Der Weltkrieg am 23. September 1914

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

Drei englische Panzerkreuzer versenkt

Kapitänleutnant Otto Weddigen

Kapitänleutnant Otto Weddigen

Berlin, 23. September. (W. B.)
Aus London wird unter dem 22. September amtlich gemeldet:
Deutsche Unterseeboote schossen in der Nordsee die englischen Panzerkreuzer "Aboukir", "Hogue" und "Cressy" in den Grund. Eine beträchtliche Anzahl Mannschaften wurden durch herbeigeeilte englische Kriegsschiffe und holländische Dampfer gerettet.
Wie uns von amtlicher Stelle mitgeteilt wird, kann eine Bestätigung der Nachricht deutscherseits noch nicht erfolgen, da die Unterseeboote infolge der Entfernung Meldung noch nicht haben erstatten können.
Aus anderen Quellen wird bekannt, daß der Zusammenstoß am 22. zwischen 6 und 8 Uhr früh 20 Seemeilen nordwestlich von Hoek van Holland stattfand. "Aboukir" wurde als erstes Schiff durch einen Torpedo getroffen. Der holländische Dampfer "Flora" brachte 287 Überlebende nach Yjmuiden.
Die Panzerkreuzer "Cressy", "Aboukir" und "Hogue" stammen aus dem Jahre 1900, haben je 12200 Tonnen Wasserverdrängung, eine Bestückung von zwei 23.4, zwölf 15 und zwölf 7.6 cm-Geschützen, Maschinen von 22000 Pferdestärken und 755 Mann Besatzung.

Berlin, 23. September. (W. B.)
Das deutsche Unterseeboot "U 9" hat am Morgen des 22. September etwa 20 Seemeilen nordwestlich von Hoek van Holland drei englische Panzerkreuzer "Aboukir", "Hogue" und "Cressy" zum Sinken gebracht.

Der stellvertretende Chef des Admiralstabes:
Behnke.

Die "Frankfurter Zeitung" schrieb dazu:
Der Verlust der englischen Marine beträgt neben dem Materialverlust nach den Angaben der Geretteten ungefähr drei Viertel der gesamten Besatzung, also ungefähr 1600 Mann. Die Überlebenden wurden von einem englischen Kreuzer, mehreren Zerstörern und sonstigen leichten Streitkräften aufgenommen und gerettet. Der Kommandant des deutschen Bootes, das mit ungefähr 20 Mann besetzt war, ist Kapitänleutnant Otto Weddigen aus Herford; er ist 1882 geboren, 1901 in die Marine eingetreten und als Unterseebootsoffizier ausgebildet. Er besitzt übrigens die Rettungsmedaille. Als erstes Schiff sank der englische Panzerkreuzer "Aboukir" morgens 6 Uhr bei hellem, klaren Wetter. Die beiden anderen Panzerkreuzer beteiligten sich am Rettungswerk, als sie glaubten, daß das Schiff auf eine Mine aufgelaufen sei. Der "Aboukir" ging in fünf Minuten unter. Als zweites Schiff wurde der "Hogue" versenkt, der nach drei Minuten sank, und gegen 8 Uhr endlich die "Cressy".

Berlin, 23. September. (W. B.)
Es wird uns mitgeteilt, daß das Unterseeboot "U 9" und seine Besatzung heute Nachmittag unversehrt zurückgekehrt sind.

Loudon, 23. September. (W. B.)
30 unverletzte Offiziere wurden nach dem Untergang der Kreuzer aus dem Wasser gerettet und in Harwich ans Land gebracht. In Harwich schätzt man die Zahl der Geretteten auf insgesamt 700.

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Kampf um die Sperrforts bei Verdun

Großes Hauptquartier, 23. September, abends.
Auf dem rechten Flügel des deutschen Westheeres, jenseits der Oise, steht der Kampf. Umfassungsversuche der Franzosen haben keinerlei Erfolg gehabt. Ostwärts bis an den Argonnenwald fanden heute keine größeren Kämpfe statt. Östlich der Argonnen ist Varennes im Laufe des Tages genommen worden. Der Angriff schreitet weiter fort.
Die gegen die Sperrforts südlich von Verdun angreifenden Armeeteile haben heftige, aus Verdun über die Maas und aus Toul erfolgte Gegenangriffe siegreich abgeschlagen, Gefangene, Maschinengewehre und Geschütze erbeutet. Das Feuer der schweren Artillerie gegen die Sperrforts Troyon, Les Paroches, Camp des Romains und Lionville ist mit sichtbarem Erfolg eröffnet worden.
In Französisch-Lothringen und an der elsässischen Grenze wurden die französischen Vortruppen an einzelnen Stellen zurückgedrängt.
Eine wirkliche Entscheidung ist noch nirgends gefallen.
Aus Belgien und aus dem Osten ist nichts Neues zu melden.

Generalquartiermeister v. Stein. 1)

 

Die Beschießung der Kathedrale von Reims

Großes Hauptquartier, 23. September. (Amtlich.)
Der Oberkommandierende der bei Reims kämpfenden Truppen hat der Obersten Heeresleitung heute folgendes gemeldet: Wie nachträglich festgestellt worden ist, ist auf die Kathedrale von Reims auch ein Mörserschuß abgegeben worden. Nach einer Meldung des . . ten Armeekorps ist das notwendig gewesen, weil es nicht möglich war, mit dem Feuer der Feldartillerie die deutlich erkannte feindliche Beobachtungsstelle von der Kathedrale zu vertreiben.

Paris, 23. September. (Priv.-Tel.)
Die Franzosen, die zuerst behauptet hatten, die Kathedrale von Reims sei vollständig zerstört, müssen jetzt ihre übertriebenen Behauptungen einschränken.
Die Pariser Ausgabe der "Daily Mail" erhält einen Drahtbericht aus Reims, durch den bestätigt wird, daß die Türme und Mauern der Kathedrale noch stehen. Es sei schwer zu unterscheiden, inwieweit die Beschädigungen an den gotischen Dekorationen vom Unwetter verursacht seien. Das Hauptportal biete einen traurigen Anblick. Auch die anderen Portale seien zerstört. Heruntergefallene Gewölbe und Balken rauchten noch. Einige Teile, wie das große westliche Rundfenster, seien nicht wiederherstellbar. Vor der Fassade liege noch verbranntes Stroh. Die meisten Statuen auf der Westseite seien durch die Explosionen geköpft. Auf alle Fälle sei die Wiederherstellung der Kathedrale noch möglich, wenn sie auch viel Zeit und Geld erfordere.
Jetzt würden noch schwache Salven zwischen den deutschen und den französischen Batterien gewechselt. Die Bevölkerung halte sich größtenteils in den Champagnerkellereien auf. Der Gesamtschaden der Stadt Reims beziffere sich auf 100 Millionen Franken.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Österreichisch-ungarische Erfolge in Serbien

Wien, 23. September, abends. (Amtlich.)
Soeben angelangte Nachrichten vom Balkan-Kriegsschauplatz lassen erkennen, daß nunmehr die beherrschenden Höhen westlich Krupanj (Jogodajah, Biljeg, Crny), um welche tagelang erbittert gekämpft wurde, sämtlich in unserem Besitz sind und daß hier der Widerstand der Serben gebrochen wurde. Daß es wegen der Kämpfe des Gros unserer Balkan-Streitkräfte einzelnen serbischen oder montenegrinischen Banden gelingen konnte, in jene Gebiete vorzudringen, wo nur wenige Gendarmen und die unumgänglich nötigen Sicherheitsbesatzungen zurückgeblieben sind, kann bei dem Charakter des Landes niemand überraschen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Generalmajor. 1)

Wien, 23. September. (W. B.)
Amtlich wird mitgeteilt.
Die Meldungen der Presse der Tripel-Entente über angebliche russische Siege in Galizien grenzen an das Lächerliche. Die Engländer wollen wissen. daß eine unserer siegreichen Armeen in Galizien nicht mehr existiere, und daß sich unsere Streitkräfte in Galizien nur noch auf 60000 bis 80000 Mann belaufen. In Paris beruhigt man sich mit der Nachricht unsere Verluste betrügen mehrere hunderttausend Mann und die uns angeblich zu Hilfe gekommenen deutschen Korps hätten den Rückzug antreten müssen. Man vermeint, unsere Festungen würden keine Rolle mehr spielen. Wenn man den Gegner derart einschätzt, können Überraschungen nicht ausbleiben.
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Von der "Emden"

Madras, 23. September. (W. B.)
Der deutsche Kreuzer "Emden" hat, wie weiter gemeldet wird, bei dem Bombardement neun Schuß abgegeben. Er traf die Tanks der "Birma Oil Company", von denen zwei brennen. Anderthalb Millionen Gallonen Öl sind verloren. Auch das Telegraphenamt und das Seemannsklub-Haus wurden getroffen. Ein englisches Fort erwiderte das Feuer. "Emden" löschte die Lichter und verschwand nach 15 Minuten.
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Das Gefecht bei Sansibar

Kapstadt, 23. September. (W. B.)
Folgende weitere Einzelheiten über das Gefecht zwischen dem englischen Kreuzer "Pegasus" und dem deutschen kleinen Kreuzer "Königsberg" bei Sansibar werden amtlich bekannt gegeben: Die "Königsberg" näherte sich am Sonntag früh 5 Uhr mit hoher Geschwindigkeit und machte ein britisches Wachtboot durch drei Schüsse kampfunfähig. Dann eröffnete auf etwa 8000 Meter die "Königsberg" ein wohlgezieltes Feuer auf den "Pegasus" und setzte es bis auf 6000 Meter Entfernung fort. Die Breitseite des "Pegasus" stand unter der Feuerwirkung und wurde in 15 Minuten zum Schweigen gebracht. Nach einer Kampfpause von 5 Minuten eröffnete die "Königsberg" von neuem das Feuer, das eine Viertelstunde währte. Der "Pegasus" war nicht in der Lage, das Feuer zu erwidern. Beinahe alle Verluste der Engländer traten bei den Geschützen auf dem oberen Deck ein. Das Schiff, das mehrere Treffer in der Wasserlinie erhalten hatte, legte sich stark auf die Seite. Die britische Flagge wurde zweimal heruntergeschossen, aber von den britischen Matrosen immer mit der Hand hochgehalten. Die "Königsberg" hat anscheinend keine oder nur geringe Beschädigungen erlitten.
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Das Gesamtergebnis der deutschen Kriegsanleihen

Berlin, 23. September (W. B. Amtlich.)
Auf die Kriegsanleihen sind gezeichnet worden:

1318199800 Mark

Reichsschatzanweisungen.

1177205000 Mark

Reichsanleihe mit Schuldbucheintragung.

1894171200 Mark

Reichsanleihe ohne Schuldbucheintragung

zusammen 4389576000 Mark

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Der 1. Weltkrieg im September 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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