Die
Maßnahmen der Türkei gegen die feindlichen Ausländer
Konstantinopel,
1. Dezember. (Priv.-Tel.)
Die von der Pforte versagte Sperrung der französischen, englischen
und russischen Schulen und sonstigen Wohlfahrtsanstalten bildet einen
harten Schlag gegen den bedeutenden Einfluß, den seit Jahrhunderten
Frankreich in ganz Kleinasien ausüben konnte. Dank ihrer teilweise
mustergültigen Institutionen verstand es die französische Propaganda, überallhin
auszugreifen. Vornehmlich lag es in ihrer Macht, dort, wo sich Ansätze
deutscher Betätigung zu zeigen begannen, eine Kampfstellung einzunehmen
und die uralten Sympathien der Bevölkerung auf die eigene Mühle zu
leiten. Es bestehen in Kleinasien etwa 800 französische, durch
kaiserlichen Ferman autorisierte Anstalten. Den größten Teil bilden die
Schulen, dann die Hospitäler und etwa dreißig Kirchen. Die Schulen
wurden jetzt sämtlich geschlossen. In den Krankenhäusern wird wohl der
bisherige Betrieb fortgesetzt, doch ist die französische Oberleitung in
eine türkische umgewandelt. Auf ihren Dächern weht anstatt der Trikolore
die Flagge des Roten Halbmondes. Die Kirchen wurden nicht angetastet und dürfen
ihren Dienst wie bisher versehen. Berechnet man die an jeder einzelnen
Anstalt wirkenden Kräfte - die Schulkinder sind natürlich nicht
inbegriffen - auf mindestens 20 Personen, so bedeutet das die erkleckliche
Ziffer von 16 000 Personen. Ein geringer Teil konnte abreisen, während
die Mehrheit von der türkischen Regierung zurückgehalten wird. In einem
bei Konia errichteten Konzentrationslager fanden vorläufig nur die Russen
Aufnahme. Ihre Zahl wird auf höchstens 200 angegeben, darunter eine
Anzahl von Geistlichen. Denn die russischen Schulen und anderweitigen
Einrichtungen sind nur geringfügig im Verhältnis zu denen der französischen
Bundesgenossen. Es leben wohl in Syrien und Palästina einige tausend
russische Juden, jedoch zeigt diesen Elementen gegenüber die Pforte
weitgehendes Entgegenkommen und bereitet ihrer Aufnahme in den türkischen
Staatsverband keine Schwierigkeiten. Die russischen Juden machen auch
davon umfassenden Gebrauch. Die französischen und englischen Staatsbürger
sind gewissen polizeilichen Bestimmungen unterworfen, dürfen sich jedoch
frei bewegen. Jedenfalls beweist die Türkei ihnen gegenüber ein weites
Maß von Humanität und Liberalität. Es steht in einem schroffen
Gegensatz zu der unwürdigen Behandlung, welche die Staaten der Tripel -
Entente anzuwenden für richtig fanden. Aus den syrischen Küstenstädten
wie Beirut, Jaffa, Haifa, Alexandrette, Mersina usw. haben die türkischen
Behörden und mit ihnen wohl alle muselmanischen Einwohner sich mehr in
das Innere zurückgezogen. Dort geblieben sind nur einige Polizeiorgane
und gezwungener Weise die in der Mehrheit befindliche christliche Bevölkerung.
Durch dieses Vorgehen hofft man eine Beschießung dieser Häfen durch die
feindlichen Flotten vermeiden zu können; denn die leidenden Teile wären
ausschließlich die Christen, die auch an allen diesen Orten die
umfangreichsten Immobilien besitzen. Es sieht so aus, als ob das türkische
Vorgehen vorläufig gefruchtet hätte, denn seit dem Bombardement von
Akaba unternahmen weder Engländer noch Franzosen irgend eine Aktion gegen
Syrien. 2)
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