Gefangene
Franzosen in Frankfurt
Frankfurt,
12. Aug.
Nachdem in den letzten Tagen wiederholt Gefangenentransporte die Linie
Frankfurt passiert haben, sind gestern die ersten gefangenen Franzosen,
etwa 200 Mann Artilleristen und Infanteristen, in Frankfurt eingeliefert
worden. Vom Südbahnhof wurden sie unter Begleitung von beritten
Schutzleuten nach der Bethmannschule in der Seilerstraße gebrach, was in
den Straßen, die der Zug passierte natürlich nicht geringes Aufsehen
erregte. Unter den Gefangenen waren zwei Offiziere, die im Polizeigefängnis
Unterkunft fanden. Seit heute früh ist die Bethmannschule von einem Heer
von Neugierigen umlagert, das die enge Straße und die Promenadenwege
sperrt, die an den Schulhof grenzen. Von einem Seitengang an der Promenade
kann man durch das Hofgitter das Treiben im Innern beobachten. Ein
Wachtkommando ist aufgeboten. Im Innern stehen die gefangenen Franzosen in
ihrer malerischen Uniform, roten Käppis, blauen, frackartigen Röcken und
und roten Hosen, zum Teil Pumphosen mit blauen Wickelgamaschen umher. Sie
rauchen Zigaretten und führen lebhafte Unterhaltungen. Während beim
Transport gestern Abend die Gefangenen von einigen übereifrigen Patrioten
mit höhnischen Zurufen belästigt wurden, benahmen sich die vielen
Hunderte in der Seilerstraße und längs der Promenade auf den
Augenblick warteten, in dem die einen Franzosen zu sehen bekommen,
durchaus taktvoll. In den Gesprächen kommt zum Ausdruck, daß wir als
Kulturvolk unsere Gefangenen menschlich zu behandeln haben, selbst dann,
wenn das von dem Gegner nicht immer geschieht. Vermutlich bleiben die
Gefangenen nicht in Franfurt, weil hier für solche Zwecke keine Lokalitäten
vorhanden sind. Man wartet weitere Transporte ab und bringt alle zusammen
nach einer östlichen Festung. 2)
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