Der Weltkrieg am 14. Januar 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Artillerie- und Minenkämpfe an der Westfront

Großes Hauptquartier, 14. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Bei Sturm und Regen blieb die Gefechtstätigkeit auf vereinzelte Artillerie-, Handgranaten- und Minenkämpfe beschränkt.
Östlicher und Balkankriegsschauplatz:
Keine Ereignisse von besonderer Bedeutung.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Mordtat der "Baralong" 

Ankündigung deutscher Vergeltungsmaßregeln

Berlin, 14. Januar.
Die deutsche Regierung hat am 12. Januar dem amerikanischen Botschafter in Berlin folgende Erwiderung auf die britische Erklärung vom 14. Dezember 1915 über den Fall "Baralong" zur Übermittlung an die britische Regierung übergeben:
Erwiderung der deutschen Regierung auf die Erklärungen der britischen Regierung zu der deutschen Denkschrift über den "Baralong"-Fall.
Die britische Regierung hat die deutsche Denkschrift über den "Baralong"-Fall dahin beantwortet, daß sie einerseits die Richtigkeit der ihr von der deutschen Regierung mitgeteilten Tatsachen in Zweifel zieht, anderseits gegen die deutschen Streitkräfte zu Lande und zu Wasser den Vorwurf erhebt, vorsätzlich ungezählte Verbrechen wider das Völkerrecht und die Menschlichkeit begangen zu haben, die keine Sühne erfahren hätten und denen gegenüber die angebliche Straftat des Kommandanten und der Mannschaft der "Baralong" völlig zurücktrete. Für diesen Vorwurf hat die britische Regierung keinerlei Beweise beigebracht, sondern sich darauf beschränkt, ohne irgendwelche Belege drei im Seekriege vorgekommene Einzelfälle anzuführen, wo deutsche Offiziere völkerrechtswidrige Grausamkeiten verübt haben sollen. Die britische Regierung schlägt vor, diese Fälle durch einen aus amerikanischen Marineoffizieren bestehenden Gerichtshof untersuchen zu lassen, und ist unter dieser Voraussetzung bereit, dem bezeichneten Gerichtshofe auch den "Baralong"-Fall zu unterbreiten.
Die deutsche Regierung legt die schärfste Verwahrung ein gegen die unerhörten und durch nichts erwiesenen Anschuldigungen der britischen Regierung gegen die deutsche Armee und die deutsche Marine sowie gegen die Unterstellung, als ob die deutschen Behörden etwaige zu ihrer Kenntnis gelangende Straftaten solcher Art unverfolgt lassen. Die deutsche Armee und die deutsche Marine beobachten auch im gegenwärtigen Kriege die Grundsätze des Völkerrechts und der Menschlichkeit, und die leitenden Stellen halten streng darauf, daß alle dagegen etwa vorkommenden Verstöße genau untersucht und nachdrücklich geahndet werden. Auch die drei von der britischen Regierung aufgeführten Fälle sind seinerzeit durch die zuständigen deutschen Behörden einer eingehenden Untersuchung unterzogen worden. Dabei hat sich zunächst in dem Falle der Versenkung des britischen Dampfers "Arabic" durch ein deutsches Unterseeboot ergeben, daß der Kommandant des Unterseeboots nach Lage der Umstände die Überzeugung gewinnen mußte, der Dampfer sei im Begriff, sein Fahrzeug zu rammen; er glaubte daher in berechtigter Notwehr zu handeln, als er seinerseits zum Angriff auf das Schiff überging. Der weiter angeführte Fall des Angriffs eines deutschen Torpedobootszerstörers auf ein britisches Unterseeboot in den dänischen Hoheitsgewässern hat sich in der Weise abgespielt, daß es in diesen Gewässern zwischen den beiden Kriegsschiffen zum Kampfe gekommen ist und daß sich dabei das Unterseeboot durch Geschützfeuer gewehrt hat; daß bei dem deutschen Angriff die dänische Neutralität verletzt worden ist, wird von der britischen Regierung um so weniger geltend gemacht werden können, als die britischen Seestreitkräfte in einer Reihe von Fällen deutsche Schiffe in neutralen Gewässern angegriffen haben. In dem Falle der Vernichtung des britischen Dampfers "Ruel" endlich hat das deutsche Unterseeboot lediglich die von der deutschen Regierung im Februar 1915 angekündigten Vergeltungsmaßnahmen zur Anwendung gebracht; diese Maßnahmen entsprechen dem Völkerrecht, da England bemüht ist, durch die völkerrechtswidrige Lahmlegung des legitimen Seehandels der Neutralen mit Deutschland diesem jede Zufuhr abzuschneiden und damit das deutsche Volk der Aushungerung preiszugeben, gegenüber völkerrechtswidrigen Handlungen aber angemessene Vergeltung geübt werden darf. In allen drei Fällen hatten es die deutschen Seestreitkräfte nur auf die Zerstörung der feindlichen Schiffe, keineswegs aber auf die Vernichtung der sich rettenden wehrlosen Personen abgesehen; die entgegenstehenden Behauptungen der britischen Regierung müssen mit aller Entschiedenheit als unwahr zurückgewiesen werden.
Das Ansinnen der britischen Regierung, die erwähnten drei Fälle gemeinsam mit dem "Baralong"-Fall durch einen aus amerikanischen Marineoffizieren gebildeten Gerichtshof untersuchen zu lassen, glaubt die deutsche Regierung als unannehmbar ablehnen zu sollen. Sie steht auf dem Standpunkt, daß die gegen Angehörige der deutschen Streitmacht erhobenen Beschuldigungen von den eigenen zuständigen Behörden untersucht werden müssen und daß diese jede Gewähr für eine unparteiische Beurteilung und gegebenenfalls auch für eine gerechte Bestrafung bieten. Ein anderes Verlangen hat sie auch gegenüber der britischen Regierung in dem "Baralong"-Fall nicht gestellt, wie sie denn keinen Augenblick zweifelt, daß ein aus britischen Seeoffizieren zusammengesetztes Kriegsgericht den feigen und heimtückischen Mord gebührend ahnden würde. Dieses Verlangen war aber um so berechtigter, als die der britischen Regierung vorgelegten eidlichen Aussagen amerikanischer, also neutraler, Zeugen die Schuld des Kommandanten und der Mannschaft der "Baralong" so gut wie außer Frage stellen.
Die Art, wie die britische Regierung die deutsche Denkschrift beantwortet hat, entspricht nach Form und Inhalt nicht dem Ernst der Sachlage und macht es der deutschen Regierung unmöglich, weiter mit ihr in dieser Angelegenheit zu verhandeln. Die deutsche Regierung stellt daher als Endergebnis der Verhandlungen fest, daß die britische Regierung das berechtigte Verlangen auf Untersuchung des "Baralong"-Falles unter nichtigen Vorwänden unerfüllt gelassen und sich damit für das dem Völkerrecht wie der Menschlichkeit hohnsprechende Verbrechen selbst verantwortlich gemacht hat. Offenbar will sie den deutschen Unterseebooten gegenüber eine der ersten Regeln des Kriegsrechts, nämlich außer Gefecht gesetzte Feinde zu schonen, nicht mehr innehalten, um sie so an der Führung des völkerrechtlich anerkannten Kreuzerkrieges zu verhindern.
Nachdem die britische Regierung eine Sühnung des empörenden Vorfalls abgelehnt hat, sieht sich die deutsche Regierung genötigt, die Ahndung des ungesühnten Verbrechens selbst in die Hand zu nehmen und die der Herausforderung entsprechenden Vergeltungsmaßnahmen zu treffen.

Berlin, den 10. Januar 1916. 1)

 

Cetinje
Cetinje

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Einzug der k. u. k. Truppen in Cetinje

Wien, 14. Januar.
Amtlich wird verlautbart:
Die Hauptstadt Montenegros ist in unserer Hand. Den geschlagenen Feind verfolgend, sind unsere Truppen gestern nachmittag in Cetinje, der Residenz des montenegrinischen Königs, eingerückt. Die Stadt ist unversehrt, die Bevölkerung ruhig.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

 

Fünf russische Angriffe in Beßarabien erfolgreich abgewiesen

Die Verfolgung in Montenegro

Wien, 14. Januar.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Der Feind versuchte seit gestern früh neuerlich, unsere beßarabische Front bei Toporoutz und östlich von Rarancze zu durchbrechen. Er unternahm fünf große Angriffe, deren letzter in die heutigen Morgenstunden fiel. Er mußte aber jedesmal unter den schwersten Verlusten zurückgehen. Hervorragenden Anteil an der Abwehr der Russen hatte abermals das vorzüglich geleitete, überwältigende Feuer unserer Artillerie. Seit Beginn der Schlacht in Ostgalizien und an der bessarabischen Front wurden bei der Armee des Generals Freiherrn Pflanzer-Baltin und bei den österreichisch-ungarischen Truppen des Generals Grafen Bothmer über 5100 Gefangene, darunter 30 Offiziere und Fähnriche, eingebracht. Bei Karpilowka in Wolhynien zersprengten unsere Streifkorpskommandos einige russische Feldwachen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Südwestfront ereignete sich nichts von Bedeutung. Einzelne Punkte bei Malborghet und Raibl standen unter feindlichem Geschützfeuer. Die Tätigkeit der italienischen Flieger erstreckte sich auch auf den Raum von Triest. Eine auf Spirano abgeworfene Bombe verursachte keinen Schaden.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die Montenegriner haben unter Preisgabe ihrer Hauptstadt an allen Punkten ihrer Süd- und Westfront den Rückzug angetreten. Unsere Truppen sind in der Verfolgung über die Linie Budua-Cetinje-Grab-Grahovo hinausgerückt und dringen auch östlich von Bileca und bei Avtovac ins montenegrinische Gebiet ein. Bei Grahovo fielen 3 Geschütze samt Bedienung, 500 Gewehre, 1 Maschinengewehr, viel Munition und anderes Kriegsgerät in unsere Hand. Bei Berane und westlich von Ipek nichts Neues.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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