Reichskanzler Michaelis über die Friedensresolution des Reichstages
(Mitteilung über Durchstoßung der russischen Front bei Zloczow - Die Friedensresolution des Reichstags - Die Parlamentarisierung)
Dr. Michaelis
Berlin, 19. Juli.
In der heutigen Sitzung des Reichstags hielt Reichskanzler Dr. Michaelis eine Rede, in der er u. a. sagte: Ich stelle fest, daß der U-Boot-Krieg in der Vernichtung feindlichen Frachtraumes das leistet, was er sollte. Seine Wirkung auf die Entschlüsse unserer Feinde können wir in Ruhe abwarten. Die Zeit läuft für uns.
Die Berichte über die militärische Lage von seiten der Obersten Heeresleitungen sind sehr gut. Im Westen sind die großen Frühjahrsoffensiven der Engländer und der Franzosen gescheitert. Im Osten ist infolge der inneren russischen Wirren der Angriff der feindlichen Millionenheere nicht zur Ausführung gekommen. Erst nachdem falsche Nachrichten und Hetzreden der russischen Verbündeten die Soldaten in Rußland von neuem aufgestachelt hatten, kam es zu der jetzigen Offensive. Ihr Ziel war Lemberg und die Ölgruben von Drohobycz, um unseren U-Boot-Krieg zu schädigen. Brussilow hat in seiner Rücksichtslosigkeit unter ungeheuren Opfern nur geringe Vorteile erzielt. Vor einer halben Stunde habe ich ein Telegramm des Feldmarschalls erhalten, das folgendermaßen lautet:
"An den Reichskanzler des Deutschen Reiches, Reichstag. Durch dir russische Offensive in Galizien herausgefordert, hat dort heute ein durch starken Regen bisher hinausgehobener deutscher Angriff östlich Zloczow eingesetzt. Unter persönlicher Leitung des Feldmarschalls Prinz Leopold von Bayern
(Bravo! im Zentrum) haben deutsche Divisionen, unterstützt durch österreichisch-ungarische Artillerie, in altbewährtem Schneid und fester Zuversicht die russischen Stellungen durchstoßen.
(Lebhafter Beifall. Zurufe bei den U. S. Erregte Gegenrufe bei den übrigen Parteien.) Die in den letzten Berichten erwähnten Vorteile von Brussilow sind danach wieder ausgeglichen.
(Lebhafter Beifall.)
Wenn wir Frieden machen, dann müssen wir in erster Linie erreichen, daß die Grenzen des Deutschen Reiches für allezeit sichergestellt sind.
(Lebhaftes Bravo! rechts.) Wir müssen im Wege der Verständigung
(Bravo im Zentrum, links und bei den Soz.) und des Ausgleichs (erneutes Bravo im Zentrum, links und bei den Soz.) die Lebensbedingungen des Deutschen Reiches auf dem Kontinent und über See garantieren.
(Lebhaftes Bravo!) Der Friede muß die Grundlage für eine dauernde Versöhnung der Völker bieten.
(Lebhaftes Bravo! im Zentrum, links und bei den Soz.) Er muß, wie dies in Ihrer Resolution ausgesprochen ist, der weiteren Verfeindung der Völker durch wirtschaftliche Absperrung vorbeugen.
(Sehr gut!) Er muß davor sichern, daß sich der Waffenbund unserer Gegner zu einem wirtschaftlichen Trutzbund gegen uns auswächst.
(Sehr gut! im Zentrum, links und bei den Soz.)
Diese Ziele lassen sich im Rahmen Ihrer Resolution, wie ich sie auffasse, erreichen.
(Bravo! und Sehr gut! im Zentrum, links und bei den Soz.) Wir können den Frieden nicht nochmals anbieten.
(Sehr richtig! rechts.) Die ehrlich ausgestreckte Hand hat einmal ins Leere gegriffen.
(Sehr richtig! rechts). Aber mit dem gesamten Volk und der deutschen Armee und ihren Führern, die mit dieser Erklärung einverstanden sind
(Hört, hört! Bravo! im Zentrum, links und bei den Soz.), ist die Regierung sich dessen bewußt. Wenn die Feinde ihrerseits von ihren Eroberungsgelüsten, ihren Niederwerfungszielen ablassen und in Verhandlungen einzutreten wünschen, werden wir ehrlich und friedensbereit hören, was sie uns zu sagen haben.
(Bravo! links.) Bis dahin müssen wir ruhig und geduldig und mutig ausharren. 1) |