Der Weltkrieg am 5. November 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Die Clabucetu-Stellung bei Predeal erobert 

Großes Hauptquartier, 5. November. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht: 
Übergreifend auf die Front nördlich der Ancre, erreichte die Artillerietätigkeit nördlich der Somme große Heftigkeit. Feindliche Teilangriffe hart östlich der Ancre, nördlich von Courcelette, bei Gueudecourt und nordwestlich von Sailly wurden abgeschlagen.
Heeresgruppe Kronprinz: 
Auf die in der letzten Zeit häufigere Beschießung rückwärtiger, von der Bevölkerung nicht geräumter Ortschaften unserer Champagnefront von Reims her antworteten wir gestern mit Feuer auf diese Stadt.
Rechts der Maas stellenweise gesteigerter Feuerkampf. 
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Front des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern: 
Eine wohlvorbereitete kleinere Unternehmung brachte uns fast ohne eigene Verluste in den Besitz des Dorfes Mosheiki (östlich von Goduzischki). Der Feind ließ über 60 Gefangene, mehrere Maschinengewehre und Minenwerfer in unserer Hand. 
Die Lage ist im übrigen unverändert. 
Front des Generals der Kavallerie Erzherzogs Carl: 
Im nördlichen Siebenbürgen gewannen die Russen im Tölgyesabschnitt örtliche Vorteile. An der Südfront sind gestern eingeleitete Kämpfe zwischen der Altschanz- und Bodzapaßstraße noch im Gange. Die Höhe Rosca ist von uns zurückgewonnen. 
Durch Erstürmung des Clabucetu Baiului wurden die bisherigen Erfolge vorwärts des Predealpasses vervollständigt; die ganze, besonders stark ausgebaute und mit Erbitterung verteidigte Clabucetustellung ist damit in unserem Besitz. Die verbündeten Truppen haben hier mit den gestern eingebrachten 14 Offizieren (darunter 1 Regimentskommandeur) und 647 Mann im ganzen 1747 Rumänen gefangengenommen, 8 Geschütze und 20 Maschinengewehre erbeutet. Besondere Anerkennung verdienen die Leistungen unseres Infanterieregiments Nr. 188. 
Bei der Aufräumung des Gefechtsfeldes nordöstlich von Campolung wurden allein zwischen dem Argesului- und Targuluitale rund 1000 Rumänen beerdigt. 
In fortschreitendem Angriff südöstlich des Roten Turm -Passes und im siegreichen Gefechte westlich der Szurdukpaßstraße gegen hier vorgedrungene rumänische Abteilungen machten wir über 150 Gefangene. 
Balkan-Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen: 
Konstanza und Mangalia wurden von See her beschossen. In Konstanza ist Schaden angerichtet. Durch die Küstenartillerie und Fliegerangriffe wurden die feindlichen Schiffe vertrieben.
Mazedonische Front: 
Keine Ereignisse.

Der Erste Generalquartiermeister.
 Ludendorff.
1)

Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier: 
Die Beschießung von Reims

 

"U 20" an der jütischen Küste gestrandet 

Berlin, 5. November. (Amtlich.)
Am 4. November abends ist das Unterseeboot "U 20" im Nebel nördlich Bovbjerg an der westjütischen Küste festgekommen. Alle Abschleppversuche der sofort zu Hilfe gerufenen Torpedoboote blieben erfolglos. "U 20" wurde daher am 5. November mittags gesprengt, nachdem die Besatzung in unseren Torpedobooten geborgen war. 

  Der Chef des Admiralstabs der Marine. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Italienische Angriffe im südlichen Karst abgeschlagen  

Wien, 5. November.
Amtlich wird verlautbart:
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen: 
Eine Gruppe österreichisch-ungarischer Monitoren hat am 3. November auf der Donauinsel Dinu und auf dem gegenüberliegenden rumänischen Ufer Abteilungen ans Land gesetzt; diese vertrieben den Feind und nahmen ihm 2 Geschütze und 4 Munitionswagen ab. Rumänische Verstärkungen wurden in die Flucht geschlagen.
Heeresfront des Generals der Kavallerie Erzherzogs Carl: 
Westlich der Szurdukpaßstraße setzten die Rumänen ihre Angriffe ohne Erfolg fort. Südöstlich des Vörös Toronyer (Roten Turm) -Passes gewannen wir Gelände. Südwestlich von Predeal nahmen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen in erbitterten Kämpfen die stark verschanzte und zäh verteidigte Clabucetustellung und im scharfen Nachdrängen noch eine zweite feindliche Linie; der Gegner ließ 14 Offiziere (unter ihnen 1 Regimentskommandanten) und 647 Mann in unserer Hand, womit die Gesamtbeute aus den Kämpfen südlich von Predeal auf 1747 Gefangene, 8 Geschütze und 20 Maschinengewehre stieg. Im Grenzraum östlich von Kronstadt (Brasso) setzt der Feind erneuert zum Angriff an, in der Gegend von Tölgyes wurde unsere Front an zwei Stellen um etwa 2 Kilometer zurückgedrückt. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Auf dem Karste richteten die Italiener gestern ihre Hauptanstrengungen gegen unsere Stellungen im südlichen Teile der Hochfläche. Diesmal war der Raum von Jamiano der Brennpunkt des Kampfes. Unsere dortigen Gräben wurden von früh an unter lebhaftem Feuer gehalten, das jedesmal vor dem Vorgehen der Infanterie an Stärke zunahm. Alle Angriffe, ganz besonders aber der letzte, der noch um 8 Uhr nachmittags versucht wurde, brachen unter den schwersten Feindesverlusten vor unseren Linien zusammen. 
An den anderen Teilen der Schlachtfront dauert der Artilleriekampf mit ungeschwächter Kraft fort.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
In unserem Bereich nichts Neues.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Manifest über die Errichtung des Königreichs Polen 

Verkündung in Warschau und Lublin

General d. Inf. v. Beseler
General d. Inf. v. Beseler

Berlin, 5. November. (Amtlich.)
Folgendes Manifest wird heute durch den Kaiserlichen Generalgouverneur in Warschau, General der Infanterie v. Beseler, verkündigt:

An die Bewohner des Generalgouvernements Warschau.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser und Seine Majestät der Kaiser von Österreich und Apostolischer König von Ungarn, getragen von dem festen Vertrauen auf den endgültigen Sieg ihrer Waffen und von dem Wunsche geleitet, die von ihren tapferen Heeren mit schweren Opfern der russischen Herrschaft entrissenen polnischen Gebiete einer glücklichen Zukunft entgegen zuführen, sind dahin übereingekommen, aus diesen Gebieten einen selbständigen Staat mit erblicher Monarchie und konstitutioneller Verfassung zu bilden. Die genauere Bestimmung der Grenzen des Königreichs Polen bleibt vorbehalten. Das neue Königreich wird im Anschluß an die beiden verbündeten Mächte die Bürgschaften finden, deren es zur freien Entfaltung seiner Kräfte bedarf. In einer eigenen Armee sollen die ruhmvollen Überlieferungen der polnischen Heere früherer Zeiten und die Erinnerung an die tapferen polnischen Mitstreiter in dem großen Krieg der Gegenwart fortleben. Ihre Organisation, Ausbildung und Führung wird in gemeinsamem Einvernehmen geregelt werden.
Die verbündeten Monarchen geben sich der zuversichtlichen Hoffnung hin, daß sich die Wünsche nach staatlicher und nationaler Entwicklung des Königreichs Polen nunmehr unter gebotener Rücksichtnahme auf die allgemeinen politischen Verhältnisse Europas und auf die Wohlfahrt und Sicherheit ihrer eigenen Länder und Völker erfüllen werden.
Die großen westlichen Nachbarmächte des Königreichs Polen aber werden an ihrer Ostgrenze einen freien, glücklichen und seines nationalen Lebens frohen Staat mit Freuden neu erstehen und aufblühen sehen.
Auf Allerhöchsten Befehl Seiner Majestät des Deutschen Kaisers.

Der Generalgouverneur.

Eine Kundgebung gleichen Inhalts wird von dem k. u. k. Militär-Generalgouverneur in Lublin, Feldzeugmeister Kuk, bekanntgegeben. 1)

 

Die Proklamation des Königreich Polen durch v. Beseler
Die Proklamation des Königreich Polen durch v. Beseler

Die Proklamationsfeier im Warschauer Schlosse

Ansprache des Generalgouverneurs v. Beseler

Warschau, 5. November.
Prachtvolles Herbstwetter begünstigte den heutigen geschichtlichen Tag Polens. Lebhafte Bewegung der Bevölkerung in den Straßen und Ansammlung Tausender auf dem Schloßplatz und in den Höfen der gewaltigen Gebäude kündigten die neue Epoche an.
Um 12 Uhr verlas Generalgouverneur v. Beseler im Kolonnensaal des Schlosses die Proklamation in deutscher Sprache, worauf Graf Hutten-Czapski sie in polnisch wiederholte. Der Rektor der Universität Brudzynski dankte. Der Schluß seiner Rede ging unter in dem jubelnden Ruf: "Niech Zyje!" und immer neu wiederholtem Händeklatschen. Viele polnische Festgäste waren zu Tränen gerührt. Sodann hielt Generalgouverneur v. Beseler folgende Ansprache:

"Mitten im Toben eines Weltkrieges führt der hochherzige Entschluß der verbündeten Monarchen den langgehegten Wunsch nach einem selbständigen polnischen Staate der Verwirklichung entgegen. Der trübe Zweifel: Was soll aus uns werden? findet keinen Raum mehr in den polnischen Herzen; ein neues großes Ziel ist ihnen gesteckt. Es gilt den Aufbau ihres künftigen Staates. Noch blutet das Land aus tausend Wunden. und noch täglich verlangt auch von ihm der Kampf gegen seinen einstigen Unterdrücker neue Opfer. Überall aber keimt neues Leben, überall regt sich das Streben nach tätiger Teilnahme am Befreiungskampf und an der Heilung der vom Kriege geschlagenen Wunden. So treten Sie denn vertrauensvoll an unsere Seite, so wie auch wir Ihnen unser Vertrauen entgegenbringen, um den Kampf zu einem glücklichen Ende zu führen und in gemeinsamer Arbeit den festen Grund zu legen für das polnische Königreich, in dessen Geburtsstunde wir heute stehen. Möge es sich als starkes Glied in den Bund der Staaten Europas einfügen, die durch die gleichen geistigen, politischen und wirtschaftlichen Interessen miteinander verbunden und aufeinander angewiesen sind. Das Wort der erhabenen verbündeten Monarchen verbürgt Ihnen Ihre Zukunft. Der polnische Staat ersteht, und bald wird, so hoffen wir, ein polnisches Heer, das sich aus freiem Willen um seine Fahnen schart, als Symbol staatlicher Selbständigkeit zu seinem Schutz bereitstehen. Der glücklichen Zukunft des Königreichs Polen gilt mein Wunsch."

Die Ansprache rief neue Begeisterungsstürme hervor. Die rauschenden Demonstrationen setzten sich nach Schluß des feierlichen Aktes auf dem Schloßhof und in den Straßen fort, wo Generalgouverneur v. Beseler auf der Rückfahrt nach seinem Wohnsitz, Schloß Belvedere, der Mittelpunkt andauernder freudiger Kundgebungen wurde. 1)

 

Die Proklamierung in Lublin

Lublin, 5. November. (Meldung des Wiener k. k. Korr.-Tel.-Bur.)
Heute mittag 11½ Uhr erfolgte im Festsaal des Militär-Generalgouvernements die feierliche Proklamierung der Errichtung des Königreichs Polen.
1)

 

Der bulgarische Heeresbericht:

Sofia, 5. November. 
Amtlicher Bericht vom 5. November: 
Mazedonische Front: 
Die Lage ist unverändert. Feindliche Flugzeuge griffen heute bewohnte Ortschaften hinter der Front an, ohne bemerkenswerten Schaden zu verursachen. Am Fuße der Belasitza Planina beschoß der Feind ergebnislos die Dörfer Palmich, Globochtitza, Toulovo und Gorni Poroj. Im Strumatale schwaches Artilleriefeuer. 
An der Küste des Ägäischen Meeres Ruhe.

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 5. November. 
Amtlicher Bericht vom 5. November: 
An der Kaukasusfront dauern heftige Schneestürme und Regenfälle an.

 

Der 1. Weltkrieg im November 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
5. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1917)

 

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