beachten ist, daß die englischen Kavallerie-Divisionen erheblich schwächer sind als die Infanterie-Divisionen -, so wird man der Schätzung der Gesamtzahl von Mannschaften und Offizieren des englischen Feldheeres eine Höchstzahl von 20000 Mann für jede Division zu Grunde legen dürfen, was für 36 Divisionen 720000 Mann ausmachen würde. Die Erklärung Lloyd Georges läßt die Frage offen, wieviele dieser Truppen in England selbst aufgestellt worden und wieviele davon aus Indien, Kanada, Australien oder sonst woher gekommen sind. Daß diese Hilfstruppen in die genannte Zahl einzubeziehen sind, soweit sie auf dem europäischen Kriegsschauplatz mitkämpfen, ist deshalb wahrscheinlich, weil Lloyd George seine Mitteilung im Zusammenhang mit der Frage der Munitionsbeschaffung machte. Für die in Frankreich kämpfenden Inder muß England selbstverständlich ebenso die Munition beschaffen wie für die in England selbst aufgestellten Truppen. Auch bleibt unklar, wo diese "mehr als 36 Divisionen" im Felde stehen. Nur in Frankreich, oder auch auf den anderen Kriegsschauplätzen, wo englische Truppen verwendet werden? Allerdings könnte der Ausdruck "Expeditionsheer" darauf schließen lassen, daß es sich nur um die Armee Frenchs handle. Als Frontbreite der englischen Armee auf dem westlichen Kriegsschauplatz ist kürzlich von der Agence Havas die Zahl von 50 Kilometer angegeben worden. Selbst wenn die genannten 700000 Mann ("mehr als 36 Divisionen") nicht alle im Westen gegen uns ständen, würde durch die englische Mitteilung bewiesen, daß die Engländer ihr "Interessengebiet" in ganz außergewöhnlich tiefen und dichten Formationen besetzt halten. Man hat kürzlich zwar wiederholt davon gesprochen, daß englische Truppen neuerdings auch auf anderen Abschnitten, hinter der französischen Front, versammelt worden seien, aber es ist in der Öffentlichkeit darüber nichts bekannt geworden, was einen Schluß auf die Zahl und die Absichten dieser Truppen zuließe. Vorläufig erscheint der englische Abschnitt Ypern-La Bassée und der dahinter liegende Raum bis zur Küste als das einzige und ausschließliche Operationsgebiet jener für diesen kleinen Rahmen überaus starken englischen Armee.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im April 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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