Der Weltkrieg am 11. November 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Unterzeichnung des Waffenstillstandes - Einstellung der Feindseligkeiten an allen Fronten

Großes Hauptquartier, 11. November.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Bei Abwehr amerikanischer Angriffe östlich der Maas zeichneten sich durch erfolgreiche Gegenstöße das brandenburgische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 207 unter seinem Kommandeur Oberstleutnant Hennigs und Truppen der 192. sächsischen Infanterie-Division unter Führung des Oberstleutnants v. Zeschau, Kommandeur des Infanterie-Regiments Nr. 183, besonders aus.
Infolge Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages wurden heute mittag an allen Fronten die Feindseligkeiten eingestellt.

Der Erste Generalquartiermeister
    Gröner.

Amsterdam, 11. November. 
Das niederländische Pressebureau Radio hat einen drahtlosen Bericht aufgefangen, daß der Waffenstillstand um 5 Uhr morgens französischer Zeit unterzeichnet wurde und um 11 Uhr französischer Zeit in Kraft tritt. 
Foch schickte folgendes Radiotelegramm an den Oberkommandierenden: 
Die Feindseligkeiten werden an der ganzen Front vom 11. November, 11 Uhr vormittags französischer Zeit an eingestellt werden. Die alliierten Truppen dürfen, bis ein neuer Befehl eintrifft, die an diesem Tage und zu dieser Stunde erreichte Linie nicht überschreiten.
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Die Bayern räumen Tirol

Wien, 11. November. 
Die Korrespondenz Herzog meldet aus Innsbruck: 
Die Bayern setzten ihren Rückzug aus Tirol fort und räumten bereits den Brenner, über welchen die Italiener in Autos folgten. Die Italiener organisieren in Südtirol allmählich den Abtransport der Ausrüstungen und Truppen in die Heimat. Zurzeit sollen sich noch etwa 300000 österreichische Soldaten in Südtirol befinden.
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Verzicht Kaiser Karls auf Anteil an den Staatsgeschäften

Kaiser Karl

Kaiser Karl

Wien, 11. November. 
Der Kaiser hat folgende Kundgebung erlassen: 

"Seit meiner Thronbesteigung war ich unablässig bemüht, meine Völker aus den Schrecknissen des Krieges hinauszuführen, an dessen Ausbruch ich keinerlei Schuld trage. Ich habe nicht gezögert, das verfassungsmäßige Leben wieder herzustellen und habe den Völkern den Weg zu ihrer selbständigen staatlichen Entwicklung eröffnet. Nach wie vor von unwandelbare Liebe für alle meine Völker erfüllt, will ich ihrer freien Entfaltung meine Person nicht als Hindernis entgegenstellen. Im voraus erkenne ich die Entscheidung an, die Deutsch-Österreich über seine künftige Staatsform trifft.
Das Volk hat durch seine Vertreter die Regierung übernommen. Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Gleichzeitig enthebe ich meine österreichische Regierung ihres Amtes. Möge das Volk von Deutsch-Österreich in Eintracht und Versöhnlichkeit die Neuordnung schaffen und befestigen. Das Glück meiner Völker war von Anbeginn das Ziel meiner heißesten Wünsche. Nur der innere Friede kann die Wunden dieses Krieges heilen.

  Karl m. p.                  Lammasch m. p." 1)

 

Deutsch-Österreich Bestandteil der Deutschen Republik


Dr. Renner

Seitz

Lammasch

Wien, 11. November.
Der Staatsrat hat den vom Staatskanzler Dr. Renner vorgelegten Gesetzentwurf angenommen, in dem Deutsch-Österreich als Republik und als Bestandteil der Deutschen Republik erklärt wird. Der Präsident des Staatsrats Seitz begab sich sofort nach Fassung des Beschlusses mit Renner und Staatsnotar Silvester zu dem k. k. Ministerpräsidenten Lammasch, um ihm den Beschluß des Staatsrates mitzuteilen und zu versuchen, diesen Beschluß den beteiligten Faktoren zur Kenntnis zu bringen.
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Ich trat vor ein Soldatengrab
und sprach zur Erde tief hinab:
"Mein stiller grauer Bruder du,
das Danken läßt uns keine Ruh´.
Ein Volk in toter Helden Schuld
brennt tief in Dankes Ungeduld.
Daß ich die Hand noch rühren kann,
das dank´ ich dir, du stiller Mann.
Wie rühr´ ich sie dir recht zum Preis?
Gib Antwort, Bruder, daß ich´s weiß!
Willst du ein Bild von Erz und Stein?
Willst einen grünen Heldenhain?"


Und alsobald aus Grabes Grund
ward mir des Bruders Antwort kund:
"Wir sanken hin für Deutschlands Glanz.
Blüh´, Deutschland, uns als Totenkranz!
Der Bruder, der den Acker pflügt,
ist mir ein Denkmal, wohlgefügt.
Die Mutter, die ihr Kindlein hegt,
ein Blümlein überm Grab mir pflegt.
Die Büblein schlank, die Dirnlein rank
blühen mir als Totengärtlein Dank.
Blüh´, Deutschland, überm Grabe mein
jung, stark und schön als Heldenhain!"


Walter Flex
Gefallen 1917 auf Ösel

 

Der 1. Weltkrieg im November 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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