Der Weltkrieg am 6. August 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Russen beschießen Warschau

Großes Hauptquartier, 6. August.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Der Kampf am Lingekopf und südlich dauert noch an.
Durch unsere Abwehrgeschütze wurden vier feindliche Flugzeuge zur Landung gezwungen; eins davon verbrannte, eins wurde zerschossen.
An der Küste fiel ein französisches Wasserflugzeug mit seinen Insassen in unsere Hand.
Östlicher Kriegsschauplatz:
In Kurland fanden in Gegend von Popel (60 Kilometer nordöstlich von Poniewiez) und bei Kowarsk und Kurkle (nordöstlich von Wilkomierz) für uns erfolgreiche Reiterkämpfe statt.
An der Narewfront, südlich von Lomza, machten die deutschen Armeen, trotz hartnäckigen Widerstandes der Russen, weitere Fortschritte.
Zwischen Bugmündung und Nasielsk durchstießen Einschließungstruppen von Nowo-Georgiewsk eine feindliche Stellung südlich von Blendostwo und drangen gegen den unteren Narew vor.
Unser Luftschiffgeschwader belegte die Bahnhofsanlagen von Bialystok mit Bomben.
Wie in dem gestrigen Tagesbericht erwähnt, hatten die Russen, nachdem sie aus der inneren Fortlinie von Warschau geworfen waren, ohne daß die Stadt irgendwie in Mitleidenschaft gezogen war, diese geräumt und waren nach Praga auf das rechte Weichselufer zurückgewichen. Von dort aus beschießen sie seit gestern morgen das Stadtinnere Warschaus stark mit Artillerie und Infanterie; besonders scheinen die Russen es auf die Zerstörung des alten polnischen Königsschlosses abgesehen zu haben. Unseren Truppen wird in einer Stadt von der Größe Warschaus natürlich durch solches Streufeuer kein Schaden zugefügt. Man wird hiernach nicht gut die russische Behauptung glauben können, daß die Räumung der polnischen Hauptstadt aus Schonungsrücksichten erfolgt sei.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Unsere über die Weichsel vorgedrungenen Truppen nahmen einige feindliche Stellungen. Feindliche Gegenangriffe blieben erfolglos.
Die Armeen des Generalfeldmarschalls v. Mackensen setzen die Verfolgungskämpfe fort. Nordöstlich von Nowo-Alexandrija wurde der Gegner von österreichisch-ungarischen Truppen, bei Sawin (nördlich von Cholm) von den deutschen aus seinen Stellungen geworfen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Ein italienisches Luftschiff heruntergeschossen -
Versenkung eines italienischen Unterseebootes

Wien, 6. August, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Nordwestlich Iwangorod machten unsere Verbündeten Fortschritte.
Zwischen Weichsel und Bug dauern die Verfolgungskämpfe an.
In Ostgalizien ist die Lage unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die täglich wiederkehrenden Angriffsversuche und vereinzelten Vorstöße der Italiener enden für sie stets mit einem vollen Mißerfolg. Wo die italienische Infanterie zum Angriff ansetzt, wird sie entweder schon durch unser Geschützfeuer zurückgetrieben oder, wenn sie diesem standhält, durch unsere tapfere Infanterie unter großen Verlusten geworfen.
Auch die durch den Feind geübte gründlichste und stärkste Artillerievorbereitung vermag an diesem Verlauf der Begebenheiten nichts zu ändern. So scheiterten in der Nacht zum 5. und gestern mehrere Angriffe, einer, der von Sagrado ausgeführt wurde, einer gegen die Höhe von Podgora, wo das Angriffsfeld mit italienischen Leichen bedeckt ist. Ebenso waren feindliche Vorstöße im Plawaabschnitte und im Krngebiete erfolglos. Ein der Artilleriebeobachtung dienender italienischer Fesselballon wurde bei Monfalcone herabgeschossen.
In den Karnischen Alpen haben unsere Truppen in der Gegend des Monte Paralba einige günstige Höhenstellungen auf italienischem Gebiete besetzt.
An der Tiroler Front wurde der Angriff eines feindlichen Bataillons gegen den Col di Lana (Buchenstein) abgewiesen. Eine unserer Patrouillen überfiel in einem italienischen Seitental des Ortlergebietes eine Halbkompagnie des Feindes und brachte ihr erhebliche Verluste bei.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Ereignisse zur See:
Eines unserer Unterseeboote hat gestern früh ein italienisches Unterseeboot, Typ "Nautilus", bei Pelagosa anlanciert und versenkt.
Das italienische Luftschiff "Città di Jesi" wurde um Mitternacht vom 5. auf den 6. August beim Versuche, über den Hafen von Pola zu fliegen, durch Schrapnellfeuer heruntergeholt, bevor es irgendeinen Schaden anrichten konnte. Die gesamte Bemannung, bestehend aus 3 Seeoffizieren, 1 Maschinisten und 2 Mann, ist gefangen. Das Luftschiff wurde nach Pola gebracht.

Flottenkommando.  1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 6. August. 
An der Kaukasusfront geht der von unserem rechten Flügel errungene Vorteil weiter; unsere Truppen, welche das ganze Muradtal besetzt haben, nahmen dem Feinde am 3. August auf der Verfolgung Alaschkerd, nordwestlich von Karakilissa, weg.
An der Dardanellenfront ließ der Feind in der Nacht zum 4. August vor den Schützengräben unseres linken Flügels eine Mine springen und machte einen Angriff, wurde aber mit Verlusten zurückgeworfen; wir stellten eine große Anzahl gefallener Feinde vor unseren Gräben fest. In derselben Nacht beschoß die Artillerie unseres rechten Flügels ein feindliches Torpedoboot, welches, getroffen, sich brennend zurückzog. Bei Sed ul Bahr schwaches Gewehr- und Geschützfeuer mit Unterbrechungen von beiden Seiten. Unsere Truppen haben durch allmählich fortschreitende Angriffe dem Feinde auf dem linken Flügel 200 Meter Gelände in Richtung seiner Schützengräben abgenommen.
Feindliche Flieger haben Bomben auf das Lazarett von Agadere bei Sed ul Bahr geworfen, obgleich die Fahne mit dem Roten Halbmond darauf deutlich sichtbar war; sie haben vier dort liegende Verwundete getötet und 14 Personen verwundet.

 

Der 1. Weltkrieg im August 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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