Der Weltkrieg am 25. August 1914

 

Der König von Württemberg im Felde


König Wilhelm II. von Württemberg

Stuttgart, 25. Aug. (W. B.)
Der König von Württemberg hat sich heute Nacht mit seinem Adjutanten für kurze Zeit ins Feld begeben. Bei seiner Abreise wurde er von einer zahlreichen Menge jubelnd begrüßt.
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Prinz Friedrich v. Sachsen-Meiningen gefallen

Detmold, 25. Aug. (Priv.-Tel.)
Nach einer amtlichen Mitteilung des Geheimen Kabinettsrats des regierenden Fürsten zu Lippe ist dem dortigen Hofe heute Mittag die amtliche Nachricht zugegangen, daß in den Kämpfen der letzten Tage der Schwager des Fürsten, Prinz Friedrich von Sachsen-Meiningen, von Granatsplittern getroffen, den Heldentod für das Vaterland gestorben ist. Prinz Friedrich von Sachsen-Meiningen hatte sich vor einigen Wochen dem Kaiser zur Übernahme eines Kommandos zur Verfügung gestellt. Er war mit der Führung einer Artilleriebrigade beauftragt worden.
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Unsere Verbündeten dringen siegreich in Rußland vor

Wien, 25. Aug. (W. B.)
Das Kriegspressequartier meldet:
Die Offensive unserer Truppen drängt beiderseits der Weichsel unaufhaltsam vor. Westlich des Flusses haben unsere Kräfte im Anschluß an die deutschen Verbündeten unter kleinen Kämpfen die Lysagora überschritten. Sie erreichten gestern den Abschnitt des Kamionkaflusses zwischen Kielce und Radom. Östlich der Weichsel warfen unsere siegreich vordringenden Kräfte am 23. August bei Krasnik auf dem Wege nach Lublin eine starke Gruppe zweier russischer Korps zurück. Über tausend Russen, darunter viele Offiziere, fielen unverwundet in unsere Hände, auch wurde eine Anzahl Fahnen, Maschinengewehre und Geschütze erbeutet.
Ein Vorstoß von 20000 Russen, größtenteils Reiterei, gegen die Grenze der Bukowina wurde bei Nowosielitza vollständig zurückgeschlagen. Dem Feind wurden mehrere hundert Gefangene abgenommen. In überstürztem Rückzuge ließen sie auf dem Kampfplatze viele Kriegsgeräte zurück.
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Die Stadt Namur in deutschen Händen

Berlin, 25. Aug. (W. B.)
Von der Festung Namur sind fünf Forts und die Stadt in unserem Besitz. Vier Forts werden noch beschossen. Ihr Fall steht aber in kurzem bevor.

Der Generalquartiermeister:
v. Stein.
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Mit den Truppen vor Namur

(Von unserem Berichterstatter für den westlichen Kriegsschauplatz.)

Großes Hauptquartier, 25. Aug. (Priv.-Tel.)
Ich war gestern in Lüttich und dann Augenzeuge der Einnahme von Namur. Schon bald hinter der deutschen Grenze zeigten sich Spuren des erbitterten Kampfes, den die Grenzbevölkerung gegen die deutschen Truppen geführt hatte. Einzelne Dörfer sind total eingeäschert; mit Kolben und Bajonett hatten sich unsere Truppen den Durchmarsch erzwingen müssen. Dieser Widerstand war von den Behörden organisiert. Ich war zugegen, als man den Bürgemeister von Clermont einbrachte, auf dessen Veranlassung die Einwohner auf Deutsche geschossen hatten.
Bei Lüttich besichtigte ich zunächst das Fort Fléron, wo die hervorragende Wirkung unserer Feldartillerie deutlich zu sehen war, dann das Fort Loncin, worin sich auch General Leman befunden hatte. Dieses Fort ist ein Trümmerhaufen, in dessen Mitte sich ein 50 Meter großer rund 30 Meter tiefer Trichter befindet. Gegen dieses Fort hatten vom anderen Maas-Ufer aus zwei 42 Zentimeter-Geschütze auf eine Entfernung von 12 Kilometer gefeuert. Die dritte Granate durchschlug die Betondecke des Munitionsraums und das Fort flog in die Luft, 150 seiner Verteidiger unter sich begrabend.
General Leman wurde bewußtlos aufgefunden und gefangen genommen. Er ließ sofort ein Protokoll darüber aufnehmen, daß er bei seiner Gefangennahme bewußtlos gewesen sei, und daß er sich sonst nicht ergeben hätte. Das Fort bietet einen fürchterlichen Anblick. Die Panzertürme sind eingestürzt, die dicken Betonmassen aufeinander getürmt. Als das Fort Hologne, das letzte, das die Belgier in Händen hatten, diese entsetzliche Wirkung unserer schweren Geschütze sah, ergab es sich schon nach den ersten Schüssen der Feldartillerie.
Über den Sturm auf Lüttich werden noch folgende Einzelheiten bekannt. Prinz Lippe fiel an der Spitze seines Regiments mit der Fahne in der Hand. Vor einem Fort lag im Morgengrauen des Sturmtages ein Häuflein von einem General, vier Stabsoffizieren, einigen Hauptleuten und 80 Mann. Diese Heldenschar drang trotz wütender Gegenwehr der Belgier dann durch das Hindernis in das Fort und überwältigte die Besatzung.
In Lüttich liegt zur Zeit ein komplettes Armeekorps. Da die Pont des Arches gesprengt ist, fuhr ich über die sehr geschickt auf Lastkähnen hergestellte Notbrücke und dann weiter auf Namur. Unterwegs zeigten ausgebrannte und noch brennende Häuser, daß die Bevölkerung noch immer nicht Vernunft annehmen wollte. In Andenne erhielten wir die Nachricht, daß Namur gefallen sei und nur noch einige Forts Widerstand leisteten. Bereits bei Lives erblickten wir Anzeichen, daß der Gegner in voller Flucht war. Weggeworfene Gewehre, Käppis und Tornister lagen in Haufen herum. An einer Straßensperre waren zwei Geschütze mit Munition stecken geblieben. Unaufhaltsam drängten unsere Truppen dem Gegner nach, dessen Verluste außerordentlich groß sein müssen. In Jambes, gegenüber Namur, machte ich Halt, während der Geschützkampf zwischen unserer Artillerie und einigen Forts fortdauerte. Der Erfolg bei Namur ist außerordentlich groß.
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Unsere schwere Artillerie in Lüttich - Panik in Belgien

Haag, 25. Aug. (Priv.-Tel.) 
Der Kriegskorrespondent des "Nieuwe Rotterdamsche Courant" schreibt voll Bewunderung über die deutschen strategischen Maßnahmen bei Lüttich. Die schweren Geschütze seien in Teile zerlegt nach Lüttich gebracht worden. Hierbei hätten die Deutschen nichts dem Zufall überlassen und auch keineswegs sich auf das Vorhandensein von Schienen verlassen, obwohl solche aller Wahrscheinlichkeit nach in dem Industriegebiet vorhanden sein mußten. Die deutschen Truppen hätten deshalb Schienen mitgeführt, die u. a. längs der Avenue Rogier gelegt worden seien, worauf man die ungeheuer schweren Geschütze fortbewegt habe. Von dort aus (also aus der Stadt) habe man dann aus einer Entfernung von sechs bis siebentausend Meter die Forts in aller Bequemlichkeit zusammengeschossen, ohne daß Opfer an Zeit oder Soldaten gemacht werden mußten. Die Forts hätten nicht einmal antworten können, da ihr Feuer sonst die eigene Stadt zerstört hätte.
Der Korrespondent der "Daily News", der im Auto von der belgisch-französischen Grenze nach Ostende fuhr, um nicht von deutschen Truppen abgeschnitten zu werden, gibt eine lebendige Schilderung von der Panik der Bevölkerung. Er sagt, die deutschen Truppen rückten unglaublich rasch vor. In flämischen Dörfern härte ihm die Bevölkerung entgegengeschrien: "Warum haben uns die Engländer verraten? Warum hat man uns ganz ohne Nachricht gelassen, so daß wir jetzt hilflos sind?" Der Bericht schließt: Ein paar Stunden später wälzte sich schon die deutsche Flut so rasch daher, daß wir beinahe auf unserem Weg zur Küste abgeschnitten worden wären. Keine Provinz war uns mehr gelassen, wohin wir uns hätten wenden können.
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Die Verwaltung Belgiens


v. d. Goltz

Berlin, 25. Aug. (W. B.) 
Mit der Verwaltung der okkupierten Teile des Königreichs Belgien ist vom Kaiser unter Ernennung zum Generalgouverneur Generalfeldmarschall Frhr. v. d. Goltz beauftragt worden. Die Zivilverwaltung ist dem zum Verwaltungschef ernannten Regierungspräsidenten v. Sandt (Aachen) übertragen worden, dem für die Dauer seiner Tätigkeit das Prädikat "Exellenz" beigelegt ist. Dem Verwaltungschef sind beigegeben Oberregierungsrat v. Wussow (Kassel), Landrat Dr. Kaufmann (Euskirchen), Justizrat Trimborn, Mitglied des Reichstags (Köln), der bisherige Konsul in Brüssel Legationsrat Kempff, sowie der Bürgermeister v. Loebell (Oranienburg). Die Berufung weiterer Beamten, insbesondere von Technikern der Berg- und Bauverwaltung, ist in Aussicht genommen. Generalgouverneur Generalfeldmarschall v. d. Goltz hat sich zur Übernahme seiner neuen Tätigkeit bereits nach Belgien begeben.
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Beklemmung in Frankreich

Rom, 25. Aug. (Priv.-Tel.) 
Die Berichte der italienischen Presse aus Frankreich, die in den ersten Tagen überaus enthusiastisch und zuversichtlich klangen, lassen jetzt erkennen, daß man in Paris anfängt, niedergeschlagen zu sein. Die Pariser Zeitungen ermahnen in Leitartikeln das Publikum, sich nicht von einer Panik ergreifen zu lassen, sondern des Heldenmutes der Väter zu gedenken.
Überaus peinlichen Eindruck müssen Vorgänge in einer Division des 15. Armeekorps gemacht haben. Senator Gervais hatte in einem Blatte erklärt, die Niederlage der Franzosen in Lothringen sei auf eine Panik in der erwähnten Division zurückzuführen, die sich aus Toulon, Marseille und Aix rekrutiert; infolge dieses Vorganges hätten die französischen Truppen die jenseits der Seille bereits errungenen Vorteile wieder verloren. Eine offizielle Note sucht diese Mitteilungen abzuschwächen; es handle sich um Einzelfälle, die bereits unterdrückt seien.
Über die Kämpfe vom 23. August besagt eine amtliche französische Mitteilung: "Westlich der Maas wurden zwei Armeekorps, darunter afrikanische Truppen, die mit Elan vorstürmten, von einem mörderischen Feuer empfangen. Zunächst wichen sie nicht, später aber mußten sie auf einen Gegenangriff der preußischen Garde zurückbiegen. Auch östlich der Maas gingen unsere Truppen nach heftigem Kampf zurück. Sie und die Engländer nahmen auf Deckungsposten Stellung; sie müssen einige Zeit in der Defensive bleiben. Unsere Verluste sind schwer. - Die amtliche Mitteilung bedauert dann, daß die Offensive in Belgien gescheitert sei, doch sei die dortige Defensivstellung intakt gegenüber einem geschwächten Feind. Deutsche Reiterei sei bei Roubaix und Tourcoing, wo nur französische Landwehr stehe, in französisches Gebiet eingedrungen.
Ein italienischer Journalist fand in Boulogne-sur-Mer englische Truppenteile, darunter Hochländer.
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Der Kapitän der "Königin Luise" gerettet

Berlin, 25. Aug. (Priv.-Tel.) 
Wie die "Kreuzzeitung" mitteilt, befindet sich Korvettenkapitän Biermann, der die "Königin Luise" kommandierte, als sie an der Themse-Mündung Minen legte, unter den Geretteten.
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Italien betont seine Neutralität

Rom, 25. Aug. (W. B.) 
Die "Agenzia Stefani" veröffentlicht folgende Mitteilung:
"Einige Schweizer Blätter, besonders die "Gazette de Lausanne", haben in den letzten Tagen Korrespondenzen veröffentlicht, in denen gemeldet wurde, daß 800000 Soldaten in Venetien stehen und daß die Eröffnung des Feldzuges der italienischen Armee bevorstehe. Diese Gerüchte, die zu dementieren eigentlich überflüssig ist, können durch die Bildung kleiner Lager hervorgerufen worden sein, die in der Umgebung aller Garnisonen nach Einberufung der bekannten Reservistenklassen angeordnet wurde, und zwar teils, weil die Räumlichkeiten nicht ausreichten, teils zu Ausbildungszwecken oder aus hygienischen Rücksichten. Aber diese Maßnahme erstreckt sich auf das ganze Gebiet des Königreichs. Sie wird dort sichtbarer, wo die normalen Garnisonen zahlreicher sind, wie im Po-Tale und in Venetien, sie kann aber auch leicht auf der ganzen Halbinsel und selbst in Sizilien und Sardinien festgestellt werden. Das beweist, daß diese Zeitungsnachrichten, die der von Italien in dem gegenwärtigen Konflikt angenommenen Neutralität offenbar widersprechen, jeder Begründung entbehren."
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Der 1. Weltkrieg im August 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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