Die
Bedingungen der montenegrinischen Waffenstreckung
Wien,
27. Januar.
Das k. u. k. Armeeoberkommando veröffentlicht im folgenden
die am 25. Januar, 6 Uhr abends, unterzeichneten Bestimmungen über
die Waffenstreckung des montenegrinischen Heeres. Diese lauten:
1. Alle im Lande befindlichen Kriegswaffen samt Munition und Zubehör
inklusive Geschütze und Maschinengewehre, Handgranaten, Bomben usw.,
Kriegsmaterialien jeder Art, Schiffahrtsmittel, ob Privat- oder Staatsbesitz,
werden den k. u. k. militärischen Kommandanten übergeben.
2. Art der Waffenablieferung: Jeder Montenegriner liefert die bei ihm
befindlichen Waffen und dergleichen in nachstehenden Orten ab: Podgorica,
Niksic, Kolasin, Danilovgrad, Savnik, Andrejevica, Coransko. Die montenegrinische
Regierung trägt die Verantwortung, daß niemand der Ablieferung
fernbleibt. Durchführung der Hauptsache nach binnen drei Tagen, die
kommunikationsarmen Gebirgsgegenden längstens sechs Tage nach Unterzeichnung
des Protokolls. Von diesen Orten werden die Waffen und dergleichen durch
montenegrinische Transportmittel - wenn diese nicht ausreichen, österreichisch-ungarische
- in die Orte Niksic, Danilovgrad, Podgorica geschafft, wo sie nach Ermessen
der k. u. k. militärischen Stellen bewacht und gesichert werden.
Notwendige Transportmittel spricht die montenegrinische Regierung unter
Angabe des Ortes und des Transportgewichtes bei den k. u. k. Besatzungsdetachements
an; Offiziere dürfen ihre Seitenwaffen behalten. Mit Schußwaffen
können ausgerüstet werden: die notwendigsten Polizei- und Gendarmerieorgane
aller Bezirke, die Grenzwache gegen Albanien. Weiter wird es gestattet,
daß in dem Grenzgebiete gegen Albanien und teilweise gegen den Sandschak
Vertrauensleute der Behörden Revolver tragen. Jeder zum Tragen von
Waffen berechtigte Montenegriner muß stets eine von der montenegrinischen
Regierung auf die Person ausgestellte Legitimation bei sich tragen, widrigenfalls
er nach Ablauf der im Punkt 2 genannten Termine als feindlich Gesinnter
bekämpft oder nach Entwaffnung der militärstrafgerichtlichen
Behandlung zugeführt wird. Die montenegrinische Regierung wird über
die Anzahl der in Waffen zu belassenden Personen dem k. u. k. militärischen
Kommando in Cetinje einen konkreten Vorschlag machen und auch bekanntgeben,
wie diese Organe äußerlich gekennzeichnet sind bzw. sein werden.
3. Da die k. u. k. Truppen bereits fast das ganze montenegrinische Territorium
besetzt haben, steht es ihnen frei, bis zum Friedensschluß ihre
Operationen fortzusetzen. Hierbei werden sie seitens der Montenegriner
weder behindert noch beunruhigt werden. Die montenegrinische Regierung
wird ihrerseits den k. u. k. Truppen bei diesem Vorgehen jede mögliche
Unterstützung angedeihen lassen, und zwar betreffend Unterkunft,
Holz, Wasser und Transportmittel, insoweit dies die bescheidenen Verhältnisse
des Landes zulassen werden.
4. Die montenegrinische Regierung übernimmt, soweit es in ihrer Macht
liegt, die Garantie, daß alle wehrfähigen Männer ruhig
in ihren Wohnsitzen verbleiben werden und keinerlei Agitation gegen Österreich-Ungarn
geschürt wird. Im Falle irgendwo solche Agitationen oder andere Unruhen
ernstlichen Charakters vorkommen sollten, kann das k. u. k. militärische
Kommando diesbezüglich eine militärische Überwachung einführen.
Die montenegrinische Regierung wird aus eigenem Antriebe von den k. u.
k. Truppen bewaffnete Hilfe in jenen Fällen verlangen, in denen sie
es für notwendig erachtet. Alle Häfen, Landungsplätze,
Eisenbahnen und Befestigungen sind bereits in den Händen der k. u.
k. Truppen und können bis zum Friedensschluß gehalten werden.
Die montenegrinische Regierung erklärt, daß im Lande keine
weiteren Befestigungen existieren, und im Falle solche sein sollten, steht
es den k. u. k. Truppen frei, diese zu besetzen.
5. Alle österreichisch-ungarischen und deutschen Kriegsgefangenen
werden am 25. Januar des laufenden Jahres freigelassen und sind in Podgorica
dem k. u. k. militärischen Kommando zu übergeben. Die montenegrinischen
Kriegsgefangenen werden beim Friedensschluß übergeben. Die
montenegrinischen Delegierten bitten jedoch, daß ihre Kriegsgefangenen
auch schon vor dem Friedensschluß freigelassen werden. Jene Montenegriner,
welche sich seit dem Einstellen der Feindseligkeiten, 17. Januar, 8 Uhr
30 Minuten vormittags, den k. u. k. Truppen ergeben haben, gelten nicht
als Kriegsgefangene und werden in ihre Heimat ehestens zurückgestellt.
6. Die Verwaltung in Montenegro wird durch die montenegrinischen Behörden
ausgeübt. Die österreichisch-ungarischen Kommandanten können
deren Mitwirkung jederzeit in Anspruch nehmen.
7. Alle am Skutarisee vorhandenen Schiffahrtsmittel und deren Standorte
sind mittels Verzeichnisses dem k. u. k. Kommandanten in Cetinje bekanntzugeben
und, soweit die Möglichkeit besteht, von der montenegrinischen Regierung
nach Virbazar zu dirigieren. Nichtbenötigte Transportmittel werden
von den k. u. k. militärischen Stellen den Besitzern zurückgestellt
werden.
8. Die königlich montenegrinische Regierung wird vom 25. Januar an,
wenn tunlich täglich, über den Stand der Waffenablieferungen
dem k. u. k. militärischen Kommandanten in Cetinje berichten.
9. Die montenegrinischen Delegierten werden zur Kenntnis bringen, wo sich
die verantwortliche Regierung Montenegros jeweilig befindet, dermaliger
Aufenthaltsort ist Podgorica.
10. Die montenegrinischen Delegierten bitten, die Friedensverhandlungen
möglichst bald zu beginnen, da hierdurch auf die Bevölkerung
beruhigend eingewirkt werden würde.
Beschlossen und gefertigt von den beiderseitigen bevollmächtigten
Delegierten. Cetinje, am 25. Januar 1916.
Die k. u. k. Delegierten: v. Weber, m. p., Feldmarschalleutnant;
Schuppich, m. p., Major des Generalstabes.
Die montenegrinischen Delegierten:
General Becir, m. p., Major Lompar, m. p. 1) |