Der Weltkrieg am 14. Juli 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

In der Sommeschlacht gefangene Deutsche rasten auf dem Wege in ein Kriegsgefangenenlager
In der Sommeschlacht gefangene Deutsche rasten auf dem Wege in ein Kriegsgefangenenlager
Aufnahme vom 14. Juli 1916

Der deutsche Heeresbericht:

Neue vergebliche Angriffe beiderseits der Somme

Großes Hauptquartier, 14. Juli. 
Westlicher Kriegsschauplatz:
Beiderseits der Somme ist von neuem heftiger Kampf entbrannt. Die Engländer griffen heute früh im Abschnitt Wald von Mametz-Longueval an und wiederholten ihre Anstrengungen am Wäldchen von Trônes, wo sie gestern abend bereits durch einen schnellen Vorstoß unserer Reserven empfindlich getroffen waren. Nachdem die ersten Versuche blutig abgeschlagen waren, sind neue Angriffe im Gange. Die Franzosen fügten mit ihren gestrigen vergeblichen Angriffen in Gegend von Barleux und westlich von Estrées den zahlreichen Mißerfolgen der letzten Tage eine neue Enttäuschung hinzu. Weder sie selbst, noch ihre schwarzen Freunde haben auch nur einen Schritt Gelände gewinnen können .
Östlich der Maas sind französische Wiedereroberungsversuche gescheitert; sie wurden in der Gegend der Feste Souville durch unser Feuer unterbunden und bei der Feste Lauffée glatt abgewiesen. Zahlreiche feindliche Patrouillen oder stärkere Erkundungsabteilungen wurden auf der übrigen Front zurückgeschlagen, deutsche Patrouillen brachten bei Oulches, Beaulne und westlich von Markirch Gefangene ein.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: 
An der Stochodlinie warf ein Gegenstoß
bei Zarecze (nördlich der Bahn Kowel-Sarny) über den Abschnitt vorgehende Russen zurück; 160 Mann wurden gefangen genommen, zwei Maschinengewehre erbeutet. 
Unsere Flugzeuggeschwader wiederholten mit Erfolg ihre Angriffe östlich des Stochod.
Bei der Armee des Generals Grafen v. Bothmer drang der Feind gestern abermals in die vorderste Verteidigungslinie ein und wurde wiederum durch Gegenangriff mit erheblichen Verlusten geworfen.
Balkankriegsschauplatz:
Keine wesentlichen Ereignisse.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Ein englischer Hilfskreuzer und drei Wachschiffe versenkt

Berlin, 14. Juli. 
Am 11. Juli hat eines unserer Unterseeboote in der Nordsee einen englischen Hilfskreuzer von etwa 7000 Tonnen vernichtet. An demselben Tage wurden an der englischen Ostküste durch U-Boots-Angriffe drei bewaffnete englische Bewachungsfahrzeuge versenkt. Die Besatzungen derselben wurden gefangengenommen und ein Geschütz erbeutet.

Der Chef des Admiralstabes der Marine. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Ein italienischer Torpedobootszerstörer versenkt - Fliegerbombardement von Padua

Wien, 14. Juli. 
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
In der Bukowina stehen unsere Treppen nach Erfüllung der ihnen gestellten Ausgabe wieder in den alten Stellungen auf den Höhen westlich der oberen Moldawa. 
Westlich und nordwestlich von Buczacz haben die Russen gestern ihre Angriffe fortgesetzt.
Nachmittags wurden zwei breit angelegte Angriffe zurückgeschlagen. Gegen Abend gelang es einem dritten Ansturm des Feindes, nordwestlich von Buczacz einzubrechen. In erbitterten Nahkämpfen wurde der Gegner von deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen wieder vollends hinausgeworfen. Nördlich der von Sarny nach Kowel führenden Bahn nisteten sich russische Abteilungen auf dem linken Stochodufer ein. Sie werden spät abends von unseren Truppen überfallen und vertrieben, wobei 160 Gefangene und 2 Maschinengewehre in unserer Hand blieben. 
Sonst bei völlig unveränderter Lage nichts Neues.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die lebhafte Gefechtstätigkeit an der Front zwischen Brenta und Etsch hält an. Nach Artilleriefeuer setzten gegen mehrere Stellen unseres Verteidigungsabschnittes zwischen der Cima Dieci und dem Monte Rasta wiederholte Angriffe sehr bedeutender italienischer Kräfte ein. Besonders hartnäckig war der Kampf nordöstlich des Monte Rasta, wo der Feind 10 Stürme versuchte. Unsere Truppen schlugen wieder sämtliche Angriffe unter den schwersten Verlusten des Gegners ab und behaupteten alle ihre Stellungen. Unsere Linien nördlich des Posinatales standen unter heftigem Geschützfeuer. Am Pasubio wurde ein feindlicher Nachtangriff abgewiesen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ereignisse zur See:
Eines unserer Unterseeboote hat am 10. dieses Monats nachmittags in der Otrantostraße einen Italienischen Torpedobootszerstörer des Typs "Indomito" versenkt. In der Nacht vom 13. auf den 14. hat ein Seeflugzeuggeschwader militärische Objekte und Bahnhofsanlagen von Padua sehr wirkungsvoll mit zahlreichen Bomben belegt. Die Flugzeuge, welche Abwehrbatterien heftig beschossen wurden, kehrten unversehrt zurück.

Flottenkommando. 1)

 

Die falschen russischen Gefangenenzahlen

General Brussilow
General Brussilow

Wien, 14. Juli. (W. B.)
Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet:
Es bedarf nicht besonderen authentischen Materials, um die Lächerlichkeit der von den Russen amtlich bekanntgegebenen Gefangenenzahlen nachzuweisen, die, wie der gestrige österreichisch - ungarische Generalstabsbericht hervorgehoben hat, nicht wesentlich geringer sind als die gesamte Gefechtsstärke der seit dem 4. Juni in ernstere Kämpfe verwickelt gewesenen österreichisch-ungarischen Truppen. Die Länge unserer Nordostfront schwankt zwischen 450 und 500 Kilometer. Davon waren die Truppen in einer Ausdehnung von 150 bis 200 Kilometer in reine Verteidigungsgefechte verwickelt, bei denen alle russischen Angriffe abgeschlagen wurden. Es verbleiben also 250 bis 300 Kilometer Frontraum, wo die Russen uns so unerhört viele Gefangene abgenommen haben sollen. Erfahrungsgemäß entfällt im heutigen Krieg angesichts der vervielfältigenden Wirkung des Repetier- und Maschinengewehrs sowie der Schnellfeuergeschütze bei reiner Abwehr regelmäßig weniger als ein Infanterist auf den Meter Besetzungsdichte. Rechnet man aber einen Kämpfer pro Meter, so ergibt dies auf 250 bis 300 Kilometer 250000 bis 300000 Mann. Damit hätte der Feind alle unsere an angegriffenen Stellen kämpfenden Truppen bis auf den letzten Tambour als gefangen abgeführt. Zählt man dazu noch eine entsprechende Menge blutiger Verluste, so wäre gemäß den russischen Angaben selbst bei Annahme außergewöhnlich dichter Besetzung von zwei Mann pro Meter von den zuerst angegriffenen Truppen weder in Wolhynien noch in Ostgalizien ein tauglicher Kämpfer in der Gefechtslinie übriggeblieben. Die Absichten solcher auch für den Laien handgreiflichen Lügen finden einige Erklärung im Treiben russischer Sendlinge in verschiedenen von der Ententepolitik heimgesuchten neutralen Hauptstädten. Die Russen wollen offenkundig durch unerhört hohe Beutezahlen die Enttäuschungen verwischen, die der bisherige Verlauf der Brussilowschen Offensive, mag sie immerhin einige Erfolge aufzuweisen haben und auch noch keineswegs abgeschlossen sein, bei den Verbündeten und Neutralen zweifellos hervorgerufen hat. Nicht anders sind auch die geflissentlich verbreiteten Schauermärchen des russischen Generalstabs über den Übertritt ganzer österreichisch - ungarischer Truppenkörper zu deuten. Es ist klar, daß mit solchen Nachrichten das Märchen von der Lebensunfähigkeit der Monarchie wieder aufgefrischt werden soll, das vor dem Krieg zu den Hauptaktionen der Entente-Politik gehörte, in den zwei letzten Jahren aber durch die Tat gründlich widerlegt wurde.
2)

 

Die Heeresbedürfnisse der Entente

Lloyd George
Lloyd George

London, 14. Juli. (W. B.)
Reuter meldet:
In einer Konferenz der Verbündeten im britischen Kriegsamt führte Lloyd George u. a. aus: Jetzt hat die gemeinsame Offensive im Osten und Westen dem Feinde die Initiative entrissen, die er, wie ich hoffe, nie wieder zurückerhalten wird. Wir haben die Wasserscheide überschritten, wo der Sieg sich uns zuzuneigen beginnt. Es gehört zu den Aufgaben dieser Konferenz zu untersuchen, warum die Aussichten sich gebessert haben. Die Antwort ist, daß die Ausrüstung unserer Armeen enorm verbessert ist und fortfährt verbessert zu werden. Lloyd George erklärte sodann: Bis vor kurzem hat die Marine mehr als die Hälfte der Metallarbeiter dieses Landes in Anspruch genommen. Die Aufgabe, neue Schiffe für die riesige Flotte zu bauen und die alten zu reparieren, beschäftigt eine Million Mann. Zu Beginn des Krieges zählte die Armee wenige hunderttausend Mann, unsere Arsenale und die Ausrüstung für die Armee hielten sich in entsprechenden Grenzen. Wir mußten mit fast nichts anfangen und die Arsenale errichten, die die Munition für die riesige Armee, die jetzt im Felde steht, beschaffen müssen. Die meisten unserer neuen Fabriken sind jetzt fertig. Hunderttausende von Männern und Frauen, die vorher von der Metallarbeit und der chemischen Arbeit nichts verstanden, sind in der Munitionserzeugung geschult. Jeden Monat werden Hunderte von leichten, mittleren und schweren Kanonen und Haubitzen hergestellt. Die Zahl unserer schweren Kanonen nimmt rasch zu. Unsere Artillerie verschießt in einer einzigen Woche beinahe zweimal so viel Munition und fast dreimal so viel schwere Geschosse wie bei der großen Offensive im September. Die neuen Fabriken und Werkstätten, die wir errichtet haben, haben noch nicht ein Drittel ihrer vollen Produktionsfähigkeit erreicht, sie steigt mit großer Geschwindigkeit. Die Hauptschwierigkeiten der Organisation, Konstruktion, Ausrüstung und Beschaffung von Arbeitskräften sind aus dem Wege geräumt. Wenn die Beamten, Arbeitgeber und Arbeiter mit demselben Eifer bei der Arbeit bleiben, wie bisher, so werden die erzeugten Mengen bald überwältigend sein. Die Tatsache, daß Frankreich nach Monaten des furchtbaren ununterbrochenen Munitionsverbrauchs bei Verdun noch über genügende Vorräte verfügt um eine selbständige Offensive in einem beträchtlichen Umfange zu unternehmen, ist der beste Beweis für den Erfolg der Bemühungen des Unterstaatssekretärs Thomas. Ich nehme an, daß  die Verbesserung der russischen Munition für den Feind eine der größten und unangenehmsten Überraschungen gewesen ist. Wir kennen die Anstrengungen die Italien gemacht hat, und die glücklichen Resultate dieser Anstrengungen bei den jüngsten Kämpfen in den Alpen. Lloyd George kam  auf die Bedürfnisse der Armeen zu sprechen und sagte zum Schluß: Wir müssen einander durch eine gegenseitige Ausfuhr aushelfen. Wir müssen sorgfältig die Erfordernisse der verschiedenen Armeen untersuchen und uns gegenseitig mit dem Nötigen aushelfen. Der Sieg an einem Punkt bedeutet den gesamten Sieg.
2)

 

Kriegs- und Zivilgefangene

London, 14. Juli.
Im Unterhause teilte der Unterstaatssekretär des Auswärtigen den Inhalt der deutschen Antwortnote auf die englische Denkschrift bezüglich der Ruhlebener Kriegsgefangenen mit. Die deutsche Regierung stellt kategorisch die Anschuldigung in Abrede, daß sie der ihr zukommenden Pflicht der Ernährung der Gefangenen nicht in genügender Weise obliege, und daß die Rationen der Zivilgefangenen kleiner seien als die der Soldaten. Die deutsche Regierung gestatte die Sendung von Lebensmitteln in Kollektivpaketen, sofern diese nicht in größerer Menge Eßwaren enthalten, als die Deutschen ihrerseits infolge der englische Blockade nur in sehr beschränktem Maße erhalten können. Würde England auf dem Repressalienwege die Rationen der deutschen Gefangenen verringern, so würde die deutsche Regierung nicht allein diese Kollektivpakete verbieten, sondern auch alle Einzelsendungen untersagen und Weisungen geben, daß die Kommandanten der Gefangenenlager Maßnahmen ergreifen sollten, die den in England den deutschen Gefangenen gegenüber ergriffenen entsprechen würden. Die deutsche Regierung ist dem Vorschlag, die Zivilgefangenen auszutauschen, nicht abgeneigt, obwohl sie die Auffassung hat, daß dieser Austausch nicht auf Grundlage der Freilassung einer entsprechenden Anzahl deutscher Zivilgefangener erfolgen könne angesichts der Schwierigkeiten hinsichtlich der Auswahl der betreffenden Gefangenen. Die deutsche Note schließt mit der Erklärung, daß Deutschland weitere Mitteilungen in dieser Hinsicht erwarte. Der Unterstaatssekretär des Auswärtigen erklärte zu dieser Frage, es scheine ihm, als ob Deutschland den Austausch sämtlicher Deutschen gegen alle in Deutschland internierten Engländer fordere. Dieser Vorschlag sei jedoch nicht annehmbar, da seine Ausführung die Freilassung von 26000 Deutschen gegen 4000 Engländer bedeuten würde. Die englische Regierung habe bereits den Austausch aller Zivilgefangenen über 50 Jahre sowie den Austausch der zum Militärdienst untauglichen Zivilgefangenen über 45 Jahre vorgeschlagen. Die Regierung werde ihre Vorschläge wiederholen. Außerdem werde England vorschlagen, daß alle nicht ausgetauschten Zivilpersonen in einem neutralen Lande interniert werden sollen. Ein Deputierter fragte, ob die Regierung damit sagen wolle, daß sie die Repressalienpolitik aufnehmen wolle. Lord Cecil erwiderte, dieser Schluß sei falsch, die Regierung behalte sich das Recht vor, Repressalien zu verfügen, falls dies der einzige Weg sein sollte, Gerechtigkeit zu erlangen.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Juli 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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