Der gescheiterte englische Umfassungsversuch im Lens-Bogen
Berlin, 29. Juni.
Ein neuer großer englischer Angriff an der Arras-Front, den schweres Zerstörungsfeuer und zahlreiche Patrouillenvorstöße in den letzten Tagen ankündigten, hat in der Nacht vom 28. zum 29. Juni eingesetzt. Am 28. Juni, 6 Uhr abends, begannen die Engländer mit allen Kalibern auf die deutsche Front von Hulluch bis Gavrelle zu trommeln. Um 8 Uhr abends ballte sich das Feuer auf die Strecken Hulluch-Mericourt und Fresnoy-Gavrelle zusammen. Eine viertel bis eine halbe Stunde später griffen die Engländer an.
Das Ziel des englischen Angriffs war augenscheinlich eine Umfassung und Abschnürung des Lens-Bogens im größten Maßstabe. Während zwei starke Angriffskolonnen den Lens-Bogen zu umfassen versuchten, die erste östlich und südöstlich von Loos, die zweite zwischen Fresnoy und Gavrelle, griff eine dritte im Zentrum zu beiden Seiten des Souchezbaches an. Seit der deutschen Frontberichtigung zu Beginn des Arras-Angriffes hat der deutsche Lens-Bogen allen wütenden englischen Angriffen standgehalten. Die hier massierten deutschen Batterien haben immer wieder durch verheerendes Flankenfeuer den gegen die Linie Mericourt-Gavrelle anstürmenden Massen schwerste Verluste zugefügt. Die ehemals blühende Bergwerksstadt ist heute ein Trümmerhaufen. Zwischen den Schlackenhaufen sind in den zerstörten Arbeiterkolonien und Vorstädten neue Schuttberge gewachsen.
Die Wahrzeichen des Landes, die Schachttürme, sind zerschossen, die Fordermaschinen vernichtet, die Schächte ersoffen. Millionenwerte französischen Nationalvermögens sind von den Engländern zerstört.
Da auch die deutschen Stellungen entsprechend gelitten hatten, war die Hauptverteidigungslinie hier seit längerer Zeit zurückgenommen. So wurde der englische Angriff gegen Lens am Morgen des 28. Juni zum Luftstoß, und auch am Abend kamen die Engländer nicht weiter als bis an die vorher gewählte Linie. Schwache Postierungen hatten die ganze Zeit über verstanden, die Engländer zu täuschen und ihnen überdies noch schwere Verluste zuzufügen.
Auch nördlich von Lens scheiterte der Angriff unter schweren blutigen Verlusten. An einer Stelle gelang es den Engländern, in den vordersten Graben einzudringen, sie wurden aber in erbitterten Nahkämpfen wieder hinausgeworfen.
8 Uhr 35 Minuten abends setzten die Infanterieangriffe auf der Front Fresnoy - Gavrelle ein. Seit Mitte April steht hier der englische Angriff auf dem alten Fleck. Der wüstzerschossene Park von Oppy und die Windmühle von Gavrelle, die heute nichts mehr ist als ein flacher Steinhaufen, sind Wahrzeichen deutschen Heldentums, denn jeder englische Angriff, der hier hat Raum gewinnen können, war stets in elastischem Gegenstoß wieder zurückgeworfen worden. Trotz aller Verluste führten die Engländer immer neue Reserven heran. Allein die deutschen Bereitschaften fingen jeden Stoß auf. Lediglich zwischen dem Westrand des Parkes von Oppy und der Windmühle von Gavrelle gelang es dem Engländer, in etwa 1000 Meter Breite das beim Ansturm genommene Gelände zu halten. Die verlustreiche Taktik des Generals Haig hat einen neuen schweren Mißerfolg zu buchen. 1) |