Der Weltkrieg am 12. Dezember 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Französische Angriffe abgeschlagen -
Russische Kavallerie in Ostpreußen zurückgeworfen

Großes Hauptquartier, 12. Dezember, vormittags.
In Flandern griffen gestern die Franzosen in der Richtung östlich Langemarck an. Sie wurden zurückgeworfen und verloren etwa 200 Tote und 340 Gefangene.
Unsere Artillerie beschoß den Bahnhof Ypern zur Störung feindlicher Truppenbewegungen.
Bei Arras wurden Fortschritte gemacht. In der Gegend von Souain-Perthes griffen die Franzosen erneut ohne jeden Erfolg an. Im Argonnenwald versuchten die Franzosen nach wochenlangem rein passivem Verhalten einige Vorstöße; sie wurden überall leicht abgewiesen; dagegen nahmen die deutschen Truppen wiederum einen wichtigen französischen Stützpunkt durch Minensprengung. Der Gegner erlitt starke Verluste an Gefallenen und Verschütteten. Außerdem machten wir 200 Gefangene.
Bei Apremont, südöstlich von St. Mihiel, wurden mehrfache heftige Angriffe der Franzosen abgewiesen, ebenso auf dem Vogesenkamm in der Gegend westlich von Markirch.
An der ostpreußischen Grenze warf unsere Kavallerie russische Kavallerie zurück und machte 350 Gefangene.
Südlich der Weichsel in Nordpolen entwickeln sich unsere Operationen weiter, in Südpolen wurden russische Angriffe von österreichisch-ungarischen und unseren Truppen abgeschlagen.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die schweren russischen Verluste in Polen

Großes Hauptquartier, 12. Dezember.
Die Räumung von Lodz durch die Russen geschah heimlich des Nachts, daher ohne Kampf und unbemerkt. Sie war aber nur das Ergebnis der vorhergehenden dreitägigen Kämpfe. In diesen hatten die Russen ganz ungeheure Verluste, besonders durch unsere schwere Artillerie. Die verlassenen russischen Schützengräben waren mit Toten buchstäblich angefüllt. Noch nie in den gesamten Kämpfen des Ostheeres, nicht einmal bei Tannenberg, sind unsere Truppen über so viel russische Leichen hinweggeschritten wie bei den Kämpfen um Lodz, Lowicz und überhaupt zwischen Pabianice und der Weichsel. Obgleich wir die Angreifer waren, blieben unsere Verluste hinter denen der Russen weit zurück. Wir haben insbesondere im Gegensatz zu ihnen ganz unverhältnismäßig wenig Tote verloren. So fielen bei dem bekannten Durchbruch unseres Reservekorps von diesem Heeresteil nur 120 Mann; es ist eine auffallend niedrige Zahl. Für die Verhältnisse ist demgegenüber bezeichnend, daß allein auf einer Höhe südlich Lutomiersk (westlich Lodz) nicht weniger als 887 tote Russen gefunden und bestattet worden sind. Auch die russischen Gesamtverluste können wir, wie in den früheren Schlachten, ziemlich zuverlässig schätzen. Sie betrugen in den bisherigen Kämpfen in Polen mit Einschluß der von uns erbeuteten 80000 Gefangenen, die inzwischen mit der Bahn nach Deutschland abbefördert worden sind, mindestens 150000 Mann.
Die Stadt Lodz hat durch die jüngsten Kämpfe um ihren Besitz sehr wenig gelitten. Einige Vororte und Fabrikanlagen außerhalb des Stadtbezirks haben Beschädigungen aufzuweisen, doch ist das Innere der Stadt fast völlig unversehrt. Das Grand Hotel, in dem sich ein ruhiger Verkehr abspielt, ist unbeschädigt. Die elektrische Straßenbahn passiert ohne Störung wie in Friedenszeiten.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der Gebirgsfeldzug in den Karpathen

Wien, 12. Dezember, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Ungeachtet aller Schwierigkeiten in dem winterlichen Gebirgsgelände setzten unsere Truppen unsere Vorrückung in den Karpathen unter fortwährenden siegreichen Gefechten, in denen gestern über 2000 Russen gefangengenommen wurden, unaufhaltsam fort. Die Pässe westlich des Lupkower Passes sind wieder in unserem Besitz. Im Raume südlich von Gorlice, Grybow und Neu-Sandec begannen größere Kämpfe. Die Schlacht in Westgalizien, deren Front sich in der Gegend östlich Tymbark bis in den Raum östlich Krakau hinzieht, dauert an. Gestern brachen wieder mehrere Angriffe der Russen in unserem Artilleriefeuer zusammen. Die Lage in Polen hat sich nicht geändert. - Die Besatzung von Przemysl brachte von ihrem letzten Ausfall 700 gefangene Russen und 18 erbeutete Maschinengewehre mit sehr viel Munition mit heim.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor.
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Der Krieg gegen Serbien

Wien, 12. Dezember. (W. B.)
Amtlich wird mitgeteilt:
Verschiebungen starker feindlicher Kräfte nach Süden haben es notwendig gemacht, auch unsere Balkanarmee entsprechend umzugruppieren und unseren rechten Flügel zurückzunehmen. Dieser einfache Tatbestand wird von den letzten Meldungen aus Nisch als ein entscheidender Erfolg der serbischen Armee dargestellt. Die serbischen Meldungen über unsere Verluste sind maßlos übertrieben.
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Das Befinden des Kaisers

Berlin, 12. Dezember. (Priv.-Tel.)
Der Kaiser ist wieder fieberfrei. Sein Befinden hat sich so weit gebessert, daß er voraussichtlich zu Anfang der nächsten Woche wieder ins Hauptquartier gehen kann. Zur gleichen Zeit dürfte auch der Reichskanzler Berlin wieder verlassen.
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Die türkische Flotte bei Batum

Konstantinopel, 12. Dezember. (W. B.)
Die türkische Flotte hat gestern die Umgebung von Batum beschossen und so die russische Behauptung beantwortet, daß die osmanischen Kriegsschiffe vom Schwarzen Meere weggefegt und die Schiffe "Sultan Jawus Selim" und "Midilli" außer Gefecht gesetzt seien. In dem gestern gemeldeten, für die Türken glücklichen Kampfe hatten die Russen hundert Tote und eine Anzahl Verwundete.
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Der Oberkommissar für Ägypten

Genf, 12. Dezember. (Priv.-Tel.)
Aus Kairo wird gemeldet: Sir Henry Mac Mahon, Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten Indiens, wurde mit dem Titel eines Oberkommissars vorübergehend nach Ägypten entsandt.
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Ein Zwischenfall in Hodeida

Rom, 12. Dezember. (Priv.-Tel.)
Nach Meldungen aus Alexandria sollen die Türken in das italienische Konsulat in Hodeida eingedrungen sein, um den dorthin geflüchteten englischen Konsul zu verhaften. Beim Kampf mit dem italienischen Personal soll der Kawaß getötet worden sein.
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Aus dem französischen Parlament

Paris, 12. Dezember. (Priv.-Tel.)
Der gestern im Elysée unter dem Vorsitz des Präsidenten Poincaré abgehaltene Ministerrat hat endgültig beschlossen, das Parlament zum 22. Dezember für eine außerordentliche Sitzung einzuberufen. Der Ministerrat beschloß weiterhin, dem Parlamente nicht ein regelmäßiges Budget für 1915 zu unterbreiten, sondern zunächst nur die Genehmigung von sechs provisorischen Budgetzwölfteln zu verlangen. Der Wortlaut dieser Vorlage sowie die Begründung wurde vom Ministerrat bewilligt.
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Die Neutralität Spaniens

Madrid, 12. Dezember. (W. B.)
Kammer und Senat haben sich einmütig für Wahrung strengster Neutralität ausgesprochen.
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Italienisches Parlament

Rom, 12. Dezember. (Priv.-Tel.)
Die Kammer wurde heute auf den 18. Februar vertagt. Das Ergebnis der kurzen Sitzungsperiode ist das Vertrauen in die Regierung in der Führung der auswärtigen Politik und die Billigung der Neutralität, das Offenlassen der Interventionsfrage und die Gewährung der provisorischen Kredite zur Durchführung militärischer Bereitschaft und die volle Freiheit der Regierung in der Deckungsfrage. Was sonst verhandelt wurde, war von untergeordneter Bedeutung. Die Amnestiefrage für die gemaßregelten Eisenbahner, die von den Sozialisten angeschnitten wurde, fand kein Echo. Die Episode Giolitti, der diplomatische Dokumente enthüllte, um sich als Herr der Situation zu zeigen, wird durch die Vertagung vorläufig unwirksam. Der letzte Tag war durch die Erwähnung des Hodeida-Zwischenfalls etwas bewegt. Aus Sonninos Beantwortung der Anfrage ging hervor, daß der Vorfall sich schon am 11. November ereignete. Da an einer ordnungsmäßigen diplomatischen Erledigung niemand zweifelt, störte die Behandlung des Ereignisses den Gesamteindruck der Kammer nicht, den man als patriotische, im ganzen friedliche Bereitschaft charakterisieren kann.
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Der 1. Weltkrieg im Dezember 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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