Der Weltkrieg am 29. Februar 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

FRANZÖSISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Siegreiches Vordringen im Woëvregebiet

17000 Gefangene; 78 Geschütze, 86 Maschinengewehre erbeutet

Großes Hauptquartier, 29. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die verstärkte Artillerietätigkeit hielt an vielen Stellen an.
Östlich der Maas stürmten wir ein kleineres Panzerwerk dicht nordwestlich des Dorfes Douaumont. Erneute feindliche Angriffsversuche in dieser Gegend wurden schon in der Entwicklung erstickt.
In der Woëvre überschritten unsere Truppen Dieppe, Abaucourt, Blanzee. Sie säuberten das ausgedehnte Waldgebiet nordöstlich von Watronville und Haudiomont und nahmen in tapferem Anlauf Manheulles sowie Champlon.
Bis gestern abend waren an unverwundeten Gefangenen gezählt: 228 Offiziere, 16575 Mann. Ferner wurden 78 Geschütze, darunter viele schwere neuester Art, 86 Maschinengewehre und unübersehbares Material als erbeutet gemeldet.
Bei der Försterei Thiaville (nordöstlich von Badonviller) wurde ein vorspringender Teil der französischen Stellung angegriffen und genommen. Eine größere Anzahl Gefangener blieb in unserer Hand.
Östlicher und Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Schlacht bei Verdun

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt:
Die Schlacht im Norden von Verdun nimmt ihren planmäßigen und natürlichen Verlauf: Trommelfeuer, Infanteriesturm, Befestigung und Verteidigung des Gewonnenen gegen Gegenangriffe und Vorbereitung der nächsten Etappe durch Vorziehung der Artillerie, Auffüllung der Mannschafts- und Munitionsbestände - neue Feuerüberfalle und neue siegreiche Stürme. Wenn auch die Methode des Angriffs und der Kombination anders sein mag als früher: der Wechsel von Kampf und kurzer Rast kann nicht vermieden werden. Es müssen gewaltige Lasten vorwärts bewegt werden. Überdies ist das Gelände hügelig. Die Straßen mögen wohl durch die gewaltigen Explosionen geradezu zersetzt sein. Unsere Führer schreiten kühl und vorsichtig voran: desto sicherer ist uns der Erfolg
Unser rechter Flügel an der Maas ist wiederum ein gutes Stück vorgerückt und hat die Maasschleife bei Champneuville gesäubert. Das Gelände ist dort ganz offen und den Kanonen der Festungswerke von Marre (links der Maas) ausgesetzt, die kaum drei Kilometer entfernt sind. Diese Geschütze müssen von unserem Artilleriefeuer zugedeckt sein, sonst wäre es nicht möglich gewesen, in die Maasschleife einzudringen. Das Bombardement links der Maas (von dem die Franzosen wiederholt berichteten, hat also anscheinend guten Erfolg gehabt. Unsere Flanke ist dadurch gesichert. Die Stellungen unserer Truppen bei und im Fort Douaumont und bei den Werken von Hardaumont sind trotz aller Gegenangriffe gehalten worden. Es ist wichtig, daß die Franzosen bereits seit (mindestens) zwei Tagen "neuherangeführte Massen" bei ihren nutzlosen Gegenangriffen verschwenden müssen. Da die Verteidigungsoperationen naturgemäß improvisiert und wahrscheinlich auch aus Nervosität überstürzt sind, erklärt es sich, daß die Verluste der Franzosen bei diesen Gegenstürmen ganz unverhältnismäßig größer sind als die unseren. Die Franzosen scheinen bereits einen großen Teil ihrer Reserven eingesetzt zu haben. Ob die Heranziehung frischer Truppen auf Kosten der Sicherheit anderer Frontabschnitte erfolgt ist, läßt sich nicht beurteilen, denn wir haben ähnliche erfolgreiche Vorstöße wie die jetzt aus der Champagne gemeldeten schon vor Beginn der Offensive bei Verdun zu verzeichnen gehabt. Es ist bemerkenswert, daß unser Angriff zwischen Somme-Py und Souain (halbwegs zwischen diesen beiden Orten liegt das Gehöft von Navarin) zu einem weit größeren Erfolg geführt hat als der vor zwei Tagen unternommene Vorstoß der Franzosen. Unser Gewinn an Boden und Beute ist erheblich größer. Es sei auch hervorgehoben, daß der deutsche Tagesbericht sagt, daß die Artilleriekämpfe "vielfach größere Heftigkeit" erreicht haben. Dieser Umstand durfte die Unsicherheit der Gegner ohne Zweifel erhöhen. Oder suchen sie uns abzulenken?
Unsere rapiden Fortschritte nördlich von Verdun haben vermutlich bei der Entwickelung der Ereignisse in der Woëvre-Ebene entscheidend mitgewirkt. Die Franzosen stellen die Sache sogar so hin, als marschierten sie aus freien Stücken und ohne verfolgt zu werden auf die Maashöhen zurück, womit sie übrigens die strategischen Schwierigkeiten anerkennen, in die sie durch den Angriff im Norden Verduns gebracht worden sind. Aber jene Darstellung ist ebenso unrichtig wie die Behauptung, es handle sich nur um die Zurückziehung kleiner vorgeschobener Deckungs-Abteilungen. Die Woëvre-Front war den Franzosen bisher außerordentlich wichtig, sonst hätten sie vor einem Jahr nicht wochenlang unter großen Opfern versucht (in der Schlacht "zwischen Maas und Mosel") gerade hier und zwar bei dem kürzlich erwähnten Ort Marcheville durchzustoßen. Man läßt auch allein schon wegen der Moral der Truppen ohne Zwang keine Stellung im Stich, an der man anderthalb Jahre lang festgehalten hat. Der Rückzug zur Côte Lorraine geht vielmehr vermutlich unter sehr heftigen Kämpfen vor sich.

 

Ein Geheimbefehl des General Joffre

Joffre
Joffre

Berlin, 29. Februar.
Unter den in den letzten Tagen erbeuteten Papieren befindet sich folgender Befehl aus dem französischen Hauptquartier:

"Gr. H.-Qu. Gen.-Stab. No. 18630. Geheim. 31. Jan. 1916. Anweisung für die Oberbefehlshaber der Heeresgruppen. Mehrfach hat der Feind in der letzten Zeit an verschiedenen Stellen unserer Front kleine örtliche Angriffe gemacht. Jedesmal hat er Erfolg gehabt und ihn behauptet. Dieser Zustand kann nicht fortdauern, ohne die Stimmung der Armee zu drücken. Ich kann nicht zulassen, daß die Zeitspanne des Abwartens, die wir durchmessen, zur Tatenlosigkeit führt. Die Führung aller Dienstgrade muß muß sich darauf einrichten, den deutschen Unternehmungen zuvorzukommen und sie zurückzuweisen. Das wird sich, ohne die Infanterie allzu großen Verlusten auszusetzen, dadurch erreichen lassen, daß jedesmal die gesamte zur Verfügung stehende Artillerie (schwere Artillerie, Feldartillerie und Grabenartillerie) unverzüglich zur Wirkung gebracht wird, unter einem Einsatz von Munition nach Ermessen. Auf diese Weise wird der Gegenangriff gelingen können, indem er entweder sofort einsetzt und dem Feinde keine Zeit läßt, sich einzurichten, oder sobald als möglich, aber dann nach einer neuen und gründlichen Artillerievorbereitung. Die Anweisung vom 20. Januar 1915 gibt hierzu alle notwendigen Fingerzeige. gez. Joffre." 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Italienische Artillerietätigkeit am Isonzo

Wien, 29. Februar.  
Amtlich wird verlautbart:
Russischer und südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nichts Neues.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Gestern nachmittag war das italienische Geschützfeuer gegen Teile des Görzer Brückenkopfes und die Hochfläche von Doberdo wieder lebhafter.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der französische Heeresbericht:

Paris, 29. Februar. (Amtlicher Bericht von Montag nachmittag.)
In Belgien beschossen unsere Batterien die deutschen Einrichtungen gegenüber von Stenstraate. In der Champagne gelang es dem Feind, in der Gebend der Farm Navarin, im Norden von Souain, durch einen Handstreich in einige Teile unserer vorgeschobenen Linie und unseres Unterstützungsgrabens einzudringen.
In der Gegend nördlich von Verdun dauert die heftige Beschießung fort, besonders in dem mittleren Abschnitt und in dem rechten Abschnitt gegen Norden. Aus die Côte Poivre wurde kein neuer Angriffsversuch gemacht. Gestern am Abend versuchten die Deutschen wiederum mehrmals, uns das Dorf Douaumont zu entreißen. Ihre Anstrengungen brachen sich an dem Widerstand unserer Truppen, die auch durch die wütendsten Angriffe nicht zum Wanken gebracht wurden. Am Fort Douaumont, das eng umschlossen bleibt, ist die Lage unverändert. Auf dem Gelände des Dorfes Vaux ist der Kampf weniger heftig. Im Woëvre nahm der Feind gestern abend und im Laufe der Nacht eine lebhaftere Haltung an. Die Eisenbahnstation Eix wurde durch Angriff und Gegenangriff der beiden Gegner genommen und wiedergenommen. Sie blieb in unserm Besitz. Alle Angriffe gegen die Höhe 255, südöstlich von Eix, waren nicht
imstande, uns davon zu vertreiben. Ein weiter südlich angesetzter deutscher Angriff gegen Manheulles scheiterte vollständig. Unsere Artillerie erwiderte energisch die feindliche Beschießung auf der ganzen Front.
In den Vogesen beschossen wir feindliche Quartiere in der Gebend von Ban-de-Sapt.

(Amtlicher Bericht von Montag abend.)
In den Argonnen haben unsere schweren und unsere Feldbatterien ihr Feuer auf die Zugangsstraßen des Feindes gerichtet, besonders in der Gegend des Gehölzes von Cheppy. Am Morgen haben wir bei Hügel 285 eine Mine springen lassen und den Trichter besetzt.
In der Gegend nördlich von Verdun ist die Tätigkeit der beiderseitigen Artillerien noch immer sehr lebhaft außer im Abschnitt westlich der Maas, wo ein gewisses Nachlassen der feindlichen Beschießung gemeldet wird. Die Deutschen haben im Laufe des Tages mehrere Teilangriffe versucht, die durch unser Feuer und unsere Gegenangriffe zurückgewiesen wurden. Besonders westlich des Fort Douaumont haben unsere Truppen einen Kampf Mann gegen Mann geliefert; der Gegner wurde aus einer kleinen Redoute vertrieben, in der er sich hätte einrichten können. Im Woëvre sind zwei Angriffe auf Fresnes vollständig gescheitert.
In Lothringen hat sich unsere Artillerie sehr tätig gezeigt in den Abschnitten Reillon, Domèvre und Badenweiler.
1)

 

Deutschland und die Niederlande

Haag, 29. Februar.
Der Minister des Äußeren gab heute in der ersten Kammer folgende Erklärung ab: Ich kann mit der größten Bestimmtheit versichern, daß zwischen den Niederlanden und Deutschland kein geheimes Bündnis besteht oder jemals bestanden hat, auch kein geheimes Abkommen oder eine Verabredung, und daß auch noch nie ein Versuch unternommen worden ist, Verhandlungen darüber anzuknüpfen. Am 3. August 1914 teilte der deutsche Gesandte mir mündlich im Auftrage seiner Regierung mit, daß Deutschland, wenn die Niederlande neutral bleiben, die Neutralität achten wird. Auch dem niederländischen Gesandten in Berlin wurden sehr bestimmte Erklärungen gegeben.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Februar 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 4
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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