Der Weltkrieg am 22. April 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Ein französischer Stützpunkt am Hartmannsweilerkopf zerstört

Großes Hauptquartier, 22. April.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Südlich des La Bassée-Kanals und nordwestlich von Arras nahmen wir erfolgreich mehrere Sprengungen vor.
In den Argonnen und im Gelände zwischen Maas und Mosel fanden heftige Artilleriekämpfe statt. Nach Feuerüberfall griffen die Franzosen heute Nacht im Westteile des Priesterwaldes an, wurden aber unter schweren Verlusten zurückgeschlagen.
Am Nordhange des Hartmannsweilerkopfes zerstörten wir gestern einen feindlichen Stützpunkt und wiesen am Abend einen feindlichen Angriff ab.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage im Osten ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Geschosse mit erstickender Gasentwicklung

Berlin, 22. April. (W. B.)
Aus dem Großen Hauptquartier wird geschrieben:
In einer Veröffentlichung vom 21. April beklagte sich die englische Heeresleitung darüber, daß deutscherseits "entgegen allen Gesetzen zivilisierter Kriegführung" bei der Wiedereinnahme der Höhe 60 südöstlich von Ypern Geschosse, die beim Platzen erstickende Gase entwickeln, verwendet wurden. Wie aus den deutschen amtlichen Bekanntmachungen hervorgeht, gebrauchen unsere Gegner seit vielen Monaten dieses Kriegsmittel. Sie sind also augenscheinlich der Meinung, daß das, was ihnen erlaubt sei, uns nicht zugestanden werden könne. Eine solche Auffassung, die in diesem Kriege ja nicht den Reiz der Neuheit hat, begreifen wir, besonders im Hinblick darauf, daß die Entwicklung der deutschen Chemiewissenschaft uns natürlich gestattet, viel wirksamere Mittel einzusetzen als die Feinde, können sie aber nicht teilen. Im übrigen trifft die Berufung auf die Gesetze der Kriegführung nicht zu. Die Deutschen Truppen verfeuern keine "Geschosse, deren einziger Zweck ist, erstickende oder giftige Gase zu verbreiten" (Erklärung im Haag vom 29. Juli 1899), und die beim Platzen der deutschen Geschosse entwickelten Gase sind, obschon sie sehr viel unangenehmer empfunden werden als die Gase der gewöhnlichen französischen, russischen oder englischen Artilleriegeschosse, jedoch nicht so gefährlich wie diese. Auch die im Nahkampf von uns verwendeten Rauchentwickler stehen in keiner Weise mit den Gesetzen der Kriegführung im Widerspruch. Sie bringen nichts weiter als eine Potenzierung der Wirkung, die man durch ein angezündetes Stroh- oder Holzbündel erzielen kann. Da der erzeugte Rauch auch in dunkler Nacht deutlich wahrnehmbar ist, bleibt es jedem überlassen, sich seiner Einwirkung rechtzeitig zu entziehen."
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Erneuter russischer Angriff am Uzsoker Paß abgewiesen

Wien, 22. April.
Amtlich wird verlautbart:
In Russisch-Polen und Westgalizien vereinzelte Geschützkämpfe.
An der Karpathenfront wurde ein erneuter Ansturm gegen unsere Stellungen an und beiderseits des Uzsoker Passes blutig abgewiesen. Bei den heftigen Angriffen, die teils im wirkungsvollsten Feuer unserer Artillerie zusammenbrachen, teils durch Gegenangriffe der Infanterie zurückgeschlagen wurden, erlitt der Gegner abermals sehr schwere Verluste. Vor den Stellungen einer vom Feinde wiederholt angegriffenen Kuppe liegen allein über 400 russische Leichen. Das Infanterieregiment Nr. 12, die Brassoer und Maros-Vasaerhelyer Honved-Infanterieregimenter Nr. 24 und 22 sowie die gesamte, an den Kämpfen beteiligt gewesene Artillerie haben sich besonders ausgezeichnet. 1200 Russen wurden gefangen.
An den sonstigen Abschnitten der Karparthenfront, dann in Südostgalizien und in der Bukowina nur stellenweise Geschützkämpfe und Geplänkel.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der 1. Weltkrieg im April 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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