Der Weltkrieg am 30. Oktober 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Russische Stellungen bei Czartorysk erstürmt

Großes Hauptquartier, 30. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Keine wesentlichen Ereignisse.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Nordöstlich von Mitau wiesen unsere bei Plakanen auf das Nordufer der Misse vorgeschobenen Kräfte zwei starke Nachtangriffe ab und zogen sich vor einem weiteren Angriff
in die Hauptstellung auf dem Südufer zurück.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Nichts Neues.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen:
Westlich von Czartorysk wurde die russische Stellung bei Komarow und der Ort selbst genommen; ein nächtlicher russischer Gegenangriff blieb erfolglos. Kamienucha, Huta Lisowska und Bielgow wurden gestürmt. 18 Offiziere, 929 Mann sind gefangengenommen, 2 Maschinengewehre erbeutet. Ein russisches Kampfflugzeug wurde bei Kukli heruntergeschossen.
Balkankriegsschauplatz:
Die Armeen der Generale v. Koeveß und v. Gallwitz haben feindliche Stellungen gestürmt, über 1000 Serben gefangengenommen, 2 Geschütze, 1 Maschinengewehr erbeutet und sind in der Vorbewegung geblieben.
Die Armee des Generals Bojadjieff setzt die Verfolgung fort.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Fortschreitender Angriff gegen Kragujevac

Wien, 30. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die westlich von Czartorysk kämpfenden österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen entrissen dem Feinde, ihre Angriffe fortsetzend, eine Reihe zäh verteidigter Ortschaften. Es wurden 18 russische Offiziere und 929 Mann gefangengenommen und 2 Maschinengewehre erbeutet. Ein russisches Flugzeug wurde durch Feuer herabgeholt.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Isonzofront verlief der gestrige Tag im Abschnitte nördlich des Görzer Brückenkopfes merklich ruhiger, nur die Besatzung des Brückenkopfes von Tolmein hatte noch einen stärkeren Angriff abzuweisen. Vor Görz hielt das feindliche Artilleriefeuer mit größter Heftigkeit bis in die Abendstunden an. Angriffsversuche der Italiener auf den Monte Sabotino und unsere Stellungen westlich Pevma wurden zurückgewiesen. Auch auf der Podgorahöhe blieben nach erbitterten Nahkämpfen alle unsere Gräben im Besitz ihrer Verteidiger. Von der italienischen dritten Armee kämpfen bereits Teile der bisher zurückgehaltenen Kräfte gegen die Hochfläche von Doberdo. Dies vermag jedoch an der Lage nichts zu ändern. Wo die feindlichen Angriffe nicht schon durch Geschützfeuer vereitelt wurden, scheiterten sie an der festen Mauer unserer Infanterie. An der Dolomitenfront nahm der Gegner mit zehnfach überlegenen Kräften unsere Vorstellungen auf dem Col di Lana. Feindliche Angriffe im Tonalegebiet wurden blutig abgeschlagen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die Säuberung des Gebietes von Visegrad schreitet erfolgreich vorwärts. Die Armee des Generals v. Koeveß warf den Gegner beiderseits von Rudnik auf Grn. Milanovac zurück. Auf der Hochfläche von Cumic - einen Tagemarsch nordwestlich von Kragujevac - leistet der Feind noch zähesten Widerstand. Unsere Truppen stehen dort im erbitterten Kampf. Südwestlich von Lapovo greifen Deutsche Bataillone die Höhe Strazenica an. Im Nordostteile Serbiens ist der Gegner überall im Rückzuge. Die Bulgaren verfolgen von Timok her. Südwestlich von Knjazevac drangen sie in die serbischen Stellungen auf der Tresibaba Planina ein.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Die Isonzo-Schlacht

Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet:
28. Oktober, an der Isonzofront.
Der amtliche Bericht über den gestrigen Schlachttag an der Isonzofront konnte der Wucht des nach drei etwas ruhigeren Tagen neu entstammten allgemeinen Angriffs nur in großen Zügen gerecht werden. Von den bisher elf Schlachttagen, die vom 18. bis 28. Oktober zu zählen sind, war der letzte wohl der schwerste und blutigste. Wieder ging an zahlreichen Angriffsstellen eine vierstündige gewaltige Artillerievorbereitung vorher. Namentlich gegen den Görzer Brückenkopf, der offenbar um jeden Preis erobert werden sollte. erreichte die Tätigkeit der italienischen Geschütze ihren Höhepunkt. Um 8 Uhr vormittags begann das Feuer aller Kaliber. Um die Mittagsstunde steigerte es sich besonders gegen den Monte Sabotino und den Rücken von Podgora zu einem "Trommelfeuer", das an Heftigkeit, Dauer und Munitionsaufwand der schwersten Geschütze das Feuer sowohl der früheren Tage der jetzigen Schlacht, als auch jenes der heißesten Julitage im Görzischen bedeutend überbot Nach sechsstündiger Vorbereitung durch ein solches Artilleriefeuer schritt der Feind zum Angriff gegen den Monte Sabotino und den Podgorarücken. Den Sabotino griffen fünf bis sechs Bataillone an, denen starke Reserven folgten. Aber nur am südlichen Flügel dieses Abschnittes erreichte der Angreifer unsere schon völlig zerschossenen Gräben. Sogleich wurde er wieder hinausgeworfen. Die Hauptkräfte wurden durch ein vernichtendes Artillerie-, Infanterie- und Maschinengewehrfeuer zu verlustreicher Flucht in ihre Ausgangsstellungen gezwungen. Auch der Einsatz neuer feindlicher Reserven vermochte den Angriff nicht nochmals vorzutragen.
Auf dem Podgora drang sehr starke feindliche Infanterie ebenfalls in einige zerstörte Grabenstücke ein und erstieg an einzelnen Punkten sogar die Kammlinie, von der aus Görz zum Greifen nahe ist. Da brachte ein glänzender, mit Sturmsignal geführter Gegenstoß des dalmatinischen Landwehrinfanterieregiments Nr. 23 alle Stellungen wieder in unseren Besitz. Das feindliche Vorfeld des Monte Sabotino und die Podgorahöhe ist mit Feindesleichen übersät. Ein gegen den Raum von Pavma angesetzter italienischer Angriff scheiterte schon im Kreuzfeuer unserer Batterien. Gegen die Hochfläche von Doberdo setzte nach 3 Uhr nachmittags, als sich auch hier das Artilleriefeuer zu größter Heftigkeit gestaltet hatte, der Gegner starke Infanterieangriffe an. Ein erster Angriff auf den Monte San Michele brach bald zusammen, einen zweiten wies das ungarische Banater Infanterieregiment 43 unter besonders Schweren Verlusten des Feindes ab. Ebenso wurden wiederholte Vorstöße bei San Martino, im anschließenden Abschnitt von Monte dei sei Busi blutig zurückgeschlagen, wobei sich das Grazer Landwehrinfanterieregiment durch einen schneidigen Gegenangriff auf den stellenweise eingedrungenen Feind hervortat. Weiler südlich verbuchten schwächere italienische Kräfte vorzugehen. Nur östlich Vermegliano gelangte ein Bataillon bis an die Hindernisse. Es wurde durch Feuer in die Flucht gesagt. Angriffsversuche bei Selz und östlich Mandria erstickten schon im Geschützfeuer.
Vor dem Tolmeiner Brückenkopf und im Abschnitte nördlich davon bis zum Krn setzte die Angriffstätigkeit der Italiener bekanntermaßen während der ganzen Schlacht nie aus; die Verteidiger vom Mrzli Vrh hatten gestern wieder zwei feindliche Vorstöße abzuweisen. Sehr heftig tobt der Kampf seit einigen Tagen um unsere Stellungen auf den Hängen südöstlich dieses Berges; sie blieben gleichfalls fest in unserem Besitz. ebenso mißlangen die unaufhörlich erneuten Angriffe auf den Brückenkopf gelbst. Im Abschnitte von Plava kam es zu keiner umfangreichen Tätigkeit der feindlichen Infanterie; sie wurde durch unser Geschützfeuer niedergehalten. Nur bei Zagora entspann sich ein erbitterter Kampf um ein vorspringendes Grabenstück, das von unseren Truppen zurückerobert werden mußte. Natürlich lassen sich die Einzelheiten des gestrigen Tages noch nicht annähernd überblicken Die gegebene kurze Darstellung wird jedoch den Umfang und die Heftigkeit der von unseren Truppen mit beispielloser Tapferkeit und Fähigkeit durchgehaltenen Schlacht erkennen lassen. Welche Bedeutung der Feind auch seiner amtl.ch angekündigt ten "Offensive" beimißt, gehr am besten aus dem Tagesbefehle der am äußerten Südflügel kämpfenden italienischen Armeekorps hervor. Bei einem gefallenen italienischen Offiziere wurde nämlich ein Tagesbefehl des italienischen 7. Armeekorps gefunden, der beweist, welch große Bedeutung die italienische Heeresleitung den Kämpfen der letzten Tage beimaß, und welch herbe Enttäuschung das Mißlingen dieser großen "Offensive" für sie sein muß. Der Befehl lautet wörtlich: "Offiziere und Truppen des 7. Korps ! Es steht eine allgemeine große Offensive bevor, an der das 7. Korps hervorragenden Anteil nehmen wird. Unser erlauchter Armeekommandant hat seinen Angriffsbefehl mit dem Wort "Sieg" geschlossen, was für uns gleichzeitig ein Ansporn und ein Glückwunsch sein soll. Ich rechne auf jeden einzelnen von Euch sicher, daß jeder tapfer seine Pflicht tun wird mit Aufwand aller Energie und all Eurer körperlichen und geistigen Kraft. Bedenket, daß die Augen ganz Italiens und aller anderen Heere auf Euch gerichtet sind, bedenket, daß es Euch durch einen einzigen körperlichen Angriff gelingen kann, den größten Vorteil für Euer Vaterland zu erringen und ewigen Ruhm für die Armee und für Euch selbst zu ernten! Der Gegner ist schon zermürbt und wankt und wird Euren Schlägen nicht widerstehen können, wenn Ihr ihn beim Angriff die ganze Gewalt Eures unwiderstehlichen Willens zum Sieg fühlen lassen werdet. Mut. Kameraden! Macht, daß man eines Tages von Euch sagen kann: Er kämpfte und siegte am Karst, und immer vorwärts bis zum Schluß für Italien und für den König. Der Kommandant des 7. Korps, Generalleutnant Pecci Giraldi."
2)

 

Die neue französische Regierung (Kabinett Briand)


Briand

Paris, 30. Oktober.
Die Agence Havas meldet amtlich:
Das Ministerium ist wie folgt zusammengesetzt: Vorsitz und Auswärtiges Briand, Staatsminister ohne Portefeuille Freycinet, Bourgeois, Combes, Guesde, Denis-Cochin, Justiz und Vizepräsidentschaft Viviani, Krieg General Gallieni, Marine Konteradmiral Lacaze, Inneres Malvy, Finanzen Ribot. Ackerbau Meline, öffentliche Arbeiten Sembat, Handel Clémentel, Kolonien Doumergue, Unterricht und Erfindungen, die die Landesverteidigung betreffen, Painlevé, Arbeit Matin. Der bisherige französische Botschafter in Berlin Jules Cambon wurde zum Generalsekretär im Ministerium des Äußern ernannt.

 

Der 1. Weltkrieg im Oktober 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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