Der Weltkrieg am 3. Oktober 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Wieder drei Antwerpener Fort genommen -
Russische Niederlage bei Augustow

Großes Hauptquartier, 3. Oktober, abends. (Amtlich.)
Auf dem französischen Kriegsschauplatz sind heute keine wesentlichen Änderungen eingetreten.
Im Angriff auf Antwerpen fielen auch die Forts Lier, Waelhem, Koenigshookt und die zwischenliegenden Redouten. In den Zwischenstellungen wurden 30 Geschütze erobert. Die in den äußeren Fortgürtel gebrochene Lücke gestattet, den Angriff gegen die innere Fortlinie und die Stadt vorzutragen.
Im Osten sind das 3. sibirische und Teile des 22. Armeekorps, welche sich auf dem linken Flügel der über den Njemen vordringenden russischen Armeen befinden, nach zweitägigem erbitterten Kampfe bei Augustow geschlagen worden Über 2000 unverwundete Gefangene und eine Anzahl Geschütze und Maschinengewehre sind erbeutet worden.
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Der Angriff auf Antwerpen

Die "Frankfurter Zeitung" schrieb am 3. Oktober 1914:
Die Festung Antwerpen, in die sich seit unserem Einbruch in das innere Belgien und seit den Niederlagen des belgischen Heeres in offener Feldschlacht die Trümmer der Armee König Alberts geflüchtet hatten, war in den letzten Wochen des Krieges wenig beachtet worden, weil die deutsche Armee sich darauf beschränkte, die Belgier in ihrem Refugium in Schach zu halten und ihre häufigen Versuche, uns zu belästigen und in den Rücken zu fallen, zurückzuschlagen. Seit der letzten Woche etwa erlaubte oder verlangte es die Kriegslage, der belgischen Zwangshauptstadt energisch zu Leibe zu rücken und dem belgischen Irrtum über die Uneinnehmbarkeit ihres gigantischen Verteidigungswerkes ein Ende zu machen. So ging man denn zum Angriff auf Antwerpen vor. Das geschah in einer Zeit, zu der unsere Feinde glaubten, alle unsere Kräfte seien aufs schwerste gebunden durch die Abwehr des französischen Ansturmes gegen die Aisne-Linie, durch die harte Arbeit auf den beiden Flügeln in Frankreich und vor allem durch die Bekämpfung dessen, was man in London and Bordeaux und anderwärts die furchtbare russische Gefahr zu nennen liebt. In diesem Augenblick der höchsten "Bedrängnis" befanden sich die deutschen Heere überall, auf sämtlichen Kriegsschauplätzen, in allgemeiner, kraftvoller Offensive. Das ist das großartige Ergebnis der vergangenen Woche. In einem weiten Halbkreis, der von Alost über Mecheln nach Moll führte, gingen unsere Truppen gegen die Festung Antwerpen vor und warfen die letzten Divisionen des Feindes, die sich ihnen draußen noch entgegenstellten, hinter den Fortgürtel zurück, soweit sie nicht zersprengt wurden, wie die Flüchtlinge, die nach den Kämpfen um Moll über die holländische Grenze gingen. Seit dem 27. September donnerten unsere schwersten Geschütze gegen die Außenwerke der Festung.
Die Hauptzielpunkte waren die Forts bei Lier und nördlich von Mecheln. Inzwischen zog sich der deutsche Ring immer enger. Auf ihrem linken Flügel bemächtigten sich die Deutschen Termondes, das die amtliche Meldung einen "wichtigen Schulterpunkt" nennt. Wir berichteten schon, daß eine belgische Note zugeben mußte, bei Termonde sei ein sehr schweres deutsches Geschütz in Stellung und feuerte auf die belgischen Forts. Nach zweitägiger Beschießung konnte das deutsche Hauptquartier melden: zwei Forts sind zerstört. Die Belgier leugneten zuerst unseren Erfolg, sie konnten ihn "wohl nicht sehen"; dichter Rauch umhülle die Forts. Nun sind das Fort Wavre-St. Catherine (unweit nördlich von Mecheln) und die starke Redoute Dorpveld erstürmt worden und der Fall des Forts Waelhem, das nach sichtbarer Beschießung eingeschlossen worden ist, steht wohl nahe bevor. Damit ist im Südosten eine mächtige Bresche in den äußeren Fortgürtel Antwerpens gerissen, die leicht so erweitert werden kann, daß sich die gegenüber unseren großartigen Angriffsmitteln ziemlich wehrlose innere Befestigungsanlage, und damit die Stadt selbst, nicht mehr lange wird halten können. Denn wenn der äußere Damm gesprengt ist, sind die deutschen Kanonen dem Herzen der Festung so nahe, daß den Belgiern, wenn sie nicht ganz von Sinnen sind, nichts anderes übrig bleibt, als die Festung zu übergeben, um ein vernichtendes Bombardement von der Stadt fern zu halten.

 

Vom östlichen Kriegsschauplatz

Wien, 3. Oktober. (W. B.)
Die "Neue Freie Presse" meldet aus Budapest: Der Adjutant des kommandierenden Generals der gegen die in Uszok eingefallenen Russen entsandten Truppen hat einem Zeitungsberichterstatter mitgeteilt daß die Russen über Uszok hinaus zurückgetrieben worden sind. Der Kampf war vorgestern beendet. Die Russen dürften anderthalb Brigaden stark gewesen sein und verfügten über 16 Geschütze. Die Verluste der Russen sind sehr schwer.

Berlin, 3. Oktober.
Der "Kreuzzeitung" zufolge hat der in Lemberg eingetroffene russische Metropolit den orthodoxen Glauben als den herrschenden proklamiert.
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Eine serbische Niederlage bei Sarajewo

Rom, 3. Oktober. (Priv.-Tel.)
Aus Nisch kommt die höchst wichtige Nachricht, daß die Serben und Montenegriner ihre Stellungen auf den Romaniahöhen, die Sarajewo von Nordosten beherrschen, haben räumen müssen, da sie gegen die schwere österreichisch-ungarische Artillerie nicht zu halten waren. Zwar fügt das serbische Bulletin hinzu, daß nunmehr die Serben ihre größten Anstrengungen anders wo machen werden. Doch sprach mir gegenüber ein Hauptmann aus dem italienischen Generalstab sein Urteil dahin aus, daß nunmehr vorläufig die serbische Aktion von untergeordneter Bedeutung sei, da keine andere Zone sich so wie das gebirgige Bosnien zur Operation für kleine Kräfte wie die serbischen eignet.
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Der Postverkehr

Brüssel, 3. Oktober. (W. B.)
Seit Anfang Oktober hat die deutsche Postverwaltung den hiesigen seit Wochen unterbrochenen Postverkehr wieder eingerichtet Es werden offene Briefe von und nach Deutschland mit Auslandsporto befördert. In Brüssel müssen die Briefe im Postamt abgeholt werden, da die belgischen Briefträger den Dienst verweigern.

Berlin, 4. Oktober. (W. B. Amtlich.)
Für den Postverkehr im Bereich des Kaiserlich Deutschen Generalgouvernements in Belgien werden Freimarken "Deutsches Reich" zu 3, 5, 10 und 20 Pfg. sowie einfache Postkarten und Weltpostkarten zu 5 und 10 Pfg. mit dem Überdruck "Belgien" und der Wertangabe 3, 5, 10, 25 Pfg. sowie 5 und 10 Cent verwendet werden. Diese Wertzeichen werden in einigen Tagen bei der Kolonialwertzeichenstelle des Briefpostamtes Berlin C 2, Königstraße 61, zum Verkauf gestellt.
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Die Belagerung von Tsingtau

Tokio, 3. Oktober. (W. B. Reuter.)
Wie aus maßgebender Quelle verlautet, wird die japanische Regierung als Antwort auf die Vorstellung der chinesischen Regierung wegen Besetzung der Schantungbahn durch die Truppen der Verbündeten erklären, daß die Linie von den Deutschen benutzt wurde, um die Befestigungswerke von Tsingtau gegen die englisch-japanischen Truppen zu verstärken. Ferner müsse die Besetzung als unbedingte militärische Notwendigkeit beachtet werden, die den Rechten Chinas nach Beendigung des Krieges in keiner Weise schaden werde.

Berlin, 3. Oktober. (Priv.-Tel.)
Folgende Mitteilung wird uns zur Verfügung gestellt. Wenn man die bisher vorliegenden, zum Teil allerdings englischen Quellen entstammenden Nachrichten über den Angriff unserer Gegner auf Tsingtau zusammenfaßt, so ergibt sich folgendes Bild: Vereinigte japanische und englische Streitkräfte gelangten Sonntag, den 27. September nach unbedeutenden Scharmützeln mit vorgeschobenen deutschen Streitkräften bis an den Litsunfluß. Hier wurde ihr rechter Flügel vom Innern der Bucht aus durch drei deutsche Schiffe beschossen, bis japanische Flieger eingriffen. Die Flieger wurden dabei beschädigt. Der Gesamtverlust des Gegners betrag 150 Tote, die deutschen Verluste sind unbekannt. Während der Kämpfe hat ein deutsches Kanonenboot die deutschen Landtruppen in vorzüglicher Weise unterstützt. Das Kanonenboot wurde von der japanischen Flotte angegriffen, scheint aber unbeschädigt geblieben zu sein. Am 28. September beschossen die Japaner mit einer Linienschiffsdivision zwei deutsche Küstenbatterien, die kräftig antworteten. Das Ergebnis ist unbekannt. Am folgenden Tage begann die Heeresmacht der Verbündeten einen Angriff auf die vorgeschobenen deutschen Stellungen vier englische Meilen vor der deutschen Hauptverteidigungslinie. Von deutscher Seite wurde unter Einsatz aller Kräfte geantwortet.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Oktober 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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