Eine
Rede des Königs von Bulgarien
Ferdinand
von Bulgarien
Sofia,
11. Dezember. (W. B.)
Der König empfing heute die parlamentarische Kommission, die ihm die
Antwort der Sobranje auf die Thronrede überbrachte. Bei dieser
Gelegenheit hielt der König folgende Ansprache:
"Es
ist mir immer angenehm gewesen, Abgeordneten der Nationalversammlung zu
begegnen und mit ihnen Gedanken über die Lage und die Verwaltung des
Landes auszutauschen. Aber in diesem Jahre, inmitten der Ereignisse, die
sich um uns abrollen, ist eine Berührung mit den Vertretern des Volkes
nicht ohne eine gewisse Bedeutung für den Staat. Ich wünsche von
Ihnen, meine Herren, zu hören, welches heute die Sorgen des Volkes
sind, und Sie an meinen Gedanken teilnehmen zu lassen, die meine Seele
hegt, und in dem Glauben, den ich habe, daß der Staat dank der
Festigkeit und Weisheit der Bulgaren unverletzt und unbedroht in seiner
Zukunft aus den neuen Prüfungen hervorgehen wird. Fürwahr, ich bin
stolz, den Tugenden der bulgarischen Nation Gerechtigkeit widerfahren zu
lassen. Als sie im Jahre 1912 mit Einmütigkeit, Schwung und Tapferkeit,
die bisher nicht übertroffen wurden, einen mächtigen Gegner zerbrach,
erkannte die Welt ihre außerordentlichen militärischen Eigenschaften.
Aber die bulgarischen Tugenden, die sie zeigte, als sie in der Not männlich
die Schläge des Schicksals ertrug und sich eifrig daran machte, die
vorgesetzten Ziele zu erreichen, haben ihr eine größere Achtung des
Auslandes erworben als die Siege und die Herzen aller dem Vaterlande
ergebenen Söhne zu neuer Glut entsacht. Heute, wo die Welt in Flammen
steht, wo die Feuersbrunst sich ausbreitet und sich uns nähert, heute,
wo die benachbarten Völker in Unruhe sind und ihre Truppen kriegsbereit
halten, hat unsere Nation sich ein Urteil über die Lage gebildet und
ihre Haltung mit Kaltblütigkeit und Klugheit bestimmt, die unleugbare
Beweise politischer Weisheit und Reife sind. Jetzt sind die Augen des Königs
und des Volkes auf Sie gerichtet, auf die Ratschläge, die Sie geben,
und auf die Meinung, die Sie zum Ausdruck bringen. Ich stelle Ihre Sorge
für das Vaterland hier fest und Ihren Entschluß, alles zu opfern auf
dem Altare der vaterländischen Interessen. Dieses gibt mir Sicherheit
und flößt mir die Gewißheit ein, daß auch in der Zukunft volle Übereinstimmung
zwischen Nation und Thron herrschen wird und daß wir aus dieser Übereinstimmung
die Kraft schöpfen werden, um die Zukunft Bulgariens sicherzustellen. Möge
Gott über dem Geschick des Vaterlandes wachen und unsere
gemeinschaftlichen Bemühungen mit Erfolg krönen."2)
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