Der Weltkrieg am 18. September 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Rückzug der Russen auf dem nordöstlichen und südöstlichen Kriegsschauplatz

Großes Hauptquartier, 18. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Feindliche Schiffe, die sich vor Dünkirchen zeigten, wurden von unseren Fliegern angegriffen. Ein Zerstörer wurde getroffen.
Die Franzosen versuchten vergeblich, das ihnen bei Perthes entrissene Grabenstück zurückzugewinnen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Feindliche Vorstöße bei Schlok sind abgeschlagen; der Angriff auf den Brückenkopf vor Dünaburg wird fortgesetzt; Teile der feindlichen Vorstellungen sind genommen. Bei Wilna sind unsere Truppen im weiteren Vorgehen.
Zwischen Wilija und Njemen wurde die russische Front an verschiedenen Stellen durchbrochen; seit heute früh ist der Feind im Rückzug. - Es wurden 26 Offiziere und 5380 Mann zu Gefangenen gemacht und 16 Maschinengewehre erbeutet.
Der rechte Flügel und die Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern haben starke Kräfte über die Szczara gebracht; der Feind beginnt zu weichen.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
In der Gegend von Telechany, Logischin und südöstlich von Pinsk ist der Feind weiter zurückgedrängt. Die Beute bei der Verfolgung auf Pinsk hat sich auf 21 Offiziere, 2500 Mann, 9 Maschinengewehre erhöht.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Vor den deutschen Truppen haben die Russen den Rückzug angetreten.
Die Beute von Nowo-Georgiewsk beträgt jetzt nach abgeschlossener Zählung 1640 Geschütze, 23219 Gewehre, 103 Maschinengewehre, 160000 Schuß Artilleriemunition, 7098000 Gewehrpatronen
Die Zahl der bei Kowno erbeuteten Geschütze ist auf 1301 gestiegen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Zusammenbruch der russischen Offensive in Ostgalizien

Wien, 18. September.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die russische Offensive in Ostgalizien ist an der Strypa zusammengebrochen. Der Feind räumte gestern das Gefechtsfeld der letzten Tage und wich an den Sereth. Zurückgelassenes Kriegsmaterial und andere Anzeichen schleunigen Aufbruchs lassen erkennen, daß der russische Rückzug in Hast und Eile vor sich ging. Die Verluste, die der Gegner vor unseren Stellungen erlitten hat, erweisen sich als sehr groß. An der Ikwa ist die Lage unverändert. Im wolhynischen Festungsgebiet dauerten die Kämpfe mit überlegenen russischen Kräften an; wir schlugen zahlreiche Angriffe ab. Heute nehmen wir Teile unserer dortigen Front in weiter westlich liegende vorbereitete Stellungen zurück. Die k. und k. Streitkräfte in Litauen erkämpften sich im Verein mit den Verbündeten den Übergang auf das nördliche Ufer der Szczara.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Im Tiroler und Kärntner Grenzgebiete hat sich gestern nichts von Bedeutung ereignet. Ein Waldbrand vor unserer Popenastellung (südlich Schluderbach) zwang die Italiener, ihre Linien zu räumen. Im Raume von Flitsch müht sich der Feind unter schwersten Verlusten weiter damit ab, sich an unsere Befestigungen heranzuarbeiten. Wiederholte italienische Angriffe auf den Ravelnik und gegen die Stellungen am Westhange des Javorcek brachen zusammen. Die Behauptung des offiziellen italienischen Tagesberichts vom 16. September, wir würden Geschosse verwenden, die Blausäure enthalten, ist selbstverständlich eine böswillige Erfindung.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Die Schlacht bei Anafarta

Berlin, 18. September.
Zu den blutigsten Schlachten des Dardanellenfeldzuges, der in den sechs Monaten seiner bisherigen Dauer schon so viel Blut und Leben gekostet hat, gehören ohne Zweifel die Kämpfe an der Anafartabucht und bei Ari Burun am 28. und 29. August, deren Ergebnisse unsere aus dem osmanischen Hauptquartier stammende und als authentisch vom türkischen Generalstab beglaubigte Karte zeigt. Die Schlacht entwickelte sich aus den seit Wochen und Monaten fast zur Gewohnheit gewordenen täglichen Artilleriekämpfen und Scharmützeln der Mannschaften in den stellenweise nur dreißig bis fünfzig Meter voneinander entfernten Schützengräben gewissermaßen automatisch und nahm am Abend des 28. August einen höchst erbitterten Charakter an. Die ganze Nacht hindurch dauerten die Kämpfe an. Die türkischen Mannschaften gingen, sobald man merkte, daß infolge der Dunkelheit die Schiffsgeschütze an Treffsicherheit verloren, zum Sturmangriff über, wobei sie im Nahkampf von ihrer Lieblingswaffe, dem Bajonett, ausgiebig Gebrauch machen konnten, und in ihrer todesverachtenden Tapferkeit sich weder durch Drahtverhaue und ähnliche Hindernisse, noch durch die Menge von Handgranaten aufhalten ließen, die ihnen entgegengeschleudert wurden und die in ihren Reihen furchtbare Verheerungen anrichteten.
Die Arbeitsbataillone folgten den dahinstürmenden Kämpfern auf dem Fuße. Wo Bajonett und Kolben den Weg gebahnt hatten, wurden mit Hacke und Spaten sofort neue Verschanzungen
aufgeworfen, Deckungen geschaffen und alle sonstigen Maßnahmen zur Verteidigung der neu errungenen Positionen getroffen, und als der Morgen graute, mußte der Feind mit Schrecken bemerken, daß er auf der ganzen Linie erheblich zurückgedrängt war, daß er hier hundert, dort drei- bis fünfhundert, an einer Stelle sogar reichlich tausend Meter Terrain verloren hatte und daß sich die türkischen Truppen auf dem eroberten Boden sofort sehr energisch festgesetzt hatten. Wieder traten die schweren Schiffsgeschütze in Aktion, wieder ergoß sich stundenlang ein verheerender Eisenhagel von Schrapnells und Granaten mit weiter Sprengwirkung über die Reihen der tapferen Verteidiger, aber nichts konnte sie wankend machen, im Gegenteil, jeder Verlust in den eigenen Reihen steigerte nur ihre Erbitterung. Immer und immer wieder von neuem gingen sie in glühender Sonnenhitze zum Sturm vor, und als am Abend des zweiten Tages die Dämmerung sich niedersenkte, war die Schlacht endgültig entschieden. Wohl hatten Ströme türkischen Blutes die Erde der heißumstrittenen Halbinsel rot gefärbt, wohl führen endlose Wagenreihen Verwundete nach Atbaschi zu, von wo die Transportschiffe des Roten Halbmondes nach der Hauptstadt abgehen. Aber der Feind war wieder zurückgetrieben bis unter die sichere Deckung seiner Schiffsgeschütze, und zehntausend Engländer waren in die Fluten des Ägäischen Meeres getrieben worden, unzählige verwundete Gefangene gingen mit den türkischen Transporten nach Konstantinopel, und ein großer Transport von unverwundeten Gefangenen wurde in langsamen Tagesmärschen der im Flaggenschmuck prangenden Hauptstadt zugeführt.

 

Die Bank von England beim "Zeppelin"angriff getroffen

Amsterdam, 18. September.
Wie der Korrespondent von W. T. B. von aus England in Amsterdam eingetroffenen Reisenden erfährt, ist bei dem letzten "Zeppelin"angriff auf London auch die Bank von England getroffen worden. Der "Zeppelin" war von den Fenstern des bekannten neutralen Klubs in Albemarlestreet bei Piccadilly deutlich sichtbar. Der angerichtete Schaden ist viel bedeutender als bisher angenommen wurde, allein in einer Fabrik, die getroffen wurde, wird der Schaden auf 150000 Pfund Sterling geschätzt. Die Zahl der Getöteten und Verwundeten soll in die Hunderte gehen.

 

Ein französischer Hilfskreuzer bei Rhodos torpediert

Paris, 18. September.
"Temps" meldet, daß ein feindliches Unterseeboot in der Reede von Rhodos den französischen Hilfskreuzer "Indien" torpedierte und versenkte. "Indien" war in den Gewässern von Adalia gekapert worden, als er Kriegskonterbande beförderte. "Indien" hatte eine Wasserverdrängung von zirka 800 Tonnen. Seine Besatzung bestand aus 62 Offizieren und Matrosen. 11 Mann werden vermißt.

 

Der 1. Weltkrieg im September 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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