Eine
schweizerische Note an die Kriegführenden
Bern,
23. Dezember. (Meldung der Schweizerischen Depeschenagentur.)
Gestern, den 22. Dezember 1916, hat der Schweizerische Bundesrat
an die Regierungen der kriegführenden Staaten folgende Note gerichtet:
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, mit welchem der
Schweizerische Bundesrat, geleitet von seinem heißesten Wunsche
nach einer baldigen Beendigung der Feindseligkeiten, vor geraumer Zeit
in Fühlung getreten ist, hatte die Freundlichkeit, dem Bundesrate
von der den Regierungen der Zentral- und Ententemächte zugestellten
Friedensnote Kenntnis zu geben.
In dieser Note erörtert Präsident Wilson die hohe Wünschbarkeit
internationaler Abmachungen zum Zwecke sicherer und dauernder Vermeidung
von Katastrophen, wie diejenige es ist, unter der heute die Völker
leiden. Er betont im Zusammenhang damit vor allem die Notwendigkeit, das
Ende des gegenwärtigen Krieges herbeizuführen. Ohne selbst Friedensvorschläge
zu machen oder die Vermittlung anzubieten, beschränkt er sich darauf,
zu sondieren, ob die Menschheit hoffen darf, sich den Segnungen des Friedens
genähert zu haben.
Die überaus verdienstliche persönliche Initiative von Präsident
Wilson wird einen mächtigen Widerhall in der Schweiz finden. Treu
den Verpflichtungen, die sich aus der Einhaltung strengster Neutralität
ergeben, in gleicher Freundschaft mit den Staaten der beiden im Kriege
stehenden Mächtegruppen verbunden, wie eine Insel inmitten der Brandung
des schrecklichen Völkerkrieges gelegen und in seinen ideellen und
materiellen Interessen auf das empfindlichste bedroht und verletzt, ist
unser Land von einer tiefgehenden Friedenssehnsucht erfüllt und bereit,
mit seinen schwachen Kräften mitzuhelfen, um den unendlichen Leiden
des Krieges, welche ihm durch tägliche Berührung mit den Internierten,
Schwerverwundeten und Evakuierten vor Augen geführt werden, ein Ende
zu bereiten und die Grundlagen zu einem segensreichen Zusammenwirken der
Völker zu schaffen.
Der Schweizerische Bundesrat ergreift daher freudig die Gelegenheit, die
Bestrebungen des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika
zu unterstützen. Er würde sich glücklich schätzen,
wenn er in irgendeiner auch noch so bescheidenen Weise für die Annäherung
der im Kampfe stehenden Völker und für die Erreichung eines
dauerhaften Friedens tätig sein könnte. 1) |