Der Weltkrieg am 3. Juni 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Ein durch österreichisch-ungarische schwere Artillerie vernichtetes Panzerwerk der Festung Przemysl
Ein durch österreichisch-ungarische schwere Artillerie vernichtetes Panzerwerk der Festung Przemysl

 Der deutsche Heeresbericht:

Przemysl widererobert

Großes Hauptquartier, 3. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Um den von den Engländern besetzten stark ausgebauten Ort Hooge, etwa 3 Kilometer östlich von Ypern, entwickelte sich ein Kampf, der einen günstigen Verlauf für uns nimmt. Wir sahen uns gezwungen, den Turm der Martinskirche in Ypern, auf dem feindliche Artilleriebeobachtungsstellen erkannt waren, gestern zu beseitigen. In der Gegend nördlich von Arras war die Kampftätigkeit auf der Front Souchez-Neuville und südlich wieder sehr lebhaft Die Franzosen setzten dort nachmittags und in der Nacht mehrfach zu größeren Angriffen an, die an einzelnen Stellen zu erbitterten Nahkämpfen führten. Überall erlitten die Franzosen die schwersten Verluste, ohne irgendwelche Vorteile zu erringen. Um den Besitz der Zuckerfabrik bei Souchez wird noch dauernd gekämpft. Das Feuer der französischen Artillerie auf die hinter unserer Stellung liegenden Ortschaften forderte unter den französischen Einwohnern gestern wieder zahlreiche Opfer, so z. B. in Angres, wo 5 Männer, 15 Frauen, 10 Kinder, und in Méricourt, wo 2 Frauen getötet bzw. verletzt wurden.
Im Priesterwald sind die Kämpfe noch nicht abgeschlossen.
In den Vogesen bewarfen unsere Flieger den Etappenort und Bahnknotenpunkt Remiremont und feindliche Truppenlager bei Hohneck mit Bomben. Kleinere örtliche Gefechte entstanden heute nacht in der Gegend des Fechttales bei Metzeral.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die Festung Przemysl ist heute früh, nachdem in den Nachtstunden die sich noch haltenden Werke der Nordfront gestürmt waren, von uns genommen. Die Beute ist noch nicht zu übersehen. Gegenangriffe der Raffen gegen die Angriffskolonnen und unsere Stellungen östlich von Jaroslau scheiterten vollständig.
Die Armee des Generals v. Linsingen dringt in Richtung auf Zydaczow nordöstlich von Stryj vor und kämpft um den Dnjestrabschnitt westlich Mikolajow.
Die Beute der Schlacht bei Stryj ist auf 60 Offiziere, 12175 Mann Gefangen, 14 Geschütze, 35 Maschinengewehre gestiegen.

    Oberste Heeresleitung. 1)

Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier: 
Die Wiedereroberung von Przemysl

 

München, 3. Juni.
Nach einem Telegramm des Generalobersten v. Mackensen an den König von Bayern ist Przemysl unter hervorragender Beteiligung bayerischer Truppen von den Verbündeten genommen worden.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 3. Juni.
Amtlich wird verlautbart:
Seit heute 3 Uhr 30 Minuten ist Przemysl wieder in unserem Besitz.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Wien, 3. Juni.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Deutsche Truppen erstürmten nachts die letzten russischen Stellungen der Nordfront von Przemysl und drangen heute und 3 Uhr 30 Minuten morgens von Norden her in die Stadt ein. Von Westen und Süden ist unser 10. Korps eingedrungen. Seine ersten Abteilungen erreichten bald nach 6 Uhr morgens den Hauptplatz der Stadt. Die Tragweite diesem Erfolges läßt sich noch nicht überblicken.
Der Angriff der verbündeten Truppen im Raume nördlich Stryj schreit weiter erfolgreich fort. Bisheriges Ergebnis der Schlacht bei Stryj. 60 Offiziere, 12175 Mann gefangen, 14 Geschütze, 35 Maschinengewehre erbeutet.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Italiener setzen die erfolglose Beschießung unserer Befestigungen an mehreren Punkten der Tiroler und Kärntner Grenze fort. Wo feindliche Abteilungen ins Feuer kamen, flüchteten sie: so ein italienisches Infanterieregiment auf dem Plateau von Folgaria, mehrere Kompagnien bei Misurina und die von einer Offizierspatrouille von uns in Gradisca überfallene Kavallerie und Bersaglieri-Abteilungen.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Der Einzug der Sieger in Przemysl

Wien, 3. Juni.
Die Truppen drangen gestern nacheinander von allen Seiten in die Stadt Przemysl ein. Mit den Bayern trafen sich die Reiter der Kavalleriedivision Berndt auf dem Marktplatz. Bald darauf langten auch die Fußtruppen des 10. Armeekorps an. Es herrschte unendlicher Jubel; alle Straßen waren voll Menschen, die Blumen streuten, Fahnen schwenkten und solche an den Häusern befestigten. Die Stadt hat nicht gelitten. Große Vorräte sind in den Magazinen zurückgeblieben und auch sonstiges Kriegsmaterial befindet sich noch viel in der Festung. Die Truppen konnten sich aber in der Stadt nicht aufhalten, da sie sofort dem abziehenden Gegner nachdrängten, der zum Schutze seines Abmarsches auf den Höhen östlich der Stadt Nachhutstellungen bezog und diese ziemlich hartnäckig verteidigte. Langsam drängten unsere Truppen den Feind von Stellung zu Stellung aus dem Festungsrayon hinaus. Die Zahl der Gefangenen ist noch nicht ermittelt.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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