Der Weltkrieg am 17. Oktober 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Zurücknahme der Front hinter die Lys

Großes Hauptquartier, 17. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
Auf dem Kampffelde nahmen wir unsere Front in die Linie östlich von Torhout - Koolskamp - Ingelmünster, im Anschluß hieran hinten die Lys zurück; nach stärkstem Feuer auf das geräumte Gelände fühlte der Feind an unsere neuen Stellungen heran. Beiderseits von Koolskamp griff er sie mit starken Kräften, bei Torhout und Ingelmünster in Teilvorstößen an. Auch gegen die Lys-Front bei Kortryk und Menen führte er heftige Angriffe. Der Feind wurde überall abgewiesen. Gegen unsere neue Front zwischen Lille und Douai ist der Feind gestern bis in Linie Capinghem - Allenes-les-Marais - Carvin - Oignies gefolgt. Am Selle-Abschnitt drang der Gegner bei Haussy in unsere Linien ein. Radfahrer-Bataillone warfen den Feind im Gegenangriff zurück und nahmen die alte Stellung wieder. Die Beschießung der Stadt Denain durch englische Artillerie hält an und hat weitere Opfer unter den französischen Einwohnern und Flüchtlingen gefordert.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz:
An der Oise-Front zeitweilig Artilleriekampf. Erneute Angriffe der Franzosen nördlich von Origny wurden abgewiesen. An der Aisne und an der Aire scheiterten starke französische Angriffe vor unseren neuen Linien westlich von Grandpré.
Heeresgruppe Gallwitz:
Östlich der Aire wurden amerikanische Angriffe, deren Hauptstoß sich gegen Champigneulle und Landres richtete, abgewiesen. Beide Orte wurden gehalten. Die Höhe südöstlich von Landres blieb nach wechselvollem Kampf in Feindeshand. Auch auf dem Ostufer der Maas scheiterten erneute Angriffe des Feindes. Bei Abwehr des westlich von Flabas mit Panzerwagen vordringenden Gegners zeichnete sich die 1. Landwehr-Division besonders aus.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Vor unserer neuen Front zwischen Jagodina und Nisch hat der Feind die westliche Morawa - Krusevac und Aleksinac erreicht. Teilangriffe, die er aus dieser Linie heraus führte, wurden abgewiesen.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
1)

 

Vergeblicher Durchbruchsversuch an der Oise

Berlin, 17. Oktober, abends. (Amtlich.) 
Zwischen Le Cateau und der Oise hat der Feind erneut auf mehr als 35 Kilometer breiter Front angegriffen. Der mit großen Mitteln angesetzte Durchbruchsversuch wurde vereitelt. Seine Angriffe sind teils vor unseren Linien gescheitert, teils sinken wir sie vor unseren Artilleriestellungen auf - In Flandern, an der Aire und Maas nur örtliche Kämpfe.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 17. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
In den Sieben Gemeinden wurden italienische Vorstöße zurückgewiesen.
In Albanien spielten sich nördlich von Tirana Nachhutkämpfe ab.
Die Serben sind bis an die westliche Morawa vorgerückt. Ihre Angriffe östlich von Krusevac wurden abgeschlagen.

  Der Chef des Generalstabes.

 

Kaiser Karl an die Völker Österreichs

Kaiser Karl

Kaiser Karl

 

An Meine getreuen österreichischen Völker!

Seitdem Ich den Thron bestiegen habe, ist es Mein unentwegtes Bestreben, allen Meinen Völkern den ersehnten Frieden zu erringen, sowie den Völkern Österreichs die Bahnen zu weisen, auf denen sie die Kraft ihres Volkstums unbehindert durch Hemmnisse und Reibungen zur segensreichen Entfaltung bringen und für ihre geistige und wirtschaftliche Wohlfahrt erfolgreich verwerten können.
Das furchtbare Ringen des Weltkrieges hat das Friedenswerk bisher gehemmt. Heldenmut und Treue, opferwilliges Ertragen von Not und Entbehrungen haben in dieser schweren Zeit das Vaterland ruhmvoll verteidigt. Die harten Opfer des Krieges müssen uns den ehrenvollen Frieden sichern, an dessen Schwelle wir heute mit Gottes Hilfe stehen.
Nunmehr muß ohne Säumnis der Neuaufbau des Vaterlandes auf seinen natürlichen und daher zuverlässigsten Grundlagen in Angriff genommen werden. Die Wünsche der österreichischen Völker sind hierbei sorgfältig miteinander in Einklang zu bringen und der Erfüllung zuzuführen. Ich bin entschlossen, dieses Werk unter freier Mitwirkung Meiner Völker im Geiste jener Grundsätze durchzuführen, die sich die verbündeten Monarchen in ihrem Friedensangebote zu eigen gemacht haben. Österreich soll dem Willen seiner Völker gemäß zu einem Bundesstaate werden, in dem jeder Volksstamm auf seinem Siedlungsgebiete sein eigenes staatliches Gemeinwesen bildet. Der Vereinigung der polnischen Gebiete Österreichs mit dem unabhängigen polnischen Staate wird hierdurch in keiner Weise vorgegriffen. Die Stadt Triest samt ihrem Gebiete erhält den Wünschen ihrer Bevölkerung entsprechend eine Sonderstellung.
Diese Neugestaltung, durch die die Integrität der Länder der ungarischen heiligen Krone in keiner Weise berührt wird , soll jedem nationalen Einzelstaate seine Selbständigkeit gewährleisten. Sie wird aber auch gemeinsame Interessen wirksam schützen und überall dort zur Geltung bringen, wo die Gemeinsamkeit ein Lebensbedürfnis der einzelnen Staatswesen ist. Insbesondere wird die Vereinigung aller Kräfte geboten sein , um die großen Aufgaben, die sich aus den Rückwirkungen des Krieges ergeben, nach Recht und Billigkeit erfolgreich zu lösen.
Bis diese Umgestaltung auf gesetzlichem Wege vollendet ist, bleiben die bestehenden Einrichtungen zur Wahrung der allgemeinen Interessen unverändert aufrecht. Meine Regierung ist beauftragt, zum Neuaufbaue Österreichs ohne Verzug alle Arbeiten vorzubereiten. An die Völker, auf deren Selbstbestimmung das neue Reich sich gründen wird, ergeht Mein Ruf, an dem großen Werke durch Nationalräte mitzuwirken, die, gebildet aus den Reichsratsabgeordneten jeder Nation, die Interessen der Völker zueinander sowie im Verkehr mit Meiner Regierung zur Geltung bringen sollen.
So möge unser Vaterland , gefestigt durch die Eintracht der Nationen, die es umschließt, als Bund freier Völker aus den Stürmen des Krieges hervorgehen. Der Segen des Allmächtigen sei über unserer Arbeit, damit das große Friedenswerk, das wir errichten, das Glück aller Meiner Völker bedeutet.

Wien, am 16. Oktober 1918.

Karl m. p.
Hussarek m. p.

Gleichzeitig wendet sich Kaiser Karl folgendermaßen an Armee und Flotte:

Den Wünschen aller Völker Österreichs entsprechend, erfolgt ihr Zusammenschluß in nationale Staaten, vereint in einem Bundesstaate.
Wenn hierdurch einerseits Hemmungen beseitigt wenden, die im Zusammenleben der Völker bestanden haben, so soll andererseits geeintem Schaffen zum Wohle des eigenen Volkes und des Vaterlandes künftighin ungehemmt freie Bahn offen sein.
In diesem bedeutungsvollen Augenblick wende Ich Mich an Armee und Flotte. In euren Reihen hat die Treue und Einigkeit alle Nationen untereinander und mit Mir stets unlösbar verbunden.
Unerschütterlich ist Mein Vertrauen, daß der seit alters her und auch jetzt voll bewährte Geist der Treue und Eintracht unverrückbar fortbestehen wird. Ihn wollen wir bewahren. Er werde Österreichs neuen Staaten das kostbarste Erbe, ihnen und Mir zu Lust und Frommen. Das walte Gott!

Schönbrunn, am 17. Oktober 1918.

Karl m. p.

 

Der 1. Weltkrieg im Oktober 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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