Der Weltkrieg am 5. Oktober 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Schwere amerikanische Angriffe zwischen Argonnen und Maas


Leutnant Bäumer

Großes Hauptquartier, 5. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
In Flandern wurden erneute Angriffe des Feindes gegen Hooglede und Roeselare abgewiesen. Gegen unsere neuen Linien östlich von Armentières ist der Feind über Bois Grenier-Fournes-Wingles und über die Bahn dicht östlich von Lens gefolgt.
Vor Cambrai zeitweilig auflebende Artillerietätigkeit.
Heeresgruppe Böhn:
Der Engländer setzte beiderseits von Le Catelet seine starken Angriffe fort. Er nahm Le Catelet. Die Höhen nördlich und östlich der Stadt wurden gehalten. Der in Beaurevoir eindringende Feind wurde im Gegenstoß wieder geworfen. Nördlich von St. Quentin griffen die Franzosen zwischen Sequehart und Morcourt an. In Lesdins und Morcourt faßten sie Fuß. Lesdins nahmen wir wieder. An der übrigen Front und südlich von St. Quentin scheiterten die feindlichen Angriffe vor unseren Linien.
Heeresgruppen Deutscher Kronprinz und Gallwitz:
Franzosen und Italiener griffen erneut in Teilvorstößen und im einheitlich geführten Angriff unsere Stellungen auf dem Rücken und an den Hängen des Chemin des Dames zwischen Ailette und Aisne an. Schleswig-holsteinische und württembergische Regimenter brachten die Angriffe zum Scheitern. An der Aisne- und Kanalfront sehr rege Erkundungstätigkeit. Östlich von Reims haben wir in vorletzter Nacht unsere vordere Stellung zwischen Prunay und St. Marie-à-Py vom Feinde unbemerkt geräumt und rückwärtige Linien bezogen. Der Feind ist gestern über Prunay - Dontrien - St. Souplet gefolgt.
Auf dem Schlachtfeld in der Champagne nahmen wir im Gegenangriff die noch im Besitz des Feindes verbliebenen Teile des Höhenzuges nordwestlich von Somme-Py wieder. Nach stärkster Feuervorbereitung griff der Feind beiderseits der von Somme-Py nach Norden führenden Straße in breiter Front an. Unter schweren Verlusten für den Feind sind seine Angriffe gescheitert. Brandenburger und Schleswig-Holsteiner Gardefüsiliere, pommersche, badische und rheinische Regimenter zeichneten sich bei Abwehr des Feindes besonders aus.
Beiderseits der Aisne Artilleriekampf ohne Infanterietätigkeit.
Zwischen den Argonnen und der Maas hat der Amerikaner gestern erfolglos angegriffen. In den Argonnen und am Ostrande des Waldes schlug württembergische Landwehr seinen mehrfachen Ansturm ab. Östlich der Aire stieß er bis in Höhe von Exermont vor. Der Ort selbst, der vorübergehend verloren war, wurde wiedergenommen. Beiderseits von Gesnes wiesen badische, elsaß- lothringische und westfälische Regimenter jeden Ansturm vor ihren Stellungen ab. Besonders schwer waren die amerikanischen Angriffe, die sich beiderseits der Straße Montfaucon-Bantheville gegen das Waldgelände südlich von Cunel richteten. Wo der Feind vorübergehend in unsere Linien eindrang, warf ihn sofortiger Gegenstoß wieder zurück. Das Infanterie-Regiment 458 zeichnete sich hierbei besonders aus. Auch auf dem äußersten linken Flügel des Angriffsfeldes haben bayerische Reserve-Regimenter ihre Stellungen voll behauptet. Der Kräfteeinsatz des Amerikaners bei seinen gestrigen Angriffen an Panzerwagen, Infanterie und Artillerie war außerordentlich stark, seine blutigen Verluste waren außergewöhnlich hoch.
Bei Abwehr feindlicher Panzerwagen zeichneten sich besonders aus:
in Flandern Leutnant Becker vom Feldartillerie- Regiment 16, die dritte Batterie vom sächsischen Fußartillerie-Regiment 19 unter Leutnant Postrenecki, Vizefeldwebel Witt der 2. Batterie vom Fußartillerie-Bataillon127, Oberleutnant v. Glas und Leutnant Encker der 9. Batterie bayerischen Feldartillerie-Regiments 8.
In der Champagne und an der Maas Leutnant Niklassen und Stehlin vom 4. Garde-Feldartillerie-Regiment, Leutnant Schäfer vom Feldartillerie- Regiment 104, Unteroffizier Rackowski von der Minenwerfer-Kompagnie 173, Leutnant Grothe vom Feldartillerie-Regiment 229.
Wir schossen in den beiden letzten Tagen 65 feindliche Flugzeuge ab. Leutnant Bäumer errang seinen 40. und 41. Luftsieg.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
1)

 

Weiterer vergeblicher Ansturm der Amerikaner

Berlin, 5. Oktober, abends. (Amtlich.) 
Nördlich von St. Quentin und in der Champagne wurden festige feindliche Angriffe abgewiesen. Ebenso ist zwischen den Argonnen und der Maas der mit starken Kräften fortgesetzte Ansturm der Amerikaner gescheitert.

 

Heimatfront 1918: Rede Prinz Max von Badens (x) im Reichstag am 5. Oktober 1918
Rede Prinz Max von Badens (x) im Reichstag am 5. Oktober 1918

Deutsches Ersuchen an Wilson um Einleitung von Friedensverhandlungen 

Die Programmrede des Reichskanzlers Prinzen Max von Baden im Reichstage

Deutsches Reich 1. Weltkrieg: Reichskanzler Prinz Max von Baden

Reichskanzler Prinz Max von Baden

Berlin, 5. Oktober. 
In der heutigen Sitzung des Reichstages hielt der Reichskanzler Prinz Max von Baden seine Programmrede, in der er u. a. sagte:
"Was ich heute hier ausspreche, sage ich nicht nur im meinem Namen und in dem meiner amtlichen Mitarbeiter, sondern auch im Namen des deutschen Volkes. Das Programm der Mehrheitsparteien, auf die ich mich stütze, enthält zunächst ein Bekenntnis zu der Antwort der früheren Reichsregierung auf die Note des Papstes vom 1. August 1917 und die bedingungslose Zustimmung zu der Entschließung des Reichstages vom 19. Juli desselben Jahres. Es bekundet ferner die Bereitwilligkeit, sich einem allgemeinen Bunde der Völker auf Grund der Gleichberechtigung aller, also der Starken und Schwachen, anzuschließen. Die Lösung der viel umstrittenen belgischen Frage sieht es in der völligen Wiederherstellung Belgiens, insbesondere seiner Unabhängigkeit und seines Gebietsumfanges. Auch eine Verständigung über die Entschädigungsfrage soll angestrebt werden. Die bisher geschlossenen Friedensverträge will das Programm kein Hindernis für den allgemeinen Friedensschluß werden lassen. In der inneren Politik habe ich durch die Methode, in der sich die Regierungsbildung vollzog, klare und feste Stellung genommen. Ich habe das größte Gewicht darauf gelegt, daß die Mitglieder der neuen Reichsleitung auf dem Standpunkt des Rechtsfriedens stehen, unabhängig von der Kriegslage. Ich bin überzeugt, daß die Art, in der jetzt die Reichsleitung unter Mitwirkung des Reichstages gebildet worden ist, nicht etwas Vorübergehendes darstellt und daß im Frieden eine Regierung nicht wieder gebildet werden kann, die sich nicht stützt auf den Reichstag und die nicht aus ihm führende Männer entnimmt."
Der Reichskanzler entwickelte dann sein innerpolitisches Programm und fuhr darauf fort: 
"Im Westen tobt seit Monaten eine einzige furchtbare menschenmordende Schlacht. Dank dem unvergleichlichen Heldentum unserer Armee, das als unvergleichliches Ruhmesblatt in der Geschichte des deutschen Volkes fortleben wird für alle Zeiten, ist die Front ungebrochen. Dieses stolze Bewußtsein läßt uns mit Zuversicht in die Zukunft sehen. Gerade weil wir von dieser Gesinnung und Überzeugung beseelt sind, ist es aber auch unsere Pflicht, Gewißheit darüber herbeizuführen, daß das opfervolle blutige Ringen nicht einen einzigen Tag bis über den Zeitpunkt hinaus geführt wird, wo uns ein Abschluß des Krieges möglich erscheint, der unsere Ehre nicht berührt. Ich habe deshalb auch nicht erst bis zum heutigen Tage gewartet, ehe ich handelnd zur Förderung des Friedensgedankens eingriff. (Beifall.) Gestützt auf das Einverständnis aller dazu berufenen Sollen im Reich und auf die Zustimmung der gemeinsam mit uns handelnden Bundesgenossen habe ich in der Nacht zum 5. Oktober durch die Vermittlung der Schweiz an den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika eine Note gerichtet, in der ich ihn bitte, die Herbeiführung des Friedens in die Hand zu nehmen und hierzu mit allen kriegführenden Mächten in Verbindung zu treten. (Bewegung.) Die Note trifft schon heute oder morgen in Washington ein. Sie richtet sich an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, weil dieser in seiner Kongreßbotschaft vom 8. Januar 1918 und in seinen späteren Kundgebungen, besonders auch in seiner New Yorker Rede vom 27. September, ein Programm für den allgemeinen Frieden aufgestellt hat, das wir als die Grundlage für die Verhandlungen annehmen können. Ich habe diesen Schritt auf dem Wege zu der Erlösung nicht nur Deutschlands und seiner Verbündeten, sondern der gesamten, seit Jahren unter dem Kriege leidenden Menschheit auch deshalb getan, weil ich glaube, daß die auf das kündige Glück der Völker gerichteten Gedanken, die Herr Wilson vertritt sich völlig mit den allgemeinen Vorstellungen in Anklang befinden, in denen sich auch die neue deutsche Regierung und mit ihr die weit überwiegende Mehrheit unseres Volkes bewegt. (Zustimmung bei der Mehrheit.) Was ich will, ist ein ehrlicher, dauernder Friede für die gesamte Menschheit, und ich glaube daran, daß ein solcher Friede zugleich der festeste Schutzwall für die künftige Wohlfahrt unseres eigenen Vaterlandes wäre. So sehe ich denn mit der inneren Ruhe, die mir mein Gewissen als Mensch und als Diener unseres Volkes verleiht, und die sich zugleich auf das beste Vertrauen zu diesem großen, treuen, jeder Hingebung fähigen Volk und seiner ruhmvollen Wehrmacht gründet, dem Ergebnis der ersten Handlung entgegen, die ich als leitender Staatsmann des Reiches unternommen habe. Wie dieses Ergebnis auch ausfallen möge: ich weiß, daß es Deutschland fest entschlossen und einig finden wird - sowohl zu einem redlichen Frieden, der jede eigensüchtige Verletzung fremder Mächte von sich weist - als auch zu dem Endkampf auf Leben und Tod, zu dem unser Volk ohne eigenes Verschulden gezwungen wäre, wenn die Antwort der mit uns im Kriege stehenden Mächte auf unser Angebot von dem Willen, uns zu vernichten, diktiert werden sollte. (Lebhafte Zustimmung.) Kein Zagen befällt mich bei dem Gedanken, daß dieses zweite Ergebnis eintreten könnte, denn ich kenne die Größe der gewaltigen Kräfte, die auch jetzt noch in unserem Volke vorhanden sind, und ich weiß, daß die unwiderlegliche Überzeugung, um gar nichts weiter, als um unser Leben als Nation zu kämpfen, diese Kräfte verdoppeln würde. (Lebhafter Beifall.) Ich hoffe daher um der gesamten Menschheit willen, daß der Präsident der Vereinigten Staaten unser Angebot so aufnimmt, wie wir es meinen. Dann wäre die Tür zu einem baldigen ehrenvollen Frieden des Rechtes und der Versöhnung sowohl für uns wie für unsere Gegner geöffnet." (Lebhafter stürmischer Beifall.)
Nach der Rede des Reichskanzlers ergriff der Reichstagspräsident Fehrenbach das Wort zu einer Ansprache, die mit folgender Erklärung schloß: 
"Im Namen des deutschen Volkes und des Reichstages, dessen große Mehrheit mit diesem bedeutungsvollen Schritt der Regierung einverstanden ist, erkläre ich, daß wir das Friedensangebot billigen und uns zu eigen machen." (Lebhaftes Bravo!)

 

Der Wortlaut der deutschen Friedensnote an Wilson

Berlin, 5. Oktober.
Die durch Vermittlung der Schweizer Regierung an den Präsidenten Wilson übermittelte Note hat folgenden Wortlaut:

Die deutsche Regierung ersucht den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika die Herstellung des Friedens in die Hand zu nehmen; alle kriegführenden Staaten von diesem Ersuchen in Kenntnis zu setzen und zur Entsendung von Bevollmächtigten zwecks Aufnahme der Verhandlungen einzuladen. Sie nimmt das von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Kongreßbotschaft vom 8. Januar 1918 und in seinen späteren Kundgebungen, namentlich der Rede vom 27. September aufgestellte Programm als Grundlage für die Friedensverhandlungen an. Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, ersucht die deutsche Regierung den sofortigen Abschluß eines allgemeinen Waffenstillstandes zu Lande, zu Wasser und in der Luft herbeizuführen.

Max, Prinz von Baden, Reichskanzler. 1)

 

Kaiserlicher Erlaß an Heer und Marine über das Friedensangebot

Berlin, 5. Oktober. (Amtlich.)
S. M. der Kaiser hat nachstehenden Erlaß an das deutsche Heer und die deutsche Marine gerichtet:

An das deutsche Heer und die deutsche Marine!

Seit Monaten stürmt der Feind unter gewaltiger Kraftanstrengung fast ohne Kampfpause gegen Eure Linien an. In wochenlangem Ringen, vielfach ohne Ruhe, müßt Ihr ausharren und dem an Zahl weit überlegenen Feinde die Stirn bieten. Darin liegt die Größe der Aufgabe, die Euch gestellt ist und die Ihr erfüllt. Truppen aller deutschen Stämme tun ihre Schuldigkeit und verteidigen auf fremdem Boden heldenhaft das Vaterland.
Hart ist der Stand Meiner Flotte, um sich den vereinten feindlichen Seestreitkräften gegenüber zur Geltung zu bringen und in unermüdlicher Arbeit die Armee in ihrem schweren Kampfe zu unterstützen. Mit Stolz und Bewunderung sind die Augen der Heimat auf die Taten des Heeres und der Marine gerichtet. Ich sage Euch Meinen und des Vaterlandes Dank. Mitten in das schwerste Ringen fällt der Zusammenbruch der mazedonischen Front. Eure Front ist ungebrochen und wird es weiter bleiben.
Ich habe mich im Einvernehmen mit unseren Verbündeten entschlossen, dem Feinde nochmals den Frieden anzubieten. Doch nur zu einem ehrenvollen Frieden werden wir die Hand reichen, das schulden wir den Helden, die ihr Leben für das Vaterland gelassen haben, das schulden wir unseren Kindern. Ob die Waffen ruhen werden, steht noch dahin. Bis dahin dürfen wir nicht erlahmen, wir müssen wie bisher alle Kraft daran setzen, unermüdlich dem Ansturm des Feindes standzuhalten. Die Stunde ist ernst, aber wir fühlen uns, im Vertrauen auf unsere Kraft und Gottes gnädige Hilfe, stark genug, unsere geliebte Heimat zu verteidigen.

Wilhelm I. R. 1)

 

Bulgariens Friedensbedingungen

Sofia, 5. Oktober.
Bulgarien räumt alle Gebiete, die bis zum Kriege Serbien und Griechenland gehört haben. In den Gebieten, die, wie Strumitza, von Ententetruppen besetzt sind, wird die bulgarische Verwaltung wieder eingesetzt. Bulgarien demobilisiert seine ganze Armee mit Ausnahme von drei Divisionen und vier Kavallerieregimentern, mit welchen es die Dobrudscha und die östliche Grenze schützen wird. Waffen und Kriegsmaterial der demobilisierten Armeeteile werden von den bulgarischen Behörden eingezogen und unter bestimmte Kontrolle der Orientarmee gestellt, wie die Ententearmee heißt. Die Teile der bulgarischen Armee, die sich im Momente der Unterzeichnung des Waffenstillstandes am 29. September westlich von Üsküb befanden und abgeschnitten waren, legen die Waffen nieder und werden bis auf weiteres zurückbehalten. Die Offiziere behalten ihre Waffen. Deutschland und Österreich -Ungarn wird eine vierwöchige Frist gewährt, um ihre Truppen und ihre militärischen Organe aus Bulgarien zurückzuziehen. Innerhalb derselben Frist müssen auch die diplomatischen und konsularischen Vertreter der Zentralmächte wie auch deren Staatsangehörige Bulgarien verlassen.

 

Der 1. Weltkrieg im Oktober 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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