Der Weltkrieg am 24. September 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Hartnäckige Kämpfe im Osten -
Steigende Artillerietätigkeit im Westen

Großes Hauptquartier, 24. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die Artillerie- und Fliegertätigkeit auf der ganzen Front steigerte sich im Laufe des gestrigen Tages.
Ein südlich des Kanals von La Bassée angesetzter Angriff weißer und farbiger Engländer scheiterte bereits in unserem Artilleriefeuer.
An der Küste wurde ein englisches Flugzeug abgeschossen. Der Führer ist gefangengenommen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Südwestlich von Lennewaden sind die Orte Rose und Strigge, die vorübergehend geräumt waren, wiedergenommen. Vor Dünaburg wurden nordöstlich von Smelina weitere russische Stellungen gestürmt und dabei etwa 1000 Gefangene gemacht. Unsere bei Wilejka in der Flanke der zurückgehenden Russen befindlichen Kräfte stehen in hartnäckigem Kampfe. Starke russische Angriffe hatten an einer Stelle vorübergehend Erfolg; dabei gingen mehrere Geschütze, deren Bedienung bis zuletzt ausharrte, verloren. Die dem weichenden Gegner scharf nachdrängende Front hat die Linie Soly - Olschany - Traby - Iwje - Nowo-Grodek überschritten.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Der Widerstand des Feindes ist auf der ganzen Front gebrochen. In der Verfolgung ist der Serewetschabschnitt oberhalb von Korelitschi sowie der Szczaraabschnitt nordwestlich von Kraschin erreicht. Weiter südlich fanden noch Kämpfe mit feindlichen Nachhuten statt. 100 Gefangene und 3 Maschinengewehre fielen in unsere Hand.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Die vorgeschobenen Abteilungen nordöstlich und östlich von Logischin wurden vor einem umfassenden russischen Angriff hinter den Oginskikanal und die Jasiolda zurückgenommen. Sie führten dabei 2 Offiziere, 100 Mann Gefangene mit sich.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Keine Veränderung.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

12 030 000 000 Mark dritte Kriegsanleihe gezeichnet

Berlin, 24. September.
Die Zeichnungen auf die dritte deutsche Kriegsanleihe haben nach den bis jetzt vorliegenden Ergebnissen eine Summe von 12030 Millionen erbracht. Einzelne kleine Teilergebnisse stehen noch aus.

 

Der Kaiser über das Zeichnungsergebnis

Berlin, 24. September.
Der Kaiser hat an den Staatssekretär des Reichsschatzamts Dr. Helfferich auf die Meldung über den Erfolg der dritten Kriegsanleihe nachstehendes Telegramm gerichtet:

Ich danke Ihnen für die Nachricht von dem glänzenden Ausfall der Zeichnungen auf die dritte Kriegsanleihe und beglückwünsche Sie zu diesem neuen schönen Erfolge unserer Ihrer Leitung anvertrauten finanziellen Kriegführung. Das deutsche Volk hat im vollen Vertrauen auf die eigene Kraft damit dem Feinde wie der ganzen Welt bekundet, daß es auch ferner wie ein Mann einmütig zusammensteht in dem unerschütterlichen Willen, den durch freventlichen Überfall uns aufgezwungenen Krieg bis zum siegreichen Ende durchzuführen und für die Sicherheit und Freiheit des Vaterlandes jedes erforderliche Opfer an Gut und Blut freudig darzubringen. 

Wilhelm I. R.

Nach Erhalt des endgültigen Ergebnisses der dritten Kriegsanleihe hat der Kaiser aus dem Großen Hauptquartier an den Staatssekretär des Reichsschatzamtes, Staatsminister Dr. Helfferich, eine zweite Drahtung folgenden Wortlautes gerichtet:

Meinen wärmsten Dank für die Meldung von dem über alles Erwarten günstigen Erfolge der dritten Kriegsanleihe, der einem glänzenden Siege auf dem Schlachtfelde gleichkommt und keine Blutopfer gefordert hat. 

Wilhelm I. R.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Niederlage bei Nowo-Aleksiniec

Wien, 24. September.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Im Nordosten trat gestern keine Änderung ein.
Während in Ostgalizien Ruhe herrschte, kam es im Raume von Nowo-Aleksiniec und an der unteren Ikwa zu heftigen Kämpfen. In dem erstgenannten Abschnitte griffen die Russen unter starkem Artillerieaufgebot elf Glieder tief unsere Linien an; sie wurden überall unter den schwersten Verlusten zurückgeworfen, worauf ihnen unsere im Gegenangriff nachdrängenden Truppen noch eine Höhenstellung entrissen. Eine russische Batterie wurde durch unser Artilleriefeuer zersprengt. Bei Rydoml fielen auf verhältnismäßig engem Gefechtsfeld 11 Offiziere und 300 Mann in unsere Hände. - Auch die Übergangsversuche des Feindes über die untere Ikwa scheiterten. In der Gegend nordwestlich von Kolki am Styr vertrieb unsere Reiterei den Feind aus einigen Ortschaften. Die in Litauen kämpfenden österreichisch-ungarischen Kräfte haben in der Verfolgung des Gegners weiteren Raum gewonnen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Tiroler Westfront vertrieben unsere Landesschützen die feindlichen Alpini von der Albiolospitze (nördlich des Tonalepasses). Auf der Hochfläche von Vielgereuth wurde ein Angriff einiger italienischer Kompagnien auf den Durer (nordwestlich des Coston) abgewiesen. Etwa 1000 Italiener, die sich auf den Osthängen des Monte Piano gegen unsere Stellungen in Bewegung setzten, wurden durch Artilleriefeuer zum Rückzug gezwungen.
Im Kärntner Grenzgebiete scheiterte ein feindlicher Angriffsversuch auf der Cellonspitze (östlich des Plöckenpasses).
An der küstenländischen Front kam es gestern nur zu Geschützkämpfen. Die Gesamtlage ist unverändert.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Im Südosten verlief der gestrige Tag ohne wesentliche Begebenheit.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Bulgarische Erklärung an den Vierverband


Ministerpräsident Radoslawow

Budapest, 24. September.
Nach Berichten aus Sofia haben die Ententegesandten Radoslawow gegenüber ihr Bedauern ausgedrückt, daß die Mobilisierung angeordnet worden sei, ehe der Standpunkt der bulgarischen Regierung gegenüber dem letzten Anerbieten der Entente ihnen kundgegeben worden sei. Die Gesandten erklärten, daß ihre Regierungen sich zu einem energischen Schritt gegenüber Serbien entschlossen hätten, jedoch erwarteten sie, daß die bulgarische Regierung ihre Entschlüsse aufschieben werde, bis dieser Schritt irgendein Ergebnis haben würde. Radoslawow erwiderte, die Mobilisierung könne nicht als eine Maßregel aufgefaßt werden, welche eine Spitze gegen die Ententemächte habe. Sie sei hervorgerufen worden, weil dem bulgarischen Gesandten in Nisch in einer Note erklärt worden sei, daß das ganze Gebiet längs der serbisch-bulgarischen Grenze zur Kriegszone erklärt worden sei. Die bulgarische Regierung habe die Entscheidung auf das Anerbieten der Entente verzögert, weil die Gesandten selbst ersuchten, die Beantwortung hinauszuschieben. Mittlerweile habe das Vorgehen der serbischen Regierung Bulgarien gezwungen, die unerläßlichen Vorkehrungen zu treffen.

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 24. September.
In der Gegend von Anaforta rief unsere Artillerie durch ihr Feuer in den feindlichen Schützengraben vor unserem linken Flügel und am Kap einen Brand hervor, der zwei Stunden dauerte. Bei Ari Burun brachte der Feind in der Nacht zum 21. September eine Mine vor unserem linken Flügel zur Entzündung, die unbedeutenden Schaden anrichtete; dieser wurde bald ausgebessert. Bei Sed ül Bahr eröffnete der Feind am 21. September morgens ein heftiges Feuer gegen unseren linken Flügel, das von Bombenwürfen begleitet war. Unsere Artillerie antwortete darauf und brachte die feindliche Artillerie zum Schweigen. Am gleichen Tage vertrieb unsere Flotte drei russische Torpedobootzerstörer vom Typ "Bystry" von den Kohlenhäfen am Schwarzen Meere.
Auf der Dardanellenfront bei Anaforta griffen unsere Aufklärungspatrouillen die feindlichen Gräben mit Bomben ab, fügten ihnen Verluste zu und erbeuteten Gewehre und Munition. Wir stellten fest, daß wir durch die Beschießung des feindlichen Lagers von Buyuk-Kemikli am 22. d. M. ernsten Schaden angerichtet haben. Bei Ari Burun zerstörte unsere Artillerie am rechten Flügel Gräben des Feindes und Teile seiner Werke und seine beiden Beobachtungsposten und versenkte zwei mit Grubenholz beladene Segelschiffe. In der Nacht zum 22. September brachten wir am selben Flügel eine Mine zur Explosion und eine Gegenmine des Feindes zum Zusammensturz. Am 21. September vernichteten wir bei Sed ül Bahr in der Umgebung von Kerevisdere eine feindliche Patrouille, bestehend aus einem Offizier und neun Mann. Unsere Artillerie brachte eine feindliche Batterie zum Schweigen, die ihr gegenüberstand, und zwang ein feindliches Torpedoboot, das sich Hissarlik Burun näherte, zur Flucht. Unsere Küstenbatterien verjagten durch ihr Feuer ein feindliches Torpedoboot, das sich der Meerenge näherte; sie beschossen auch erfolgreich feindliche Truppen bei Mortoliman, sowie feindliche Artillerie bei Hissarlik.
Am 21. September warf ein feindlicher Flieger, ohne ein Ergebnis zu erzielen, drei Bomben auf das Lazarett der Dardanellen, dessen Lage und Abzeichen seit langer Zeit bekannt waren.

 

Vereitelter Landungsversuch an der Küste von Smyrna

Konstantinopel, 24. September.
Man erfährt jetzt, daß am 14. September drei kleine feindliche Schiffe 55 Geschosse gegen Tuzla, nördlich von Budrun, an der Küste des Wilajets Smyrna abgefeuert und mit Motorbooten Truppen zu landen versucht haben. Der Feind mußte sich jedoch, da die türkischen Truppen das Feuer tapfer erwiderten, zurückziehen.

 

Mobilisierung Griechenlands

London, 24. September.
Das Reutersche Bureau meldet aus Athen von gestern, daß der König den Einberufungsbefehl für 20 Jahrgänge Kriegspflichtiger unterzeichnet habe; die Veröffentlichung solle am Abend erfolgen. Ministerpräsident Venizelos habe um 4 Uhr nachmittags eine Unterredung mit dem Könige gehabt und ihm erklärt, daß die einzig mögliche Antwort Griechenlands an Bulgarien die Mobilmachung sei; gerüchtweise verlaute, daß der König der Mobilmachung als Verteidigungsmaßregel zugestimmt habe.

 

Der 1. Weltkrieg im September 1915

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

© 2005 stahlgewitter.com