Der Weltkrieg am 4. November 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Bulgaren vor Nisch

Die Erstürmung des Berges Kalafat

Großes Hauptquartier, 4. November.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich von Massiges stürmten unsere Truppen einen nahe vor unserer Front liegenden französischen Graben in einer Ausdehnung von 800 Meter. Der größte Teil der Besatzung ist gefallen; nur 2 Offiziere (darunter 1 Major) und 25 Mann wurden gefangengenommen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Vor Dünaburg wird weiter gekämpft. An verschiedenen Stellen wiederholten die Russen ihre Angriffe. Überall wurden sie zurückgeschlagen. Besonders starke Kräfte setzten sie bei Garbunowka ein; dort waren ihre Verluste auch am schwersten. Das Dorf Mikulischki konnten sie im Feuer unserer Artillerie nicht halten. Es ist wieder von uns besetzt.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Keine wesentlichen Ereignisse.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen:
Die Russen versuchten gestern früh einen Überfall auf das Dorf Kuchoka-Wola. In das Dorf eingedrungene Abteilungen wurden sofort wieder hinausgeworfen.
Ein abermaliger Versuch des Feindes, durch starke Gegenangriffe uns den Erfolg westlich von Czartorysk streitig zu machen, scheiterte. Aus den vorgestrigen Kämpfen wurden insgesamt 5 Offiziere, 1117 Mann als Gefangene und 11 Maschinengewehre eingebracht.
Bei den Truppen des Generals Grafen v. Bothmer wurde auch gestern noch in und bei Siemikowce gekämpft; die Zahl der bei dem Dorfkampf gemachten Gefangenen hat sich auf 3000 erhöht. Russische Angriffe südlich des Ortes brachen zusammen.
Balkankriegsschauplatz:
Gegen zähen feindlichen Widerstand sind unsere Truppen beiderseits des Koslenikberglandes (nördlich von Kraljevo) im Vordringen. Östlich davon ist die allgemeine Linie Zakuta - Vk. Poelica - Jagodina überschritten. Östlich der Morawa weicht der Gegner; unsere Truppen folgen. Es wurden 650 Gefangene gemacht.
Die Armee des Generals Bojadjieff hat Valakonje und Boljevac (an der Straße Zajecar - Paracin) genommen und im Vorgehen von Srvljig auf Nisch den Kalafat (10 Kilometer nordöstlich von Nisch) erstürmt.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Zentrumspartei über die Friedensziele

Berlin, 4. Novbr. (W. B.)
Wie aus Frankfurt a. M. gemeldet wird, hat der Reichsausschuß der Zentrumspartei in seiner dortigen Tagung folgenden Beschluß gefaßt:
"Die Weltaufgabe, die der Tüchtigkeit und dem Fleiße des deutschen Volkes gesetzt worden ist, fordert die volle Bewegungsfreiheit seiner schaffenden Kräfte in der Heimat, auf dem freien Meer und über See. Die äußere Bedingung für eine gedeihliche Entwicklung des deutschen Volkes ist, wie die Erfahrungen des Weltkrieges klar gezeigt haben, eine erhöhte Sicherheit gegen die militärischen und wirtschaftlichen Vernichtungspläne der Feinde. Die furchtbaren Opfer, die der Krieg unserem Volke auferlegt, rufen nach einem verstärkten Schutze unseres Landes im Osten und Westen, der es den Feinden verleidet, uns wieder zu überfallen und der die volkswirtschaftliche Versorgung unserer wachsenden Bevölkerung dauernd gewährleistet. Zu dieser erhöhten Sicherung unseres Reiches muß eine solche unserer verbündeten Staaten treten. Neben dem Schutz der äußeren Güter erhoffen wir aber zur Begründung des Glückes unseres teuren Vaterlandes noch eine sorgsame Pflege der sittlich-religiösen Volkskräfte, weil sie die Ursache einer wahren Größe Deutschlands und das Mittel göttlicher Führung zu all den wunderbaren Erfolgen deutscher Großtaten sind. Was Deutschlands Fürsten und Bürger, Heer und Flotte, die Männer auf dem Schlachtfeld und im Schützengraben, auf den Kriegsschiffen ob und unter der See und in der Luft, sowie was Männer und Frauen der Arbeit bisher geleistet haben, erfüllt uns mit dem Gefühl unauslöschlichen Dankes und der frohen Zuversicht, daß es mit Gottes Gnade gelingen wird, den Endsieg zu erringen für Deutschlands Wohl und Ehre."
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Vergebliche russische Angriffe gegen die Strypafront

Wien, 4. November.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Der Feind setzte seine Angriffe gegen die Strypafront fort. Die gegen die Stellung bei Wisniowczyk und Burkanow gerichteten Angriffe brachen vor unseren Hindernissen zusammen. Vor den Schützengräben zweier Bataillone wurden 500 russische Leichen begraben. Im Dorfe Siemikowce nördlich von Bieniawa wird nach wie vor heftig gekämpft. Österreichisch - ungarische und deutsche Truppen gewannen den Ort fast ganz zurück. Die Zahl der in diesem Raume eingebrachten Gefangenen beträgt 3000. Auch am unteren Styr wurden zahlreiche Vorstöße des Gegners abgeschlagen. Bei den vorgestrigen Kämpfen westlich von Czartorysk hat ein aus Truppen beider Heere zusammengesetztes Armeekorps insgesamt 5 russische Offiziere und 1117 Mann gefangengenommen und 11 Maschinengewehre erbeutet.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Angriffe der Italiener auf den Görzer Brückenkopf und die Nachbarabschnitte dauern fort. Gestern waren die heftigsten Stürme gegen Zagora, die Podgorahöhen und den Monte San Michele gerichtet. Wieder wurde der Feind überall abgewiesen. Auf den Podgorahöhen wird um einzelne Gräben noch gekämpft.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Östlich von Trebinje ist ein Angriff gegen die montenegrinischen Grenzstellungen im Gange. Östlich von Bileca und südlich von Avtovac wurden in den dort erkämpften Positionen feindliche Vorstöße abgeschlagen. Auf dem Berg Bobija kam es zu Handgranatenkampf. Der serbische Widerstand im Raume von Kragujevac und bei Jagodina wurde gebrochen. Der Feind ist im Zurückweichen. Von der Armee des Generals v. Koeveß rückten österreichisch-ungarische Streitkräfte über Pozega hinaus. Die Verbindung zwischen Usice und der östlich von Visegrad kämpfenden Gruppe ist hergestellt. Südwestlich von Cacak warfen wir den Feind von den das Tal beherrschenden Höhen. Andere österreichisch- ungarische Kolonnen nahmen die Höhen Stolica und Lipnica Glavica und drängen die Serben auf den Drobnjarücken zurück. Deutsche Truppen rückten in Jagodina ein.
Von den bulgarischen Kräften drang eine Kolonne bis Boljevac südwestlich von Zajecar vor. Eine andere nahm den Berg Lipnica nordöstlich von Nisch. Die Angriffe der Bulgaren
südwestlich von Pirot gewinnen Raum.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 4. November.
An der Dardanellenfront dauerte das örtliche Feuergefecht mit stärkerem gegenseitigen Artilleriekampf an. Ein Torpedoboot bei Ari Burun und zwei Kreuzer bei Sed ül Bahr nahmen an diesem Feuer teil. Unsere Artillerie zerstörte zwei feindliche Maschinengewehrstellungen bei Kansilirt (Ari Burun) und vor unserem rechten Flügel bei Sed ül Bahr. Unsere anatolischen Küstenbatterien verjagten ein feindliches Transportschiff, das sich der Landungsstelle bei Sed ül Bahr zu nähern versuchte.
An der Kaukasusfront schlugen wir einen feindlichen Überfall im Abschnitt von Narman zurück.

 

Neue Ministerkrisis in Griechenland

Zaimis
Zaimis
Venizelos
Venizelos

Athen, 4. November. (Meldung der Agence Havas.)
Da es bei der Erörterung der militärischen Gesetzanträge in der Kammer zu einem Zwischenfalle zwischen dem Kriegsminister und der Venizelistischen Mehrheit kam, stellte Ministerpräsident Zaimis die Vertrauensfrage. Venizelos erklärte, es sei den Liberalen unmöglich, die Regierung zu unterstützen, deren Politik den Interessen des Landes unheilvoll sei. Alle Parteiführer griffen sodann in die Debatte ein. Die Regierung kam mit 114 gegen 147 Stimmen in die Minderheit. Infolge dieses Mißtrauensvotums der Kammer erklärte Zaimis, die Ministerkrisis liege offen zutage. Er ersuchte die Kammer, sich bis zur Bildung eines neuen Kabinetts zu vertagen.

Der 1. Weltkrieg im November 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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