Der Weltkrieg am 23. August 1914

 

Feldmarschall v. d. Goltz über die Schlacht in Lothringen

Generalfeldmarschall von der Goltz

Generalfeldmarschall von der Goltz

Berlin, 23. Aug. (Priv.Tel.)
Feldmarschall von der Goltz veröffentlicht heute im "Tag" einen Artikel über die Lothringer Schlacht vom 20. August. Er sagt, daß die Schlacht in einem von unserem Generalstab wohl gekannten Gelände sich abspielte und daß unsere Führung durch diesen Umstand erleichtert wurde. Der Sieg kam uns überraschend; denn wir wandten unsere Blicke nach Namur und erwarteten keine große französische Offensive in den ersten Kriegstagen in Lothringen. Die französische Taktik der siebziger Jahre ging dahin, die Deutschen an den großen Festungs- und Fortsgürteln sich verbluten zu lassen, um nachher über sie herzufallen. Allmählich aber ist das Selbstgefühl der besiegten französischen Armee wieder gestiegen, und sie geht jetzt wieder zur Offensive über. Mit kräftigen Gegenangriffen der Franzosen haben wir also gerechnet, nur dachten wir an einen späteren Zeitpunkt.
Ein besonderer Grund muß das Heraustreten der Franzosen veranlaßt, vielleicht erzwungen haben. Einstweilen läßt er sich freilich nur aus der Beachtung der allgemeinen Lage vermuten. Es ist nicht mehr möglich in einer modernen Schlacht, daß man verfügbare Heeresmassen von einem zum anderen bedrohten Flügel hinüberwirft. Das ist durch die enormen Zahlen der modernen Armee unmöglich geworden. Es steigt die Vermutung auf, daß der frühzeitige Einbruch in Lothringen mit starken Kräften im Interesse des linken, in dem französisch-belgischen Grenzgebiet kämpfenden Flügels geschah. Dies läßt den Rückschluß zu, daß es auch dort für die Franzosen nicht günstig steht, und es besteht für uns die Hoffnung, bald auch von dorther gute Nachrichten zu erhalten. Der französische Vorstoß nach Lothringen ist unter großen Verlusten gescheitert. Das gereicht seinen Führern nicht ohne weiteres zum Vorwurf. Ist der Grund, den ich annehme, zutreffend, so war er gerechtfertigt und auch zu rechter Zeit geführt. Er bezeichnet im Vergleich zur Kampfesweise unserer Gegner von 1870 einen Fortschritt trotz des Mißlingens. Das ändert nichts an der Bedeutung unseres Sieges. Das geschlagene Heer wird der befestigten Kriegsstellung in Lunéville und Namur zueilen. Ob es noch imstande sein wird, sie hinreichend zu verteidigen, ist fraglich. Die erste schlimme Erfahrung in der Gegenoffensive wird in Frankreich ihre Wirkung tun. Die Entlastung des anderen Flügels ist unmöglich; die Verteidigung wird lähmend beeinflußt werden. So war unser Sieg eine große Erleichterung für die deutsche Kriegsführung. Ein tüchtiger Feind aber schreckt uns nicht. Deutschland darf mit vermehrter Hoffnung und gestärktem Vertrauen in die Zukunft blicken.
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Die siegreichen Schlachten in Lothringen

(Vom Berichterstatter der "Frankfurter Zeitung" auf dem westlichen Kriegsschauplatz.)

Großes Hauptquartier, 23. August.
Die gewaltigen Kämpfe an unserer Westfront sind als eine Reihe selbständiger Operationen anzusehen, die von den einzelnen Armeegruppen durchgeführt wurden. Die Franzosen hatten scheinbar die Absicht, in breiter Front zwischen Metz und Straßburg vorzustoßen und gleichzeitig durch Vorbrechen in der Linie Delle-Belfort den linken Flügel der deutschen Aufstellung zu umfassen und so diese aufzurollen. Der erste isolierte Versuch einer französischen Armeeabteilung wurde durch die Schlacht bei Mülhausen abgewiesen, er war verfrüht, da die französische Heeresleitung noch nicht ihre Massen für den zwischen Metz und Straßburg zu führenden Hauptstoß heran hatte. Jetzt wurde dieser Plan wieder aufgenommen, und die französische Heeresleitung setzte zum großen Offensivstoß an. Inzwischen war auch der deutsche Aufmarsch beendet, und dem Vorstoß der Franzosen kam die Offensive der Deutschen entgegen. Die größte Schlacht begann, die je die Welt gesehen hatte. Die Franzosen, die teilweise zu den besten französischen Truppen gehörten, den Bretonen und Normannen, schlugen sich teilweise gut, aber in dem furchtbaren mehrtägigen Ringen erlahmten ihre Nerven rascher als die der kühleren Nordländer. Mit der den Franzosen eigentümlichen Geschicklichkeit im Ortsgefecht hatten sie die Ortschaften und Häuser zur Verteidigung eingerichtet, Straßen und Wege durch Verhaue gesperrt. Mit Löwenmut gingen die Deutschen drauf, zum überwiegenden Teil Mitglieder süddeutscher Stämme: Bayern, Schwaben, Badener. In unwegsamem Gebirgsgelände, wo auf bewaldeten Höhen die Artillerie keinen Platz zum Auffahren und kein Schießfeld fanden, gingen die Schützenlinien allein vor, und wo im Waldesdickicht man nahe auf den Gegner stieß, da halfen Bajonett und Kolben, dieses Lieblingsinstrument der Bayern, den Gegner werfen. Linientruppen und Reserven fochten famos, mit wildem Berserkerzorn gingen auch die Landwehren drauf. Wo aber deutsche Batterien Raum zum Auffahren und Schußfeld fanden, da fegten sie das Gelände mit einem Eisenhagel, in dem nichts Lebendes ausdauern konnte. Die französischen Gefangenen erzählten auch nach der Schlacht von der mörderischen Wirkung der Artilleriegeschosse und der fabelhaften Treffsicherheit der deutschen Batterien.
Am 20. wurden die Franzosen zurückgedrückt, und am 21. wurde die feindliche Hauptstellung, darunter auch der bekannte Donon, erstürmt, von dessen Gipfel aus die Franzosen im Paß von Schirmeck die von Straßburg aus vorgehende kleine Festungsabteilung zusammengeschossen hatten. Nun gab es kein Halten mehr, die französische Armee mußte den Rückzug antreten, der unter dem vernichtenden deutschen Verfolgungsfeuer zur Flucht ausartete. Geschütze und Gefangene fielen in großer Zahl in die Hände der Deutschen. Die Gefangenen zeigten teilweise gute Haltung und Benehmen sowie auch Schamgefühl und Schmerz darüber, unverwundet in die Hände der Deutschen gefallen zu sein. Inzwischen drängten die Deutschen unaufhaltsam dem Gegner nach. Unter gewaltigen Marschleistungen eilte alles vorwärts, und nicht einmarschierte Landwehr-Regimenter rangen sich Marschleistungen ab, die jeder Linientruppe im Augenblick des höchsten Marschtrainings Ehre gemacht hätten. Der Vormarsch
ging in der Richtung Lunéville-Blamont. Mit dem Siege im Zentrum war aber das ganze französische Angriffsgebäude eingestürzt, und auch die auf dem rechten Flügel in der Gegend von Mülhausen stehenden französischen Truppenteile zogen sich in südlicher Richtung zurück. In kurzer Zeit dürfte daher das Elsaß ganz vom Feinde verlassen werden.
Inzwischen war auch die Armee des Kronprinzen vorgegangen und bei Longwy auf den Gegner gestoßen. Der Ansturm der Deutschen erwies sich als so gewaltig, daß die Franzosen an verschiedenen Stellen in voller Auflösung geworfen wurden. Eine sofort vorstoßende Kavalleriedivision fand das Gelände mit weggeworfenen Gewehren, Ausrüstungsstücken und Käppis übersät. Die Verfolgung dauert noch an.
Der Sieg ist vollständig und glänzend, wie er nicht schöner gedacht werden kann. Er gewinnt aber auch dadurch an Bedeutung, weil diese Schlacht die größte gewesen ist, die je geschlagen wurde, da in ihr sich auf der Gesamtausdehnung des Kampffeldes von Longwy bis Mülhausen über zwei Millionen Menschen gegenüberstanden.
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Erfolg auf der ganzen Linie

Berlin, 23. Aug. (W. B.)
Nördlich von Metz hat der deutsche Kronprinz, mit seiner Armee zu beiden Seiten von Longwy vorgehend, den gegenüberstehenden Feind siegreich zurückgeworfen.
Die in Lothringen siegreiche Armee unter Führung des Kronprinzen von Bayern hat auf der Verfolgung des geschlagenen Feindes die Linie Lunéville-Blamont erreicht und setzt die Verfolgung fort.
Vor Namur donnern seit vorgestern die deutschen Geschütze.

Großes Hauptquartier, 23. August.
(Von unserem Berichterstatter für den westl. Kriegsschauplatz.)
Der Sieg der kronprinzlichen Armee bei Longwy ist vollkommen, da hier ebenfalls der Rückzug der Franzosen in voller Auflösung erfolgte. Eine sofort nachstoßende Kavallerie-Division fand die Rückzugsstraße mit Ausrüstungsstücken, Gewehren, Tornistern und Käppis übersät. Die Verfolgung wird energisch fortgesetzt.
Die bei Metz geworfenen französischen Heeresteile gehen weiter zurück. Die Franzosen fochten teilweise gut, doch zeigt die große Anzahl französischer Gefangener ein Nachgeben des Geistes der Truppen, aber sie sind auch ein Beweis für die ausgezeichnete deutsche Führung, die in sehr schwierigem Waldgelände, wo teilweise Infanterie ohne Artillerievorbereitung angreifen mußte, viele Gefangene abschnitt. Die deutschen Truppen griffen in den letzten Tagen mehrfach trotz Mangels an Artillerievorbereitung die befestigten französischen Stellungen mit großer Bravour an und warfen alles über den Haufen.
Namur wird zur Zeit noch beschossen, doch dürfte der Erfolg auch hier nicht lange mehr auf sich warten lassen.

Berlin, 23. Aug. (W. B.)
Die Truppen, die unter Führung des Kronprinzen von Bayern in Lothringen gesiegt haben, haben die Linie Lunéville-Blamont-Cirey überschritten. - Das 21. Armeekorps ist heute in Lunéville eingezogen. Die Verfolgung beginnt reiche Früchte zu tragen. Außer zahlreichen Gefangenen und Feldzeichen hat der an und in den Vogesen vorgehende linke Flügel bereits 150 Geschütze erbeutet.
Die Armee des deutschen Kronprinzen hat heute den Kampf und die Verfolgung vorwärts Longwy fortgesetzt.
Die zu beiden Seiten von Neufchateau vorgehende Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg hat heute eine über den Semois vorgedrungene französische Armee vollständig geschlagen und befindet sich in der Verfolgung. Zahlreiche Geschütze, Feldzeichen und Gefangene, und mehrere Generale sind ihr in die Hände gefallen. Westlich der Maas sind unsern Truppen im Vorgehen gegen Maubeuge. Eine vor ihrer Front auftretende englische Kavalleriebrigade ist geschlagen.

Der Generalquartiermeister v. Stein. 2)

 

Unser Heer in Feindesland

An die Bevölkerung in dem von deutschen Truppen besetzten Feindesland erlassen unsere Kommandeure einen Aufruf der in deutscher Übersetzung lautet:

"Bürger!

Ein Truppenkorps der deutschen Armee unter meiner Führung hat Ihre Stadt besetzt. Da der Krieg nur zwischen den Heeren geführt wird, garantiere ich in aller Form Leben und Privateigentum aller Einwohner unter folgenden Bedingungen:
1. Die Einwohner enthalten sich streng jeder feindlichen Handlung gegen die deutschen Truppen.
2. Die Lebensmittel und Furage für unsere Leute und Pferde sind von den Einwohnern zu liefern. Jede Lieferung wird sofort in barer Münze bezahlt oder es wird eine Quittung ausgestellt, deren Begleichung nach beendigtem Krieg garantiert wird.
3. Die Einwohner haben unsere Soldaten und Pferde aufs beste unterzubringen und die Häuser während der Nacht zu beleuchten.
4. Die Einwohner haben die Wege in befahrbaren Zustand zu versetzen, alle durch den Feind errichteten Hindernisse zu entfernen und unsere Truppen aufs beste zu unterstützen, damit sie ihre in Feindesland doppelt schwierige Aufgabe erfüllen.
5. Es ist verboten, sich auf den Straßen zusammenzurotten, die Glocken zu läuten oder mit dem Feind in gleichviel welcher Art in Verbindung zu treten.
6. Alle Waffen, die sich im Besitz der Einwohner befinden, müssen innerhalb zweier Stunden auf der Bürgermeisterei abgegeben werden.
7. Der Bürgermeister, der Geistliche und vier angesehene Bürger der Stadt haben sich sofort zu mir zu begeben, um als Geiseln während des Aufenthaltes der Truppen zu dienen.
Unter diesen Bedingungen - ich wiederhole es - sind Leben und Privateigentum der Einwohner völlig sicher. Die strenge Disziplin, an die unsere Truppen gewöhnt sind, ermöglicht es sogar, daß kein Einwohner gezwungen sein wird seine Geschäfte zu vernachlässigen oder seinen Herd zu verlassen. Andererseits werde ich die strengsten Maßnahmen treffen, sobald die vorgenannten Bedingungen nicht erfüllt werden. In dieser Hinsicht werde ich mich in erster Linie an die Geiseln halten. Außerdem wird jeder Einwohner erschossen, der mit Waffen in der Hand oder bei irgendeiner unseren Truppen feindlichen Handlung betroffen wird.
Schließlich ist die ganze Stadt verantwortlich für die Handlungen jedes einzelnen ihrer Einwohner und wird daher gut tun, eine gegenseitige Aufsicht zu üben, um die Einwohner von den unangenehmen Folgen zu bewahren, die ein Zusammenwirken mit dem Feind nach sich ziehen muß.
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Im deutschen Brüssel

Amsterdam, 23. Aug. (Priv.-Tel.)
Der Korrespondent der "Times" in Brüssel meldet, daß der deutsche General v. Arnim mit dem Bürgermeister Max folgendes vereinbarte: Freien Durchzug der deutschen Truppen. 3000 Mann deutsche Besatzung bleiben in Brüssel. Die Requisitionen werden bar bezahlt, privates und öffentliches Eigentum geschont. Die Gemeindeverwaltung bleibt ohne deutsche Kontrolle. Der Bürgermeister behält die Oberleitung.
Die Deutschen stellten den Dienst der Straßenbahn, der Post und des Telephons wieder her, ebenso den Eisenbahndienst mit Lüttich und die telegraphische Verbindung mit Deutschland. Sie ließen die belgischen Fahnen ruhig am Rathaus und den Privatbanken. Das Erscheinen der Zeitungen wurde eingestellt. Die Kaffeehäuser werden um 9 Uhr geschlossen.
Zahlreiche Deutsche fragen hier an, ob sie nach Brüssel zurückkehren können, wovon aber anläßlich der stattfindenden Kriegsoperationen vorläufig abzuraten ist.
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Der Krieg gegen Serbien

Wien, 23. Aug. (Priv.-Tel.)
Aus Sarajewo wird gemeldet: Nach Erzählung von Verwundeten wurden die gemeldeten für Österreich-Ungarn siegreichen Kämpfe bei Visegrad und Rudo mit großer Hartnäckigkeit geführt. Unsere Truppen kämpften mit einer bewundernswerten Bravour und brachten dem Feinde enorme Verluste bei, was daraus hervorgeht, daß in einem Schützengraben allein 500 Serben tot gefunden wurden. Daß auch wir namhafte Verluste haben, ist der Tollkühnheit und Todesverachtung zuzuschreiben, mit der sich unsere Truppen auf den Feind warfen. Sie sind nach Versicherung unserer Offiziere einfach nicht zu halten, und der Bajonettsturm ist ihre liebste Kampfesweise.
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Das deutsche Skutari-Detachement im Kampfe

Berlin, 23. Aug. (W. B.)
Aus Sarajewo ging heute Nachmittag folgende Meldung beim Admiralstab der Marine ein: Am 20. August Serbenstellung Höhe 954 bei Visegrad genommen. Seesoldaten in erster Linie. Drei tot, zwei Offiziere 21 Mann verletzt. Verhalten Mannschaft mustergültig.
Gez. Major Schneider.
Es handelt sich um unser Skutari-Detachement, das sich nach dem Abzug von Skutari den österreichischen Operationen angeschlossen hat.
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Ein Seegefecht in der Adria

Wien, 23. Aug. (Priv.-Tel.)
Laut einer offiziellen Nachricht aus Cetinje haben sich von dem österreichisch-ungarischen kleinen Kreuzer "Zenta", der am 16. August im Kampfe mit der französischen Flotte untergegangen ist, 14 Stabs- und 170 Mannschaftspersonen, darunter 50 Verwundete, auf montenegrinischen Boden gerettet. Alle sonst in der ausländischen Presse verbreiteten Nachrichten über Verluste der österreichischen Kriegsmarine, die mit Seegefechten in der Adria im Zusammenhange stehen sollen, sind vollkommen aus der Luft gegriffen.
Wir können nur unserer Freude Ausdruck geben über das heldenmütige Verhalten dieses kleinen Kreuzers, der mit geringem Deplacement und geringer Bestückung einer großen Übermacht gegenüber im Geiste Tegetthoffs sich heldenmütig geschlagen hat.
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Das Ultimatum Japans und seine Beantwortung

Berlin, 23. Aug. (W. B.)
Das von der hiesigen japanischen Botschaft dem Auswärtigen Amt überreichte Ultimatum lautet in deutscher Übersetzung:

"Die Kaiserlich Japanische Regierung erachtet es in der gegenwärtigen Lage für äußerst wichtig und notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, um alle Ursachen zur Störung des Friedens im fernen Osten zu beseitigen und das allgemeine Interesse zu wahren, das durch den Bündnisvertrag zwischen Japan und Großbritannien ins Auge gefaßt ist, um einen festen und dauernden Frieden in Ostasien zu sichern, dessen Herstellung das Ziel des besagten Abkommens bildet. Sie hält es deshalb aufrichtig für ihre Pflicht der Kaiserlich Deutschen Regierung den Rat zu erteilen, die nachstehenden beiden Vorschläge auszuführen: 1. unverzüglich aus den japanischen und chinesischen Gewässern die deutschen Kriegsschiffe und bewaffneten Fahrzeuge jeder Art zurückzuziehen und diejenigen, die nicht zurückgezogen werden können, alsbald abzurüsten; 2. bis spätestens am 15. September 1914 das gesamte Pachtgebiet von Kiautschou bedingungslos und ohne Entschädigung den Kaiserlich Japanischen Behörden zu dem Zweck zu überantworten, es eventuell an China zurückzugeben. Die Kaiserlich Japanische Regierung kündigt gleichzeitig an, daß, falls sie nicht bis zum 23. August 1914 mittags von der Kaiserlich Deutschen Regierung eine Antwort erhalten sollte, die die bedingungslose Annahme der vorstehenden von der Kaiserlich Japanischen Regierung erteilten Ratschläge enthält, sie sich genötigt sehen wird, so vorzugehen, wie sie es nach Lage der Sache für notwendig befinden wird."

Auf dieses Ultimatum ist dem hiesigen japanischen Geschäftsträger heute Vormittag die nachstehende mündliche Erklärung abgegeben worden:
"Auf die Forderungen Japans hat die deutsche Regierung keinerlei Antwort zu geben. Sie sieht sich daher veranlaßt, ihren Botschafter in Tokio abzuberufen und dem japanischen Geschäftsträger in Berlin seine Pässe zuzustellen."

Wien, 23. Aug. (Priv.-Tel.)
Der hiesige japanische Gesandte Sato stellte gegenüber einem Vertreter der "Politischen Korrespondenz" fest, daß der Konflikt, der zwischen Japan und Deutschland entstanden ist, sich ausschließlich auf den äußersten Osten beschränkt und die Lage in Europa in keiner Weise berührt.
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Italien bleibt neutral

Eine beruhigende Erklärung des italienischen Ministerpräsidenten


Ministerpräsident Salandra

Rom, 23. Aug. (W. B.)
Die "Tribuna" schreibt:
Ministerpräsident Salandra empfing eine Vertretung der sozialistischen Gruppe des Parlaments, die um die Entscheidung der Regierung bezüglich der Zusammenberufung des Parlaments ersuchte. Salandra antwortete, nach Ansicht der Regierung sei bisher keine Tatsache eingetreten, die die Zusammenberufung notwendig machte. Die Regierung sei fest entschlossen, die Politik der Neutralität weiter zu verfolgen, die aus Gründen angenommen worden sei, die aller Welt bekannt seien.
Die Vertreter der Gruppe bestanden auf ihrem Ersuchen, indem sie hervorhoben, die Zusammenberufung des Parlaments werde den Vorteil haben, gegenüber der öffentlichen Meinung aufklärend zu wirken und das Verhalten der Regierung sicherer zu machen gegen Strömungen, die eventuell versuchen könnten, sie zu einer Änderung der Politik zu veranlassen. Die Vertreter spielten dabei auf die Möglichkeit einer Mobilisierung an.
Salandra antwortete, nichts berechtige zu einer solchen Annahme. Er erklärte alle Gerüchte von einer Mobilisierung für unbegründet.
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Der 1. Weltkrieg im August 1914

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 1
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1914)

 

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