Der Weltkrieg am 3. Dezember 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Von der Front nichts Neues

Großes Hauptquartier, 3. Dezember, vormittags.
Auf beiden Kriegsschauplätzen hat sich nichts Besonderes ereignet.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Zusammenkunft des Deutschen Kaisers und des Erzherzogs Friedrich

Großes Hauptquartier, 3. Dezember.
Seine Majestät der Kaiser hatte gestern in Breslau eine Besprechung mit dem Oberstkommandierenden des österreichisch-ungarischen Heeres. Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Erzherzog Friedrich, der von seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Erzherzog-Thronfolger Karl Franz Josef und dem Chef des Generalstabes, General der Infanterie Freiherrn Conrad v. Hoetzendorf, begleitet war. Später besuchte der Kaiser die Verwundeten in den Lazaretten der Stadt.

  Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der amtliche Bericht über die Einnahme von Belgrad

Wien, 3. Dezember.
Vom südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet:
Siegreiches Vordringen unserer Truppen über die Kolubara hat den Gegner gezwungen, Belgrad, dessen Verteidigungsanlagen gegen Norden gerichtet waren, kampflos preiszugeben, um nicht die dortige Besatzung der Gefangennahme auszuliefern. Unsere Truppen sind über die Save und aus südwestlicher Richtung in Belgrad eingedrungen und haben die Höhen südlich der Stadt besetzt. Die öffentlichen Gebäude, auch die Gesandtschaftspalais Deutschlands und Österreich-Ungarns wurden sofort militärisch gesichert. An den übrigen Teilen der Gefechtsfront kam es gestern, da der Feind im Rückzuge und die eigenen Kolonnen auf den grundlosen Wegen nur langsam vorwärts kommen, nur zu kleineren Kämpfen mit feindlichen Nachhuten, von denen zirka zweihundert Mann gefangen wurden.

Wien, 3. Dezember, mittags.
Amtlich wird verlautbart:
Unsere Situation auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz hat sich gestern nicht geändert.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor. 1)

 

Die sozialdemokratische Fraktion gegen Liebknecht

Karl Liebknecht
Karl Liebknecht

Berlin, 3. Dezember.
Der "Vorwärts" publiziert nachstehende Erklärung:

Der Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion stellt fest, daß der Genosse Karl Liebknecht entgegen dem alten Brauch der Fraktion, der durch einen ausdrücklichen Beschluß für den vorliegenden Fall erneuert wurde, gegen die Kriegskreditvorlage gestimmt hat. Der Vorstand bedauert diesen Bruch der Disziplin, der die Fraktion noch beschäftigen wird, aufs tiefste.

Der Vorstand der sozialdemokratischen Fraktion des Reichstags.

Das führende sozialdemokratische Blatt schreibt seinerseits dazu: "Der Brauch der Fraktion bei den Abstimmungen besteht darin, daß entgegen dem Fraktionsbeschluß nicht gestimmt werden darf, den einzelnen Fraktionsmitgliedern steht frei, den Saal zu verlassen, ohne daß es den Charakter einer Demonstration annehmen darf." 1)

 

Die Japaner in Tsingtau

Tokio, 3. Dezember. (W. B.)
Das Reutersche Bureau berichtet:
Das Hauptquartier meldet, daß bei der Einnahme von Tsingtau 2500 Gewehre, 100 Maschinengewehre, 1200 Pfund Sterling, 15000 Tonnen Steinkohlen und 40 Automobile erbeutet wurden. Alle Schiffe seien vernichtet. Die Vorräte hätten ausgereicht, um 5000 Mann drei Monate lang zu ernähren.
Die "Petersburger Telegrafenagentur" meldet aus Tokio: Der Hafen von Tsingtau wurde zum japanischen Kriegshafen erster Klasse erklärt, Handelsschiffen ist kein Zutritt gestattet.
Die japanische Regierung entsandte eine achtköpfige Fachkommission nach den gegen Deutschland Krieg führenden und den neutralen Ländern, um Erhebungen anzustellen, in welchem Maße Japan an die Stelle Deutschlands als Warenlieferant treten könne.

Tokio, 3. Dezember. (Priv.-Tel )
Über die Bedeutung der Eroberung Tsingtaus äußerte sich der Ministerpräsident Okuma einem Vertreter der "Hodschi" gegenüber dahin, der Verlust Tsingtaus sei die erste Abschlagszahlung Deutschlands auf die Kriegskosten als erstes greifbares Resultat des Krieges, denn andere lägen bis jetzt noch nicht vor.
2)

 

Französische Kriegsgerichtsurteile gegen Deutsche

Paris, 3. Dezember. (Priv.-Tel.)
Wie dem "Temps" aus Casablanca gemeldet wird, verurteilte das Kriegsgericht die deutschen Staatsangehörigen Brandt, einen ehemaligen Konsularagenten, und seinen Geschäftsteilhaber Zell zum Tode. Sie wurden beschuldigt, Spionage getrieben und den Eingeborenen Waffen verkauft zu haben.
2)

 

Tagung des französischen Parlaments

Bordeaux, 3. Dezember. (W. B. )
Der Ministerrat unter dem Vorsitz des Präsidenten Poincaré beschloß, die Kammer zu einer außerordentlichen Session auf den 22. Dezember in Paris einzuberufen. Die Minister reisen Ende nächster Woche nach Paris, um dem Finanzausschuß des Senats und dem Budgetausschuß der Kammer zur Verfügung zu stehen. Präsident Poincaré wird ebenfalls dann in Paris sein.
2)

 

Die englischen Verluste

London, 3. Dezember (W. B.)
Der militärische Korrespondent der "Times" gibt die Verluste der britischen Armee auf 84000 Mann an, was ungefähr der ursprünglichen Stärke des britischen Heeres entspreche, als es ins Feld rückte. Die Verluste in der Schlacht bei Ypern und Armentieres betrugen etwa 50 000 Mann, wovon etwa 5500 auf das indische Korps entfielen. Der Korrespondent fährt dann fort: "Wir müssen zugeben, daß die deutschen Truppen trotz schrecklicher Verluste noch zahlreicher sind als wir, und daß sie starke Stellungen einnehmen. Sie besitzen eine furchtbare Artillerie, die zerstreut aufgestellt und wohl verborgen ist. Ihr schweres Geschütz hat noch die Oberhand und begräbt beständig unsere Leute, indem ganze Abteilungen der Laufgräben zerstört werden. Ihre Scharfschützen sind kühn und hartnäckig. Ihre Grabenmörser und Granaten verursachen uns beständige Verluste und obwohl ihre Aufklärung in der Luft seltener geworden ist erscheinen doch noch Tauben und Albatros-Flugzeuge über uns und beobachten, was wir tun. Die englischen Offiziere und Unteroffiziere sind in schrecklichem Maße geschwächt Wir haben fast die ganze reguläre Reserve und den besten Teil der Spezialreserve vieler Korps an die Front gebracht. Wenn die Depots nicht länger imstande sind, guten und regelmäßigen Ersatz zu schicken, würde die Armee an der Front gern einen Teil der neuen Armeen als Ersatz begrüßen. Wir brauchen jeden Mann, den wir finden können, und werden bald erwägen müssen, wie wir die neuen Aushebungen am besten an der Front verwenden können, ob als Armeen, Divisionen und Brigaden in Einheiten oder zur Auffüllung."
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Dezember 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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