Sozialdemokratische
Friedenswünsche - Eine Regierungserklärung
Berlin,
26. Juni.
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt in ihrem
politischen Tagesbericht:
Der Vorstand der sozialdemokratischen Partei Deutschlands veröffentlicht
unter der Überschrift "Sozialdemokratie und Frieden"
eine Kundgebung, in der dargelegt wird, wie die deutsche Sozialdemokratie
im Kampfe um die nationale Unabhängigkeit und Selbständigkeit
Deutschlands ihre Pflicht getan hat und wie ihre friedlichen Bemühungen
von den Sozialdemokraten der feindlichen Länder aufgenommen worden
sind. Als Tatsache wird festgestellt, "daß die große
Masse der dem Internationalen Sozialistischen Bureau angeschlossenen
Sozialisten Englands und Frankreichs, ihre Organisationen und Leitungen,
mit ihren Regierungen den Krieg fortführen wollen bis zur völligen
Niederwerfung Deutschlands".
Trotz dieser Feststellungen fordert der sozialdemokratische Parteivorstand
unter Kennzeichnung seiner eigenen Kriegsziele, gestützt auf die
durch die Tapferkeit unserer Volksgenossen geschaffene günstige
Kriegslage, die Regierung auf, ihre Bereitwilligkeit kundzutun, in Friedensverhandlungen
einzutreten, um dem blutigen Ringen ein Ende zu machen.
Der "Vorwärts" ist wegen dieser Kundgebung mit Rücksicht
auf die noch für die Erörterung von Kriegszielen bestehenden
Zensurvorschriften verboten worden. Sie ist in hohem Maße zu bedauern,
weil dieser Versuch, den Entschließungen der Regierung vorzugreifen,
im Auslande einen wahrscheinlich auch der Mehrheit der deutschen Sozialdemokratie
höchst unerwünschten Eindruck machen wird. Nach bewährten
Mustern wird das Manifest allgemeinen Friedenswunsches als Beweis einer
in Deutschland tatsächlich nicht bestehenden flauen Kriegsmüdigkeit
ausgenutzt werden. Das Manifest ist somit geeignet, die Hoffnungen unserer
Feinde erneut zu beleben.
Sobald der Fortgang der militärischen Ereignisse und die politische
Lage Aussicht bietet,
erfolgreich in Friedenserwägungen einzutreten, wird die Regierung
von selbst das ihre tun.
Bis dahin aber gibt es für das deutsche Volk nur die Parole: Durchhalten.
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