Wilson
über die Möglichkeit des Krieges mit Deutschland
Wilson
Washington,
5. März. (Meldung des Reuterschen Bureaus.)
In der heutigen Inaugural-Adresse sagte Wilson:
Von Anfang an hat der Krieg unvermeidlicherweise unserem Geiste, unserer
Industrie, unserem Handel und unserer Politik einen Stempel aufgedrückt.
Es war unmöglich, ihm gleichgültig oder unabhängig gegenüberzustehen.
Trotz vieler Meinungsverschiedenheiten sind wir einander näher gebracht
worden. Man hat uns zur See großes Unrecht zugefügt. Wir haben
aber nicht den Wunsch gehabt, mit Unrecht und Beleidigungen zu antworten.
Obwohl einige uns zugefügte Übel unerträglich wurden, sind
wir uns stets bewußt gewesen, daß wir nichts für uns
selbst wünschen, was wir nicht für die ganze Menschheit zu fordern
bereit wären, nämlich rechtschaffenes Handeln (fair dealing)
Gerechtigkeit, die Freiheit zu leben, und Schutz vor organisiertem Unrecht.
In diesem Geiste und mit diesem Gedanken sind wir mehr uns mehr zu der
Überzeugung gelangt, daß unsere Aufgabe die sein muß,
für die Erhaltung und Stärkung des Friedens zu arbeiten. Wir
mußten uns bewaffnen, um unseren Anspruch auf ein gewisses Mindestmaß
von Recht und Freiheit des Handelns durchzusetzen. Wir stehen fest in
bewaffneter Neutralität, weil es scheint, daß wir auf keine
andere Weise zum Ausdruck bringen können, worauf wir bestehen und
was wir nicht missen können. Es kann sogar sein, daß wir durch
die Umstände zu einer aktiven Verteidigung unserer Rechte und zu
einer mehr unmittelbaren Teilnahme an dem großen Kampfe selbst veranlaßt
werden. Aber nichts wird unsere Ideen oder unseren Zweck ändern.
Wir wünschen nichts, was nur auf Kosten eines anderen Volkes erreicht
werden kann. Wir sind nicht länger Provinzler. Die tragischen Ereignisse
dieser Monate eines Kampfes auf Leben und Tod haben uns zu Weltbürgern
gemacht. Wir können nicht zurück. Unser eigenes Geschick als
Nation steht auf dem Spiel. Das folgende ist es, wofür wir einstehen:
daß alle Nationen gleichviel Interesse am Weltfrieden und an der
politischen Stabilität der freien Völker haben und dafür
in gleichem Maße verantwortlich sind, daß das wichtigste Prinzip
des Friedens wirkliche Gleichheit der Völker in allen Rechtsfragen
ist, daß der Friede sich nicht sicher und gerechterweise auf ein
scheinbares Rechtsgleichgewicht stützen kann, daß die Regierungen
alle gerechte Macht (wörtlich just power) von der Zustimmung der
Regierten ableiten, daß die Meere gleich frei und sicher für
alle Völker sein sollten nach Gesetzen, die durch gemeinsames Abkommen
festgesetzt sind, daß die Rüstungen der Völker auf die
innere Ordnung eines Volkes und die häusliche Sicherheit beschränkt
werden sollten; daß es die Pflicht jedes Volkes ist, darauf zu achten,
daß jeder Versuch, in anderen Ländern einer Revolution beizustehen,
streng und wirksam unterdrückt und verhindert werde. 1) |