Die
Einnahme von Duala
Über
die Besetzung Dualas durch die Engländer und Franzosen erfuhr die "Evang.
Pressekorr." von Missionaren folgende Einzelheiten:
Seit der Kriegserklärung befand man sich in Duala in begreiflicher
Spannung. Die Regierung rüstete sich, so gut es ging, zum Kampfe. Von den
ordinierten Missionaren wurde aber keiner zum Dienst mit der Waffe
einberufen; einer von ihnen hat sich freiwillig der Sanität zur Verfügung
gestellt. Von den Missionskaufleuten scheint einer mit der Waffe gedient
zu haben; einer half bei der Sanität mit; einige andere wurden der
Feuerwehr zugewiesen.
Nachdem schon am 11. September das englische Kanonenboot "Dwarf"
in den Kamerunfluß eingedrungen, aber wieder vertrieben worden war,
erschienen am 27. September englische und französische Kriegsschiffe vor
Duala. Da eine Beschießung in Aussicht stand, zogen sich die Missionare
zum Teil von Bonaku nach Bonebela zurück. In der Tat fand denn auch am
26. September eine ziemlich heftige Beschießung statt, bei der aber die Häuser
der Mission keinen Schaden nahmen. Am Sonntag, den 27. September, wurde
Duala übergeben; da den 14000 eingeborenen Soldaten, welche die Engländer
und Franzosen auf ihren Schiffen mit sich führten, nur 60 bewaffnete
Deutsche gegenüberstanden, wäre weiterer Widerstand nutzlos gewesen. Der
leitende Basler Missionar erhielt am Sonntag Morgen Weisung, auf der
Kapelle in Bonebela die weiße Flagge zu hissen. Die Angehörigen der
Mission aber kehrten in der Annahme, daß nun nichts mehr für sie zu befürchten
sei, nach Bonaku zurück. Im Laufe des Nachmittags wurde in Bellstadt an
einer Stange die englische und französische Fahne aufgezogen.
Am Montag, den 28. September früh erschien ein englischer Offizier in der
Missionshandlung und forderte die ledigen Herren auf sich ins
Regierungshospital zu begeben, wo ihre Namen aufgeschrieben werden
sollten; sei das geschehen, so könnten sie wieder heimgehen. Dort
angekommen, wurden sie aber für kriegsgefangen erklärt und durften nicht
mehr in ihre Wohnung zurückkehren. Zwei Angehörige der Basler Mission
brachten ihnen, was sie in der Eile an Kleidungsstücken für sie
zusammenraffen konnten. Mit etwa 200 anderen Deutschen kamen sie dann auf
den Dampfer "Elmina", der Duala alsbald verließ. In Lagos
setzte die "Elmina" die verheirateten Deutschen, die sie mit
sich führte, an Land; die ledigen aber fuhren weiter nach Kotonu in
Dahomey. Sie sollen, wie man später vernahm, von da über 20 Tagereisen
weit ins Innere gebracht worden sein. Jene beiden verheirateten Herren,
die den so rasch Abgeführten noch das Nötigste ins Spital gebracht
hatten, wurden bei dieser Gelegenheit ebenfalls als kriegsgefangen
festgehalten. Den einen mußte man zwar tags darauf als Schweizer wieder
frei geben; der andere aber durfte nicht mehr heimkehren. Wie er ging und
stand, hielt man ihn fest; die Kleider, die er auf dem Leibe trug, und 50
Pfg. in der Tasche waren das einzige, was er bei sich hatte. Wohl am
selben Tage gerieten auch die übrigen ordinierten Missionare, die sich
damals in Duala und Bonaberi befanden, in Gefangenschaft. Die Frauen
versammelten sich im Haus der Missionshandlung in Bellstadt und brachten
dort ohne männlichen Schutz eine sorgenvolle Nacht zu; mußten sie doch
befürchten, daß die Duala oder feindliche Soldaten plündernd ins Haus
einbrechen würden. Am andern Morgen erschien ein englischer Offizier und
forderte sie auf, sich gleichfalls ins Hospital zu begeben, da man sonst
keine Garantie für ihren Schutz hernehmen könne. So ließen sie denn
alles in großer Unordnung zurück und begaben sich, kaum mit dem Nötigsten
versehen, zu ihren Männern. Die folgende Nacht verbrachten neun
Missionsangehörige zusammengepfercht in einem Krankenzimmer, in dem in
gewöhnlichen Zeiten nur ein Bett stand. Inzwischen nahm man auch die übrigen
Deutschen, die Männer, Frauen und Kinder gefangen und am 30 September
bewegte sich ein trauriger Zug von etwa 240 Personen unter militärischer
Bewachung durch die Straßen von Duala Sie alle wurden auf dem kleinen
Frachtdampfer "Bathurst" untergebracht.
Am 7. Oktober kam das Schiff in Lagos an. Wer sich selbst verköstigen
konnte, erhielt Erlaubnis, an Land zu gehen. Als bekannt wurde, daß die
Gefangenen nach England gebracht werden sollten, richteten die Missionare
an den Generalgouverneur ein Gesuch, man möchte ihnen gestatten, an die
Goldküste zu gehen, wo die Basler Mission seit über 70 Jahren
Missionsarbeit treibt. Am 19. Oktober erhielten sie den Bescheid, daß
hinsichtlich der ordinierten Missionare und der Missionsschwestern dieser
Bitte entsprochen werde; die Kaufleute aber müßten mit nach England. So
langten denn die ordinierten Missionare am 22. Oktober in Accra an und
wurden auf verschiedene Stationen der Goldküste verteilt.
Die Missionskaufleute wurden mit den übrigen Deutschen, die sich noch in
Lagos befanden, nach England gebracht. Unterwegs hatten die Frauen
Kabinen, die Männer waren im Lagerraum untergebracht. Als man in ein kühleres
Klima kam, wurden zwar einige Kleidungsstücke verteilt, aber in völlig
ungenügender Menge. So langten die Männer in leichten Khakianzügen mit
Tropenhelmen in England an. Unmittelbar nach der Ankunft wurden dort Männer
und Frauen getrennt, jene führte man zunächst in ein
Konzentrationslager, zwei Meilen von Southampton; von da kamen sie später
nach Handforth bei Manchester. Wie man aus glaubhafter Quelle hört, sind
sie dort in einem Fabrikgebäude gut untergebracht. Die Frauen, die es wünschten
und genügend Geld hatten, erhielten Erlaubnis, in England zu bleiben.
Gleich am Anfang sind in der ersten Verwirrung die ungeschützten
Missionshäuser in Bonaku und Bonnanio und wahrscheinlich auch das
Doktorhaus in Bonadibong von den Duala und den eingeborenen Soldaten der
Engländer und Franzosen geplündert worden. Später haben die Engländer
plündernde Duala mit Prügeln bestraft. Auch die Basler Missionshandlung
in Duala ist teilweise ausgeräumt worden und zwar von Weißen.
Missionskaufmann Buhrer und Missionar Bärtschi, beides Schweizer, sind
von den Engländern und Franzosen nach einiger Zeit angewiesen worden, das
Land zu verlassen; sie sind inzwischen auf einem spanischen Dampfer in
Barcelona eingetroffen und kürzlich in der Schweiz angekommen. 2)
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