Der Weltkrieg am 8. September 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT

Luftaufnahme des Fort Cerfontaine der Festung Maubeuge
Luftaufnahme des Fort Cerfontaine der Festung Maubeuge

 Der deutsche Heeresbericht:

Maubeuge gefallen - 40000 Kriegsgefangene, 400 Geschütze erbeutet

Großes Hauptquartier, 8. September.
Maubeuge hat gestern kapituliert. 40 000 Kriegsgefangene, darunter vier Generale, 400 Geschütze und zahlreiches Kriegsgerät sind in unsere Hände gefallen.

Generalquartiermeister: v. Stein. 1)

 

Die "Frankfurter Zeitung" schrieb dazu:
Mit der Festung Maubeuge ist im Nordwesten Frankreich das letzte Glied der beiden Befestigungsgürtel, die um Paris gelegt sind, in den Besitz der deutschen Truppen gekommen. Hätten unsere Divisionen aus dem rechten Flügel bei ihrem unvermutet raschen Einfall über die nordfranzösische Grenze nicht Maubeuge wie auch die übrigen Festungen und Forts die nach Kampf erobert worden sind sofort eingeschlossen, dann wären dort auf dem westlichsten Kriegsschauplatze die ersten Schüsse unserer Belagerungsgeschütze erst gegen die Vorwerke von Paris gefallen. Denn wo es noch irgend möglich war, haben die Franzosen in jedem Gebiet ihre Sperrforts und Festungslager in höchster Eile verlassen, selbst diejenigen, von deren Wert sie vorher die ruhmvollsten Dinge erzählt haben. Manche dieser Befestigungswerke scheinen allerdings nicht ganz auf der angepriesenen Höhe gestanden zu sein. Vollends ist das Bestreben der französischen Armeeleitung, ihre Heeresmassen möglichst weitab von der deutschen Front nochmals zu sammeln, zu einer letzten großem Entscheidung, falls sich Paris nicht halten kann, ein verständlicher Grund für den Rückzug des französischen Westheeres. Aber das alles erklärt doch nicht die Kopflosigkeit, mit der man diese Rückwärtsbewegung anscheinend zu einer nahen Flucht hat ausarten lassen, ohne überhaupt einen Versuch zu machen, wenigstens für ein paar Tage dem deutschen Ansturm die französischen Festungskanonen entgegenzusetzen. Der gewaltige deutsche Anprall muß auf die Franzosen ganz vernichtend gewirkt haben und das Vertrauen zu Panzertürmen und Betonbauten scheint durch das riesige Kaliber unserer Mörser ernstlich erschüttert zu sein. Immerhin wird man gut daran tun, den Rückzug der Franzosen nicht in seiner Bedeutung zu überschätzen, wenn er sich auch in sehr eigenartigen Formen vollzieht.
Die Festung Maubeuge hat sich anscheinend wacker gehalten. Schon am 27. August ist amtlich gemeldet worden, der Angriff aus Maubeuge sei von der Armee des Generalobersten v. Bülow eingeleitet worden. Seitdem wurden die vorgelagerten Forts beschossen. Die Befestigungsanlagen waren vollkommen modern ausgebaut und galten als durchaus erstklassig. Der Fortgürtel von Maubeuge bestand aus neun Forts mit zahlreichen Zwischenwerken. Die Festung beherrscht eine wichtige Durchgangsverbindung von Belgien nach Paris und ihr Besitz ist für unsere rückwärtigen Verbindungen von großem Wert. Die außerordentlich reiche Kriegsbeute von 40000 Gefangenen, 400 Geschützen und vielem Kriegsgerät macht die Eroberung der Festung noch zu einem größeren Erfolg.

Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier: 
Kapitulation und Übergabe der Festung Maubeuge

 

Kaiser Wilhelm II. an den Präsidenten Wilson

Kaiser Wilhelm II.
Wilhelm II.
Wilson
Wilson

Berlin, 8. Septbr. (W. B.)
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht nachstehendes Telegramm, das der Kaiser an den Präsidenten Wilson gerichtet hat:

Ich betrachte es als meine Pflicht, Herr Präsident, Sie als den hervorragendsten Vertreter der Grundsätze der Menschlichkeit zu benachrichtigen, daß bei der Einnahme der Festung Longwy meine Truppen dort Tausende von Dum-Dum-Geschossen entdeckt haben, die durch eine besondere Regierungswerkstätte hergestellt waren; ebensolche Geschosse wurden bei verwundeten Soldaten und Gefangenen, auch bei britischen Truppen, gefunden. Es ist bekannt, daß solche Geschosse grausame Verletzungen verursachen und daß ihre Anwendung durch die anerkannten Grundsätze des internationalen Rechts streng verboten ist. Ich richte daher an Sie einen flammenden Protest gegen diese Art der Kriegführung, welche dank den Methoden unserer Gegner eine der barbarischsten geworden ist, die man in der Geschichte kennt. Nicht nur haben dieselben diese grausamen Waffen angewendet, Sondern die Regierung hat die Teilnahme der belgischen Zivilbevölkerung an dem Kampfe auch offen geduldet und seit langem sorgfältig vorbereitet. Die von Frauen und Kindern und Geistlichen in diesem Guerillakrieg begangenen Grausamkeiten auch an verwundeten Soldaten, Ärztepersonal und Pflegerinnen (Ärzte wurden getötet, Lazarette durch Gewehrfeuer angegriffen) waren derartig, daß meine Generäle sämtlich gezwungen waren, die ärgsten Mittel zu ergreifen, um die Schuldigen zu bestrafen und die blutdürstige Bevölkerung von der Fortsetzung ihrer fürchterlichen Mord- und Schandtaten abzuschrecken. Manches berühmte Bauwerk und selbst die alte Stadt Löwen mit Ausnahme des schönen Stadthauses mußten in gerechter Selbstverteidigung und zum Schutze meiner Truppen zerstört werden. (Inzwischen hat sich bekanntlich herausgestellt, daß zum Glück nur ein kleinerer Teil von Löwen zerstört worden ist.) Mein Herz blutet, da solche Maßregeln unvermeidlich geworden sind und wenn ich an die zahllosen unschuldigen Leute denke, die ihr Leben und Eigentum verloren haben infolge des barbarischen Betragens jener Verbrecher.

Gez. Wilhelm I. R. 2)

 

Die Kriegsanleihe

Berlin, 8. September. (Priv.-Tel.)
Die neue Kriegsanleihe gelangt nun demnächst zur Ausgabe. Aufgelegt wird eine Milliarde Mark 5proz. Reichsschatzanweisungen zu 97.50 Prozent und ferner eine 5proz. Reichsanleihe, unkündbar bis 1924, die in ihrem Höchstbetrag nicht begrenzt ist und ungefähr zu dem gleichen Kurse begeben wird.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im September 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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