Der Weltkrieg am 15. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Rückzug der Russen in Galizien und Bessarabien -
Das Luftbombardement von Karlsruhe

Großes Hauptquartier, 15. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die Franzosen holten sich gestern eine neue Niederlage. Trotz der am 13. Juni erlittenen schweren Verluste setzten sie ihren Durchbruchsversuch auf der Front Liévin-Arras mit großer Zähigkeit fort. Die mit einem ungeheueren Munitionsaufwand vorbereiteten und in dichten Wellen vorgetragenen französischen Angriffe brachen abermals in dem Feuer unserer braven Truppen unter den schwersten Verlusten für den Feind ausnahmslos zusammen.
Nordwestlich von Moulin sous Touvent (nordwestlich von Soissons) gelang es noch nicht, die am 6. Juni verlorenen Grabenstücke wiederzunehmen.
In der Champagne nördlich von Perthes und von Le Mesnil lebte der Kampf stellenweise wieder auf, ohne daß der Feind einen Vorteil zu erringen vermochte.
Am Sonntag wurde die Kirche in Lessinghe südwestlich von Ostende während des bürgerlichen Gottesdienstes von feindlicher Artillerie beschossen; mehrere belgische Zivilpersonen wurden verletzt.
Gestern ist die offene Stadt Karlsruhe, die in keinerlei Beziehung zum Kriegsschauplatz steht und nicht die geringste Befestigung aufweist, von einem feindlichen Flugzeuggeschwader mit Bomben beworfen worden. Soweit bisher bekannt, fielen 11 Tote und 6 verwundete Bürger dem Überfall zum Opfer, militärischer Schaden konnte natürlich nicht angerichtet werden. Von einem unserer Kampfflugzeuge wurde ein Flugzeug aus dem feindlichen Geschwader herausgeholt, die Insassen sind tot. Ein anderes feindliches Flugzeug wurde bei Schirmeck zum Landen gezwungen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Westlich Szawle stürmten deutsche Truppen das Dorf Dauksze und wiesen danach mehrere von 2 bis 3 russischen Regimentern geführte Gegenangriffe ab. 4 Offiziere, 1660 Mann wurden gefangengenommen.
Unsere neugewonnenen Stellungen südlich und östlich der Straße Mariampol-Kowno wurden gestern wiederholt von starken feindlichen Kräften vergeblich angegriffen.
Wir stießen aus der Front Lipowo-Kalwarja vor, drangen in die russischen Linien ein und eroberten die vordersten Gräben. Auch am Brzye gelang es unseren angreifenden Truppen, das Dorf Jednorozec (südöstlich von Chorzlel), die Czerwona Gora und die Brücke östlich davon im Sturm zu nehmen, bisher an dieser Stelle 325 gefangene Russen.
Feindliche Angriffe gegen unsere Einbruchsstelle nördlich von Bolimow scheiterten.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Dem in der Schlacht am 13. und 14. Juni von der Armee des Generaloberst v. Mackensen geschlagenen Gegner ist es nicht gelungen, in seiner rückwärtigen, vorbereiteten Stellung nordwestlich von Jaworow Fuß zu fassen. Der Feind wurde geworfen, wo er sich stellte. Die Beute mehrt sich.
Durch die scharfe Verfolgung sind auch die russischen Truppen südlich der Bahn Przemysl-Lemberg zum Rückzug gezwungen.
Truppen des General von der Marwitz nahmen gestern Moszisca. Der rechte Flügel der Armee des Generals v. Linsingen stürmte die Höhen westlich Jezupol; ihre Kavallerie erreichte die Gegend südlich von Mariampol

Oberste Heeresleitung. 1)

 

"U 14" verloren

Berlin, 15. Juni. 
Nach einer Mitteilung des ersten Lords der Admiralität im Unterhause vom 9. Juni ist Anfang Juni ein deutsches Unterseeboot von den Engländern zum Sinken gebracht und die gesamte Besatzung gefangengenommen worden. Aus einer jetzt veröffentlichten Note der britischen Regierung über die Behandlung der kriegsgefangenen Unterseebootsbesatzungen geht hervor, daß es sich um das deutsche Unterseeboot "U 14" handelt. Da dieses Boot von seiner letzten Unternehmung bisher nicht zurückgekehrt ist, muß es als verloren betrachtet werden. 

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes.
gez. Behncke.
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Der Fliegerangriff auf Karlsruhe

Karlsruhe, 15. Juni.
Heute morgen griffen etwa 5 feindliche Flieger die Stadt Karlsruhe während einer Dauer von ¾ Stunden an. Mehrere Personen wurden getötet und verletzt. An zahlreichen Stellen wurde militärisch bedeutungsloser Sachschaden angerichtet.
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Aufhebung der Sonderbehandlung für deutsche U-Boots-Gefangene 

(Wirkung der deutschen Vergeltungsmaßnahmen.)

Berlin, 15. Juni.
Nach einer Mitteilung des hiesigen amerikanischen Botschafters hat die großbritannische Regierung dem amerikanischen Botschafter in London erklärt, daß die geretteten Besatzungen der deutschen Unterseeboote 8, 12 und 14 in die allgemeinen Kriegsgefangenenlager übergeführt werden und dort genau die gleiche Behandlung wie andere Kriegsgefangene erfahren sollen. Hierauf hat die deutsche Regierung unverzüglich angeordnet, daß diejenigen britischen Offiziere, die zur Vergeltung für die bisherige Behandlung der deutschen Unterseebootsbesatzungen in Offiziersgefangenenanstalten verbracht worden waren, alsbald in die Kriegsgefangenenlager zurückgeführt und daselbst wieder in gleicher Weise wie die übrigen kriegsgefangenen Offiziere behandelt werden. Der hiesige amerikanische Botschafter ist hiervon mit dem Ausdruck des Dankes für seine erfolgreichen Bemühungen in Kenntnis gesetzt worden.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 15. Juni. 
Amtlich wird verlautbart.
Russischer Kriegsschauplatz:
Durch den Angriff der verbündeten Armeen haben sich nahezu an der ganzen Front in Galizien heftige Kämpfe entwickelt.
Truppen der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand dringen nach Besitznahme von Sieniawa am Ostufer des San in nördlicher und nordöstlicher Richtung vor. Schloß und Meierhof Piskorowice wurden gestern erstürmt, zahlreiche Gefangene gemacht.
Unter erbitterten Kämpfen dringt die Armee des Generalobersten v. Mackensen beiderseits Krakowiec und auf Oleszyce vor. Anschließend greifen die Truppen des Generals Boehm-Ermolli die Russen östlich und südöstlich Mosziska an, wo neue feindliche Stellungen die Richtung auf Grodek decken.
Südlich des oberen Dnjestr halten starke russische Kräfte die Brückenköpfe von Mikolajow, Zydaczow und Halicz gegen die vordringenden verbündeten Truppen der Armee Linsingen, während flußabwärts die Truppen des Generals Pflanzer-Baltin vor Nizniow und Czernelica stehen und das eroberte Zaleszczyki gegen alle russischen Angriffe halten. Teile dieser Armee haben in Bessarabien zwischen Dnjestr und Pruth die dort stehenden russischen Kräfte erneuert zum Rückzug gezwungen und sie gegen Chotin und entlang des Pruth zurückgedrängt.
Die Zahl der in den galizischen Kämpfen seit 12. Juni eingebrachten Gefangenen hat sich gestern wieder um einige Tausend erhöht.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Neuerliche Versuche der Italiener, an unsere Stellungen bei Tolmein und Plava heranzukommen, blieben wieder ohne Erfolg. Gestern herrschte an einzelnen Abschnitten der Isonzofront Ruhe. Die durch einen italienischen Parlamentär überbrachte Bitte, wegen Beerdigung der Toten das Feuer einzustellen, wurde aus militärischen Gründen abgewiesen.
An der kärntnerischen Grenze erstürmte steierischer Landsturm den Kl. Pal östlich des Plöckenpasses und wies drei Gegenangriffe des Feindes auf diesen Grenzberg ab.
Im Tiroler Grenzgebiet fühlte der Gegner gegen unsere Stellung vor und unterhält wirkungsloses Artilleriefeuer. An einem Grenzpunkt zwang ein Gendarmerieposten ohne eigene Verluste eine italienische Kompagnie zum Rückzug und nahm 58 Italiener gefangen. 

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Von den Kämpfen in Kamerun

London, 15. Juni. 
Das Reutersche Bureau meldet: 
Der Generalgouverneur von Nigeria berichtet, daß die Stadt Garua sich am 11. Juni einer englisch-französischen Truppenmacht ergeben habe.
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Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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