Der Weltkrieg am 16. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue russische Niederlage östlich Sambor - 40000 Russen von Mackensen in vier Tagen gefangen - Englische Niederlage bei La Bassée

Großes Hauptquartier, 16. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Wieder einmal veranlaßt durch die russischen Niederlagen, griffen Franzosen und Engländer gestern an vielen Stellen der Westfront mit starken Kräften an.
Den Engländern gelang es bei Ypern, unsere Stellung nördlich des Teiches von Bellewaarde etwas zurückzudrücken. Es wird dort noch gekämpft. Dagegen sind zwei Angriffe von vier englischen Divisionen zwischen der Straße Estaires-La Bassée und dem Kanal von La Bassée vollkommen zusammengebrochen. Unsere tapferen westfälischen Regimenter und dort eingelassene Teile der Garde wiesen den Ansturm nach erbitterten Nahkämpfen restlos ab. Der Feind hatte schwere Verluste; er ließ mehrere Maschinengewehre und einen Minenwerfer in unserer Hand. An die Stellungen der mit größter Zähigkeit sich behauptenden Badener bei der Lorettohöhe wagte sich der Feind nach seinen Niederlagen am 13. und 14. nicht wieder heran.
Bei Moulins-sous-Touvent ist der Kampf noch im Gange. Ein feindlicher Durchbruchsversuch in den Vogesen zwischen den Bachtälern der Fecht und Lauch scheiterten. Dort wird nur noch nordwestlich von Metzeral und am Hilsenfirst gekämpft, im übrigen sind die Angriffe schon jetzt abgeschlagen
Östlicher Kriegsschauplatz:
Russische Angriffe gegen die deutschen Stellungen am Dawina-Abschnitt (südöstlich von Mariampol), östlich von Augustow und nördlich von Bolimow wurden abgewehrt.
Unser Vorstoß auf der Front Lipowo-Kalwarja gewann weiteren Boden. Mehrere Ortschaften wurden genommen, 2040 Gefangene gemacht und 3 Maschinengewehre erbeutet.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Nördlich der oberen Weichsel wiesen die Truppen des Generaloberst v. Woyrsch russische Angriffe gegen Stellungen ab, die wir am 14. Juni den Russen entrissen haben.
Die geschlagenen russischen Armeen versuchten gestern auf der ganzen Front zwischen dem San nördlich von Sieniawa und den Dnjestrsümpfen östlich von Sambor die Verfolgung der verbündeten Armeen zum Stehen zu bringen. Am Abend waren sie überall aus ihren Stellungen bei Cieplice (nördlich von Sieniawa), südwestlich Lubaczow-Zawadowka-Abschnitt (südwestlich Niemirow), westlich Jaworow - westlich Sadowa-Wisznia nach hartem Kampf geworfen. Es wird verfolgt.
Die Armee des Generalobersten v. Mackensen hat seit dem 12. Juni über 40000 Mann gefangengenommen und 69 Maschinengewehre erbeutet.
Zwischen den Dnjestrsümpfen und Zurawno haben die Russen etwas Raum gewonnen. Die Gesamtlage ist dort unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Vordringen der Verbündeten an der Lemberger Straße - Seit 1. Juni über 122000 Gefangene

Wien, 16. Juni, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
In Galizien konnten die Russen dem allgemeinen Angriff der verbündeten Armeen trotz zähester Gegenwehr nicht standhalten. Von unseren siegreichen Truppen hart verfolgt, weichen die Reste der geschlagenen russischen Korps über Cewkow, Lubaczow und Jaworow zurück.
Südlich der Lemberger Straße hat die Armee Boehm-Ermolli heute nacht die russischen Stellungen auf der ganzen Front erstürmt und den Feind über Sadowa-Wisznia und Rudki zurückgeworfen.
Südlich des Dnjestr wird im Vorfelde der Brückenköpfe gekämpft. Truppen der Armee Pflanzer haben gestern früh Nizniow genommen.
Die bisherigen Schlachten und Gefechte des Monats Juni haben reiche Beute eingebracht. Vom 1. bis 15. dieses Monats ergibt sich als Gesamtsumme:
108 Offiziere, 122300 Mann gefangen, 53 Geschütze, 187 Maschinengewehre und 58 Munitionswagen erbeutet.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Italiener versuchten neue vereinzelte Vorstöße, wurden aber allenthalben abgewiesen: so am Isonzo bei Monfalcone, Sagrado und Plava, an der Kärntner Grenze in der Gegend östlich des Plöcken, im Tiroler Grenzgebiete bei Peutelstein.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Ein feindliches Kriegsschiff im Ägäischen Meere gesunken

Konstantinopel, 16. Juni.
Nach sicheren, amtlich noch nicht bestätigten Nachrichten ist ein großes feindliches Kriegsschiff am 9. Juni zwischen der Insel Kalymnos und der asiatischen Küste infolge einer Explosion gesunken.

Das türkische Hauptquartier teilt mit:
An der Dardanellenfront bei Ari Burun feuerte unsere Artillerie wirkungsvolle Schüsse ab. Es wurde beobachtet, daß der Feind infolge des von uns gegen eine seiner Artilleriestellungen eröffneten Feuers ziemlich schwere Verluste erlitt. Unsere Küstenbatterien bombardierten mit Erfolg die Transportschiffe des Feindes sowie seine Lager und seinen Flugzeugschuppen an der Küste von Sed-ül-Bahr. Einer unserer Flieger bemerkte in der Kesalobucht auf Imbros ein Panzerschiff, dessen Typ an den des "Agamemnon" erinnerte. Das Verdeck dieses Panzerschiffes lag fast unter der Meeresoberfläche und der hintere Schornstein und hintere Mast lagen vollständig unter Wasser.
Auf den übrigen Kriegsschauplätzen hat sich nichts Wesentliches ereignet.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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