Der Weltkrieg am 30. September 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die schweren Kämpfe um Cambrai

Großes Hauptquartier, 30. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppen Kronprinz Rupprecht und Böhn:
In Flandern setzte der Feind seine Angriffe fort. Der Einbruch des Gegners in unsere Stellungen am 27. September nötigte uns, den rechten Flügel unserer Abwehrfront hinter den HandzameAbschnitt von nördlich Dixmuiden bis Werken zurückzunehmen und auf dem linken Flügel des Kampffeldes den Wytschate-Bogen zu räumen. Feindliche Angriffe gegen den Handzame-Abschnitt und gegen die Linie Zarren -Westroosebeke wurden abgewiesen. Zwischen Passchendaele und Becelaere drang der Gegner bis Mooerslede und Dadizeede vor. Dort fingen wir seinen Stoß auf. Der am frühen Morgen von Houthem bis Komen an der Lys vordringende Feind wurde durch Gegenangriff wieder zurückgeworfen. Wir kämpfen hier in der Lys-Niederung.
Gewaltiges Ringen an der Front zwischen Cambrai und St. Quentin. Gegen die Stadt und beiderseits der Stadt führte der Feind 16 Divisionen in den Kampf, um Cambrai zu nehmen und unsere Front beiderseits der Stadt zu durchbrechen. Nördlich von Cambrai sind die bis zu achtmal wiederholten starken feindlichen Angriffe vor unseren Linien bei Sancourt und Tilloy an erfolgreichen Gegenangriffen gescheitert. In den Vororten von Cambrai, Neuville und Cantimpre faßte der Feind Fuß. Wir stehen hier am Westrande der Stadt hinter der Schelde und schlugen dort erneute heftige Angriffe des Gegners ab. Die über den Kanalabschnitt nördlich von Marcoing geführten Angriffe des Feindes brachen vor und an der Straße Cambrai-Masnières zusammen. Südlich von Marcoing drückte uns der Feind hinter den Kanalabschnitt Masnières-Crevecoeur zurück. Mit gleicher Kraft griff er unsere Front von Gonnelieu bis südlich von Bellenglise an. Villers-Guislain, das vorübergehend verloren ging, wurde wieder genommen. Örtliche Einbruchsstellen wurden im Gegenstoß wieder gesäubert. Die in der Front bei Gonnelieu und Villers-Guislain schwer kämpfenden Divisionen warfen den ans Richtung Marcoing gegen ihre Flanke vorbrechenden Feind mit ihren Reservebataillonen in entschlossenem Gegenangriff wieder zurück. Zwischen Bellicourt und Bellenglise stieß der Feind über den Kanal vor. Wir brachten ihn am Abend in der Linie Nordrand Bellicourt - Westrand Joncourt - Lehaucourt zum Stehen. Die nördlich von Gricourt sich aller Anstürme erwehrenden Regimenter mußten am Abend ihren Flügel auf Lehaucourt zurücknehmen.
An dem im großen erfolgreichen Abschluß der gestrigen schweren Kämpfe haben Truppen aller deutschen Stämme gleichen Anteil. Der Engländer hat seine örtlichen Erfolge mit sehr hohen blutigen Verlusten erkauft.
Heeresgruppen Deutscher Kronprinz und Gallwitz:
Gegen unsere neue Linie am Oise-Aisne-Kanal drängte der Feind stark nach. In erfolgreichen Vorfeldkämpfen machten wir hier Gefangene.
Der Franzose setzte zwischen der Suippes und der Aisne, der Amerikaner gegen den Ostrand der Argonnen und zwischen den Argonnen und der Maas seine erbitterten Angriffe fort. Mehrere neue Divisionen warf der Feind auch gestern wieder in den Kampf. Zwischen Auberive und Somme-Py schlugen wir mehrfachen, nordwestlich von Somme-Py neunmaligen Ansturm des Gegners vor unseren Linien ab. Weiter östlich blieben Manre und Ardeuil in Feindeshand. Wir standen am Abend nach Abwehr des Feindes in der Linie Ardeuil - nördlich Sechault - Bouconville. Mit besonderer Kraft stürmte auch der Amerikaner gegen den Ostrand des Argonner Waldes und gegen die Front zwischen Argonnen und der Maas an. Sein Ansturm ist völlig gescheitert. Beiderseits des Airetales entrissen wir dem Feinde Apremont und den Wald von Montrebeau und warfen den Amerikaner mehr als einen Kilometer zurück.
Wir schossen gestern 45 feindliche Flugzeuge ab.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
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Massenangriffe gegen Cambrai gescheitert

Berlin, 30. September, abends. (Amtlich.) 
In Flandern im allgemeinen ruhiger Tag. Erneute Massenangriffe der Engländer gegen und beiderseits Cambrai sind unter schwersten Verlusten für den Feind gescheitert. Westlich Le Catelet haben sich am Abend Kämpfe entwickelt. In der Champagne wurden Teilangriffe der Franzosen, östlich der Argonnen starke Angriffe der Amerikaner abgewiesen.
1)

 

Graf Hertlings Rücktrittsgesuch angenommen -
Der Kaiser für Beteiligung des Volkes an der Regierung


Graf Hertling

Berlin, 30. September.
Seine Majestät der Kaiser hat an den Reichskanzler Grafen von Hertling den folgenden Erlaß gerichtet:
Eure Exzellenz haben mir vorgetragen, daß Sie sich nicht mehr in der Lage glauben, an der Spitze der Regierung zu verbleiben. Ich will mich Ihren Gründen nicht verschließen und muß mit schwerem Herzen Ihrer weiteren Mitarbeit entsagen. Der Dank des Vaterlandes für das von Ihnen durch Übernahme des Reichskanzleramtes in ernster Zeit gebrachte Opfer und die von Ihnen geleisteten Dienste bleibt Ihnen sicher.
Ich wünsche, daß das deutsche Volk wirksamer als bisher an der Bestimmung der Geschicke des Vaterlandes mitarbeitet. Es ist daher mein Wille, daß Männer, die vom Vertrauen des Volkes getragen sind, in weitem Umfange teilnehmen an den Rechten und Pflichten der Regierung. Ich bitte Sie, Ihr Werk damit abzuschließen, daß Sie die Geschäfte weiterführen und die von mir gewollten Maßnahmen in die Wege leiten, bis ich den Nachfolger für Sie gefunden habe. Ihren Vorschlägen hierfür sehe ich entgegen. Großes

Großes Hauptquartier, 30. September 1918.

gez. Wilhelm I. R.

gez. Dr. Graf v. Hertling.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Rückzug der k. u. k. Truppen in Mazedonien

Wien, 30. September.
Amtlich wird verlautbart:
Auf dem italienischen Kriegsschauplatz erfolgreiche Patrouillenunternehmungen. -
Unmittelbar westlich des Ochridasees haben wir, der Lage an der bulgarischen Front Rechnung tragend, nach örtlichen Kämpfen einen Geländestreifen geräumt.

   Der Chef des Generalstabes. 1)

 

K. u. k. Truppen in Sofia

Wien, 30. September. 
Die Blätter melden aus Sofia: 
Österreichisch-ungarische Truppen sind hier eingetroffen. 
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Der bulgarische Heeresbericht:

Einstellung der militärischen Operationen in Bulgarien

Sofia, 30. September. (Amtlich.) 
Mazedonische Front: 
Entsprechend dem Abschluß des Waffenstillstandes, der von heute ab gilt, sind die militärischen Operationen eingestellt worden.
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Der bulgarische Waffenstillstand

Amsterdam, 30. September.
Wie das Reutersche Bureau erfährt, ist der Waffenstillstand zwischen Bulgarien und der Entente abgeschlossen worden.
"Algemeen Handelsblad" meldet aus London:
In der Antwort der Alliierten auf das bulgarische Angebot wird mitgeteilt werden, daß die Feindseligkeiten erst dann eingestellt werden können, wenn Bulgarien mit Deutschland, Österreich-Ungarn und der Türkei bricht. Die Forderungen. die an Bulgarien gestellt werden sollen, werden wahrscheinlich folgende Punkte enthalten:
1. Entwaffnung und Demobilisierung der bulgarischen Armee,
2. Übergabe der Eisenbahnen;
3. Räumung des ganzen seit Bulgariens Eintritt in den Krieg besetzten Gebietes;
4. freier Zugang der Entente zu den Wegen, die nach der Türkei, nach Österreich-Ungarn und nach Rumänien führen.
London, 30. September.
Wie Reuter erfährt, ist der bulgarische Waffenstillstand sofort in Kraft getreten und bleibt bis zum Abschluß der Friedensverhandlungen in Kraft. Er ist rein militärischer Natur und wurde von einem französischen General und nicht von Diplomaten abgeschlossen. Unter seinen Bestimmungen befinden sich folgende: Sofortige Demobilmachung der Armee und Übergabe der Transportmittel allerart, von Schiffen und Eisenbahnen an die Alliierten. Die Alliierten werden auch die Aufsicht über die Waffen ausüben, die gesammelt und in verschiedenen Teilen des Landes aufgespeichert werden müssen. Die Alliierten erhalten freien Durchzug durch Bulgarien und werden Punkte von strategischer Bedeutung besetzen. In Bulgarien selbst wird diese Besetzung durch englische, französische und italienische Truppen durchgeführt werden, während die griechischen Bezirke von griechischen, die serbischen durch serbische Truppen besetzt werden sollen. Territoriale Änderungen am Ende des Krieges wurden mit keinem Wort erwähnt. Man beschloß, alle diese Fragen bis zu den allgemeinen Friedensverhandlungen aufzuschieben, denn es wäre sehr verhängnisvoll, Streitfragen Einfluß auf die Führung des Krieges ausüben zu lassen. Durch Abschluß dieser Entscheidung hofft man, dem Balkan dauernd Frieden zu sichern.

 

Der 1. Weltkrieg im September 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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