Der Weltkrieg am 1. Dezember 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Ostfront 1914: In den Kämpfen bei Lodz gefangene Russen
In den Kämpfen bei Lodz gefangene Russen

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Kriegsbeute in Polen

Großes Hauptquartier, 1. Dezember, vormittags.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatze nichts Neues, auch in Ostpreußen und Südpolen herrschte im allgemeinen Ruhe.
In Nordpolen, südlich der Weichsel, steigerte sich die Kriegsbeute in Ausnutzung der gestern gemeldeten Erfolge. Die Zahl der Gefangenen vermehrte sich um etwa 9500, die der genommenen Geschütze um 18. Außerdem fielen 26 Maschinengewehre und zahlreiche Munitionswagen in unsere Hände.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der Durchbruch durch den russischen Ring bei Lodz

Großes Hauptquartier, 1. Dezember.
Anknüpfend an den russischen Generalstabsbericht vom 29. November wird über eine Episode aus den für die deutschen Waffen so erfolgreichen Kämpfen bei Lodz festgestellt: Die Teile der deutschen Kräfte, welche in der Gegend östlich Lodz gegen rechte Flanke und Rücken der Russen im Kampf waren, wurden ihrerseits wieder durch starke, von Osten und Süden her vorgehende russische Kräfte im Rücken ernstlich bedroht. Die deutschen Truppen machten angesichts des vor ihrer Front stehenden Feindes kehrt und schlugen sich in dreitägigen, erbitterten Kämpfen durch den von den Russen bereits gebildeten Ring. Hierbei brachten sie noch 12000 gefangene Russen und 25 eroberte Geschütze mit, ohne selbst auch nur ein Geschütz einzubüßen. Auch fast alle eigenen Verwundeten wurden mit zurückgeführt. Die Verluste waren nach Lage der Sache natürlich nicht leicht, aber durchaus keine ungeheuren. Gewiß eine der schönsten Waffentaten des Feldzuges.
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Der Kaiser in Ostpreußen

Berlin, 1. Dezember. (Priv.-Tel.)
Nach einer Meldung der "Vossischen Zeitung" ist der Kaiser gestern Mittag in Insterburg eingetroffen und hat von dort aus im Kraftwagen die in Ostpreußen kämpfenden Truppen besucht, die den obersten Kriegsherrn mit Jubel begrüßten. Abends um 7 Uhr setzte der Kaiser die Reise fort.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Der serbische Rückzug

Wien, 1. Dezember.
Vom südlichen Kriegsschauplatz wird amtlich gemeldet:
Auf dem südlichen Kriegsschauplatz hat ein weiterer Abschnitt in den Operationen seinen siegreichen Abschluß gefunden. Der Gegner, welcher schließlich mit den gesamten Streitkräften östlich der Kolubara und des Ljig durch mehrere Tage hartnäckigsten Widerstand leistete und wiederholt versuchte, selbst zur Offensive überzugehen, wurde auf der ganzen Linie geworfen und zum Rückzuge gezwungen. Er erlitt neuerdings empfindliche Verluste. Auf dem Gefechtsfelde von Konatice allein fanden unsere Truppen etwa 800 unbeerdigte Leichen. Desgleichen bedeuten die zahlreichen Gefangenen und materiellen Verluste eine namhafte Schwächung, denn seit Beginn der letzten Offensive wurden über 19000 Gefangene gemacht, 47 Maschinengewehre, 46 Geschütze und zahlreiches sonstiges Material erbeutet.
1)

 

Die Maßnahmen der Türkei gegen die feindlichen Ausländer

Konstantinopel, 1. Dezember. (Priv.-Tel.)
Die von der Pforte versagte Sperrung der französischen, englischen und russischen Schulen und sonstigen Wohlfahrtsanstalten bildet einen harten Schlag gegen den bedeutenden Einfluß, den seit Jahrhunderten Frankreich in ganz Kleinasien ausüben konnte. Dank ihrer teilweise mustergültigen Institutionen verstand es die französische Propaganda, überallhin auszugreifen. Vornehmlich lag es in ihrer Macht, dort, wo sich Ansätze deutscher Betätigung zu zeigen begannen, eine Kampfstellung einzunehmen und die uralten Sympathien der Bevölkerung auf die eigene Mühle zu leiten. Es bestehen in Kleinasien etwa 800 französische, durch kaiserlichen Ferman autorisierte Anstalten. Den größten Teil bilden die Schulen, dann die Hospitäler und etwa dreißig Kirchen. Die Schulen wurden jetzt sämtlich geschlossen. In den Krankenhäusern wird wohl der bisherige Betrieb fortgesetzt, doch ist die französische Oberleitung in eine türkische umgewandelt. Auf ihren Dächern weht anstatt der Trikolore die Flagge des Roten Halbmondes. Die Kirchen wurden nicht angetastet und dürfen ihren Dienst wie bisher versehen. Berechnet man die an jeder einzelnen Anstalt wirkenden Kräfte - die Schulkinder sind natürlich nicht inbegriffen - auf mindestens 20 Personen, so bedeutet das die erkleckliche Ziffer von 16 000 Personen. Ein geringer Teil konnte abreisen, während die Mehrheit von der türkischen Regierung zurückgehalten wird. In einem bei Konia errichteten Konzentrationslager fanden vorläufig nur die Russen Aufnahme. Ihre Zahl wird auf höchstens 200 angegeben, darunter eine Anzahl von Geistlichen. Denn die russischen Schulen und anderweitigen Einrichtungen sind nur geringfügig im Verhältnis zu denen der französischen Bundesgenossen. Es leben wohl in Syrien und Palästina einige tausend russische Juden, jedoch zeigt diesen Elementen gegenüber die Pforte weitgehendes Entgegenkommen und bereitet ihrer Aufnahme in den türkischen Staatsverband keine Schwierigkeiten. Die russischen Juden machen auch davon umfassenden Gebrauch. Die französischen und englischen Staatsbürger sind gewissen polizeilichen Bestimmungen unterworfen, dürfen sich jedoch frei bewegen. Jedenfalls beweist die Türkei ihnen gegenüber ein weites Maß von Humanität und Liberalität. Es steht in einem schroffen Gegensatz zu der unwürdigen Behandlung, welche die Staaten der Tripel - Entente anzuwenden für richtig fanden. Aus den syrischen Küstenstädten wie Beirut, Jaffa, Haifa, Alexandrette, Mersina usw. haben die türkischen Behörden und mit ihnen wohl alle muselmanischen Einwohner sich mehr in das Innere zurückgezogen. Dort geblieben sind nur einige Polizeiorgane und gezwungener Weise die in der Mehrheit befindliche christliche Bevölkerung. Durch dieses Vorgehen hofft man eine Beschießung dieser Häfen durch die feindlichen Flotten vermeiden zu können; denn die leidenden Teile wären ausschließlich die Christen, die auch an allen diesen Orten die umfangreichsten Immobilien besitzen. Es sieht so aus, als ob das türkische Vorgehen vorläufig gefruchtet hätte, denn seit dem Bombardement von Akaba unternahmen weder Engländer noch Franzosen irgend eine Aktion gegen Syrien
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Der 1. Weltkrieg im Dezember 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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