Der Weltkrieg am 4. November 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Westfront 1. Weltkrieg: Beim Vormarsch der Amerikaner bei Imecourt gefallener deutscher MG-Schütze
Beim Vormarsch der Amerikaner bei Imecourt gefallener deutscher MG-Schütze
Aufnahme vom 4. November 1918

 Der deutsche Heeresbericht:

Vorfeldkämpfe bei Gent

Großes Hauptquartier, 4. November.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
Vorfeldkämpfe vor unseren neuen Linien nördlich von Gent. Wir stehen am Kanal und am Westrand der Stadt in Gefechtsfühlung mit dem Gegner. Östlich von Valenciennes haben wir unsere Front vom Gegner etwas abgesetzt. Der Feind stand am Abend bei Onnaing-Jenlain und Villers Pol. Beiderseits von Le Quesnoy und Landrecies gesteigerter Artilleriekampf. Westlich von Landrecies wiesen wir erneute Angriffe des Feindes im Gegenstoß ab.
Heeresgruppen Deutscher Kronprinz und Gallwitz:
Zwischen Oise und Aisne lebte die Artillerietätigkeit am Abend auf. Sie war nördlich von Guise und Banogne, hier in Verbindung mit erfolglosen Teilangriffen des Gegners, von größerer Heftigkeit. Im Anschluß an die gestern gemeldete Zurückverlegung unserer Front östlich der Aisne nahmen wir auch westlich der Maas unsere Linien etwas zurück. Vorfeldkämpfe südlich von Le Chesne und bei Verrières, starke Angriffe der Amerikaner zwischen Sommauthe und Belval brachten wir im Walde nördlich von Belval zum Stehen. Auf dem östlichen Maas-Ufer scheiterten heftige Teilangriffe, zwischen Maas und Mosel mehrfache Vorstöße des Gegners. Westlich der Mosel säuberten wir kleine aus den letzten Kämpfen in Feindeshand gebliebene Grabenstücke.

Der Erste Generalquartiermeister
    Gröner.
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Gewaltiges Ringen zwischen Schelde und Oise

Berlin, 4. November, abends. (Amtlich.) 
Gewaltiges Ringen zwischen Schelde und Oise. Der von Engländern und Franzosen auf mehr als 60 Kilometer breiter Front erneut erstrebte Durchbruch wurde vereitelt. Zwischen Le Quesnoy und Landrecies singen Reserven den Stoß des Feindes auf; auf der übrigen Front brachten unsere vorderen Kampftruppen seinen Ansturm zum Stehen. Westlich der Maas haben sich im Walde von Dieulet Kämpfe entwickelt.
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An das deutsche Volk!

Die Not der Zeit lastet auf der Welt und auf dem deutschen Volk. Wir müssen diese schweren Tage und ihre Folgen überwinden. Heute schon müssen wir arbeiten für die glücklicheren Zeiten, auf die das deutsche Volk ein Anrecht hat. Die neue Regierung ist am Werk, diese Arbeit zu leisten. Wichtiges ist erreicht: Das gleiche Wahlrecht in Preußen ist gesichert.
Eine neue Regierung hat sich aus den Vertretern der Mehrheitsparteien des Reichstages gebildet.
Der Reichskanzler und seine Mitarbeiter bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Reichstages und damit des Volkes.
Grundlegende Rechte sind von der Person des Kaisers auf die Volksvertretung übertragen worden.
Kriegserklärung und Friedensschluß unterliegen der Genehmigung des Reichstages.
Die Unterstellung der Militärverwaltung unter den verantwortlichen Reichskanzler ist durchgeführt.
Eine weitgehende Amnestie ist erlassen.
Preßfreiheit und Versammlungsrecht sind gewährleistet.
Doch vieles bleibt noch zu tun.
Die Umwandlung Deutschlands in einen Volksstaat, der an politischer Freiheit und sozialer Fürsorge hinter keinem Staate der Welt zurückstehen soll, wird entschlossen weitergeführt.
Die Neugestaltung kann ihre befreiende und heilende Wirkung nur ausüben, wenn sie einen Geist in den Verwaltungs- und Militärbehörden findet, der ihre Zwecke erkennt und fördert. Wir erwarten von unseren Volksgenossen, die in amtlicher Stellung das Gemeinwesen zu bilden berufen sind, daß sie uns willige Mitarbeiter sein werden.
Wir brauchen in allen Teilen des Staates und des Reiches die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit durch das Volk selbst. Wir haben Vertrauen zu dem deutschen Volk. Es hat sich in vier furchtbaren Kriegsjahren glänzend bewährt. Es wird sich nicht von Phantasten sinnlos und nutzlos in neues Elend und Verderben hineintreiben lassen.
Selbstzucht und Ordnung tuen not.
Jede Disziplinlosigkeit wird den Abschluß des baldigen Friedens auf das schwerste gefährden.
Die Regierung und mit ihr die Leitung von Heer und Flotte wollen den Frieden, sie wollen ihn ehrlich und sie wollen ihn bald. Bis dahin müssen wir die Grenzen vor dem Einbruch des Feindes schützen. Den seit Wochen in harten Kampf stehenden Truppen muß durch Ablösung Ruhe geschaffen werden. Nur zu diesem Zweck, aus keinem anderen Grunde, sind die Einberufungen der letzten Zeit durchgeführt worden.
Den Mannschaften des Landheers und der Flotte wie ihren Führern gebührt unser besonderer Dank. Durch ihren Todesmut und ihre Manneszucht haben sie das Vaterland gerettet.
Zu den wichtigsten Aufgaben gehört der Wiederaufbau unserer Volkswirtschaft, damit die von der Front in die Heimat zurückkehrenden Soldaten und Matrosen in geordneten Verhältnissen die Möglichkeit vorfinden, sich ihre und ihrer Familie Existenz wieder zu sichern. Alle großen Arbeitgeberverbände haben sich bereit erklärt, ihre frühern, jetzt eingezogenen Angestellten und Arbeiter sofort wieder einzustellen. Arbeitsbeschaffung, Erwerbslosenunterstützung, Wohnungsfürsorge und andere Maßnahmen auf diesem Gebiete sind teils in Vorbereitung, teils schon ausgeführt. Mit dem Friedensschluß wird sich bald eine Besserung der Nahrungs- wie aller anderen Verhältnisse einstellen.
Deutsche Männer und Frauen! Kampf und Frieden sind unsere gemeinsame Aufgabe. Staat und Reich sind unsere gemeinsame Zukunft. Euer Vertrauen, das unentbehrlich ist in der Stunde der Gefahr, ist in Wahrheit nichts anderes als das Vertrauen des deutschen Volkes zu sich selbst und zu seiner Zukunft. Die gesicherte Zukunft Deutschlands ist unser Leitstern.

Berlin, den 4. November 1918.

Reichskanzler Max, Prinz von Baden.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers von Payer.
Der Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums Dr. Friedberg.
Die Staatssekretäre: Dr. Solf, Graf von Roedern,
Dr. von Krause, Rüdlin, von Waldow, Freiherr
von Stein, Scheidemann, Groener, Erzberger,
Haußmann, Bauer, Trimborn, der Staatssekretär des
Reichsmarineamts Ritter von Mann, der Kriegsminister
Scheüch.

 

Der 1. Weltkrieg im November 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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