Der Weltkrieg am 10. Februar 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Größere Kämpfe an der ostpreußischen Grenze

Großes Hauptquartier, 10. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Abgesehen von kleineren Erfolgen, die unsere Truppen in den Argonnen, am Westabhang der Vogesen bei Ban-de-Sapt und im Hirzbacher Walde erreichten, ist nichts zu melden.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die vereinzelten Gefechte an der ostpreußischen Grenze entwickelten sich hier und da zu Kampfhandlungen von größerem Umfang. Ihr Verlauf ist überall normal. In Polen, rechts und links der Weichsel, sind keine Veränderungen eingetreten.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Flucht der Russen in der Bukowina

Wien, 10. Februar.
Amtlich wird verlautbart:
Die allgemeine Lage in Polen und Westgalizien ist unverändert, die Kämpfe in den Karpathen dauern an.
Die Bukowina ist bis zur Suczawa vom Feinde gesäubert, der stellenweise fluchtartig zurückweicht. Mit unbeschreiblicher Freude begrüßt die Bevölkerung unsere vorrückenden Truppen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

Budapest, 10. Februar. (W. B.)
Der "Pester Lloyd" schreibt:
Unter dem unbeschreiblichen Jubel der Bevölkerung haben gestern unsere Vortruppen und Honvedhusaren in Suczawa ein. Die Stadt trug Flaggenschmuck. Um 2 Uhr erfolgte der Einzug der Nachtruppen. Die Soldaten wurden auf der Straße von der Bevölkerung umarmt und geküßt. Die Russen haben sich vollständig gegen Czernowitz zurückgezogen. In Radautz ließen sie 200 mohammedanische Soldaten, in Hatna 30 Tscherkessen zurück. Die Städte Kimpolung, Gurahumora und Suczawa sind in unserem festen Besitz. Nachmittags hier aus Czernowitz eingetroffene Personen berichten, daß sich der russische Gouverneur Ewreinow samt seinem Stabe und der ganzen Garnison nach Nowosielica zurückzog. Unsere Truppen marschieren gegen Czernowitz.
2) 

 

Eine neue Konferenz der nordischen Reiche

Kopenhagen, 10. Februar. (W. B.)
Die drei nordischen Reiche haben beschlossen, die in Malmö begonnenen gemeinschaftlichen Verhandlungen fortzusetzen und über die Frage der deutschen Nordseesperrung sowie der englischen Erklärung zu beraten, die zuläßt und billigt, daß sich die englischen Handelsschiffe der neutralen Flagge bedienen, sowie über die Frage der treibenden Minen in den nordischen Gewässer. Die Zeit der neuen Zusammenkunft ist noch unbestimmt.
2)

 

 

Duma-Reden


Rodzianko


Goremykin

Sasonow
Sasonow

Petersburg, 10. Februar. (W. B.)
In der heutigen Sitzung der Duma hielt der Präsident Rodzianko eine Rede, in der er erklärte, der gegenwärtige Krieg werde zwischen zwei entgegengesetzten Grundsätzen geführt, dem des Friedens der Völker und des Rechts auf der einen Seite und dem gierigen Militarismus auf der anderen Seite. Rußland habe diesen Krieg nicht gewollt und nicht gesucht, aber jetzt werde es kämpfen, bis die Feinde die Friedensbedingungen annähmen, die Rußland ihnen diktieren werde. Dann sprach Ministerpräsident Goremykin, der erklärte, der siegreiche Ausgang des Krieges zeichne sich immer klarer ab und der tiefe Glaube des russischen Volkes an den endlichen Triumph setze sich in Sicherheit um. Die Macht Rußlands nehme stets zu, die Taten seiner Truppen brächten es mit jedem Tage seinem Ziele näher. Die feste Eintracht aller Russen, die der Krieg hervorrief, sei nach der Eroberung Galiziens, das die letzte Blüte war, die an der lebensvollen Krone des Zaren gefehlt habe, noch stärker geworden. Der Widerstand der Türkei sei schon von den ruhmreichen kaukasischen Truppen gebrochen worden und die glänzende Zukunft Rußlands am Schwarzen Meere und vor den Mauern Konstantinopels trete mit immer mehr zunehmender Klarheit zu Tage. Die Hilfskräfte Rußlands seien unerschöpflich.
Hierauf sprach der Minister des Äußern Sasonow: Rußland sei zu diesem Kriege herausgefordert worden und trete für das mißhandelte Recht ein. Der schließliche Triumph sei gesichert. Die Allianz mit Frankreich und die Verständigung mit England habe einen rein defensiven Charakter gehabt, aber Deutschland sei Rußland überall entgegengetreten Die Gerüchte über Judenpogrome seien eine mißgünstige Erfindung der Deutschen und die größten Verwüstungen in Polen seien das Werk der Österreicher und der Deutschen. Die Türkei treibe unrettbar dem Abgrunde zu und die Ereignisse, durch welche die russischen Waffen neuen Ruhm erworben hätten, würden Rußland der Lösung seiner politischen und wirtschaftlichen Probleme näher bringen, die sich an sein Streben nach einem Ausgang zum freien Meere knüpfen. Die Reden der beiden Minister fanden den begeisterten Beifall der Duma und alle folgenden Redner drückten sich in gleichem Sinne aus. Im Namen der Kadetten erklärte Miljukow: "Die Duma hat soeben mit Genugtuung die Rede des Ministers des Äußern zur Kenntnis genommen. Wir sind überzeugt, daß für die Erfüllung unserer Hauptaufgabe, die Erwerbung der Meerengen und Konstantinopels rechtzeitig die nötigen diplomatischen und militärischen Sicherheiten gestellt werden. (Anhaltender Beifall.)
Die Duma nahm dann einstimmig folgende Tagesordnung an: "Die Duma verneigt sich vor den ruhmreichen Taten unserer Krieger, sendet der russischen Armee und Flotte warme Grüße, den Verbündeten ihre aufrichtig gemeinte Ehrenbezeugung, Achtung und Sympathie. Sie drückt das feste Vertrauen aus, daß die großen nationalen und freiheitlichen Ziele des gegenwärtigen Krieges erreicht werden, und spricht den unbeugsamen Entschluß des russischen Volkes aus, den Krieg zu führen, bis die Bedingungen, welche den Frieden Europas und die Wiederherstellung von Recht und Gerechtigkeit sichern, dem Feinde aufgezwungen sind."
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Februar 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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