Der Weltkrieg am 25. Mai 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Neue erfolgreiche Offensive nördlich Przemysl - Über 21000 Gefangen; 39 Geschütze erbeutet

Großes Hauptquartier, 25. Mai.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In Flandern setzten wir gestern unsere Angriffe Richtung Ypern fort, erstürmten die Vlaminghe-Ferme, das Schloß nördlich Wieltje, die Bellewaarde-Ferme und näherten uns Hooge. Bei diesen Kämpfen fielen 150 Gefangene und zwei Maschinengewehre in unsere Hand.
Südlich Armentières, zwischen Neuve Chapelle und Givenchy, und nördlich der Lorettohöhe wurden feindliche Teilangriffe blutig abgewiesen. Bei Neuville kamen in dem Graben bereitgestellte Sturmtruppen des Feindes durch unser Artilleriefeuer nicht zur Entwicklung. In Cambrai wurden durch den Bombenwurf eines französischen Fliegers beim Verlassen des Gottesdienstes 5 Franzosen getötet und 12 Franzosen schwer verletzt. Bei St. Quentin schossen wir ein feindliches Flugzeug herunter.
Östlicher Kriegsschauplatz:
An der Dubissa östlich Rossienie griffen unsere Truppen gegenüberstehende starke russische Kräfte an, schlugen sie und warfen sie unter empfindlichsten Verlusten über den Fluß. 2240 Gefangene und 5 Maschinengewehre wurden erbeutet. Weiter südlich scheiterten mehrere teilweise sehr heftig russische Angriffe aus Richtung Eiragola unter großen blutigen Opfern für den Gegner.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die Armee des Generaloberst v. Mackensen hat gestern nördlich von Przemysl die Offensive erneut aufgenommen. Der Angriff führte wieder zu einem vollen Erfolge. Die stark befestigten Orte Drohojow, Ostrow, Radymno, Wysocko, Wietlin, Makowicko und die Höhen nordwestlich Bobrowka sowie östlich Cetula wurden stürmender Hand genommen.
Bisher fielen 153 Offiziere und über 21000 Mann als Gefangene, 39 Geschütze,
darunter 9 schwere, und mindestens 40 Maschinengewehre den verbündeten Truppen in die Hände. Die Russen erlitten außergewöhnlich hohe Verluste.

    Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Scharmützel an der Tiroler und Kärntner Grenze

Wien, 25. Mai.
Amtlich wird verlautbart:
In Mittelgalizien greifen die verbündeten Armeen an der ganzen Front von Sieniawa bis zum oberen Dnjestr starke russische Kräfte an. Die Armee des Generalobersten v. Mackensen, in deren Verband das österreichisch - ungarische VI. Korps kämpft, hat Radymno genommen und ist östlich und südöstlich dieser Stadt gegen den San vorgedrungen. Der Feind, der durch zahlreiche Angriffe das verlorene Terrain zurückzuerobern versuchte, wurde überall geworfen, verlor an 21000 Gefangene, 29 Geschütze, über 40 Maschinengewehre. Die Armeen Buhallo und Boehm-Ermolli, die südöstlich Przemysl vorstoßen, haben unter erbitterten Kämpfen Raum gewonnen und den Gegner wider die Plonianiederung zurückgeworfen. Der Angriff wird auf der ganzen Front fortgesetzt. Die sonstige Lage auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz hat sich nicht geändert.
Im Südwesten sind an der Tiroler und Kärtner Grenze da und dort kleinere feindliche Abteilungen, hauptsächlich Alpini, über die Grenze vorgegangen. Wo sie auf unsere Stellungen stießen und angeschossen wurden, kehrten sie um. 

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Die Beschießung der italienischen Ostküste - Erfolgreicher Kampf mit italienischen Torpedojägern 

Wien, 25. Mai.
Der telegraphische amtliche Bericht über die Flottenaktion am Morgen des 24. Mai hat folgenden Wortlaut:
Heute vor Sonnenaufgang, also genau 12 Stunden nach Kriegserklärung seitens Italiens, hat die k. u. k. Flotte gleichzeitig eine Reihe erfolgreicher Aktionen an der Ostküste Italiens von Venedig bis Barletta ausgeführt. In Venedig hat ein Marineflieger 14 Bomben geworfen, im Arsenal einen Brand erzeugt, einen Zerstörer stark beschädigt, Bahnhof, Ölbehälter und Hangars am Lido beworfen. In den sehr engen Kanal von Porto Corsini war der Zerstörer "Scharfschütze" eingedrungen, bis er sich plötzlich unmittelbar neben einem vollbesetzten Schützengraben sah. Von der völlig überraschten Besatzung wurde ein großer Teil niedergeschossen, worauf jedoch drei ganz versteckte Strandbatterien ein heftiges Feuer aus zirka Zwölfzentimeter-Geschützen auf den vor der Kanalmündung liegenden Kreuzer "Novara" und Torpedoboot 80 eröffneten. Letzteres erhielt einen Treffer in die Offiziersmesse, wobei ein Mann schwer verletzt und das Boot leck wurde. "Novara" führte das Feuergefecht fort, um dem Zerstörer und dem Torpedoboot aus der mißlichen Lage herauszuhelfen, enfilierte den Schützengraben, demolierte eine Kaserne, erhielt aber viele Treffer. Linienschiffsleutnant Persich und 4 Mann tot, 4 Mann schwer, mehrere leicht verwundet, aber die Verluste des Feindes sind vielleicht zehn- bis zwanzigmal schwerer. "Scharfschütze" kam vollkommen unversehrt davon, Torpedoboot "80" mit Lecktuch nach Pola. In Rimini wurden vom Panzerkreuzer "St. Georg" Bahnhof und Brücke beschossen. In Senigallia wurden vom "Zriny" Eisenbahnbrücke, Wasserturm, Hafenanlage, Stationsgebäude und ein Zug demoliert. Letztere zwei und ein nahe gelegenes Gebäude verbrannten. In Ancona wurden vom Gros der Flotte alte Befestigungen, das Artillerie- und Kavallerielager, die Werften, elektrische Zentrale, Bahnhof, Gasometer, Petroleumdepot, Semaphor- und Radiostation beschossen und durch abirrende Geschosse und Brände ein ungeheurer Schaden angerichtet. Zwei Dampfer im Hafen wurden versenkt und der auf der Werft neugebaute, der schon für den Stapellauf fast klar war, demoliert. Widerstand wurde nur von einer leichten Batterie und einigen Maschinengewehren gegen zwei Zerstörer geleistet. In dem einzigen modernen Fort "Alfredo Savic" stand zwar bei Beginn der Beschießung die Besatzung an den Geschützen, aber zwei unserer im richtigen Augenblick erscheinende Flieger vertrieben sie mit Maschinengewehrfeuer so gründlich, daß sie nicht wieder zurückkehrten. Diese Flieger und ein dritter haben auch die Ballonhalle in Chiaravalla landeinwärts und mehrere militärische Objekte mit 30 Bomben beworfen. Das Luftschiff "Citta di Ferrara" warf mehrere Bomben erfolglos gegen S. M. S. "Zriny" und versuchte die abziehende Flotte anzugreifen, suchte aber schleunigst das Weite, als zwei Flieger herbeiflogen, die übrigens alle ihre Bomben schon verworfen hatten. Dasselbe oder
ein anderes Luftschiff war schon eine halbe Stunde nach Mitternacht von der Flotte auf halbem Wege Pola-Ancona im Gegenkurse gesichtet worden und zweifellos auf dem Wege nach Pola. Als aber drei es begleitende Fahrzeuge vor dem Geschützfeuer entflohen, kehrte das Luftschiff auch gleich um und verschwand gegen Nordwest, ohne, wie es scheint, die Flotte selbst gesehen zu haben. Die Eisenbahnbrücke über den Potenzafluß wurde von S. M. S. "Radetzky" beschossen und beschädigt.
S. M. S. "Admiral Spann" mit vier Zerstörern beschoß die Eisenbahnbrücke über den Sinarcafluß, die Eisenbahnstation, Lokomotiven-, Pumpenhaus usw. in Campo Marino, demolierte den Semaphor von Tremiti und beschädigte den von Torre di Miletto. S. M. S. "Helgoland" mit drei Zerstörern beschoß Vieste und Manfredonia und stieß bei Barletta auf zwei italienische Zerstörer, die es sofort unter Feuer nahm und verfolgte. Der eine entkam, der zweite "Turbine" wurde von unseren Zerstörern "Csepel" und "Tatra" gegen Pelagosa abgedrängt und durch einen Granattreffer in eine Maschine und einen Kessel lahmgeschossen und blieb gestoppt, brennend und sinkend liegen. Er ergab sich. "Csepel", "Tatra" und "Lika" retteten 35 Mann der Besatzung, darunter den Kommandanten, Gesamtdetailoffizier und Maschinenvorstand, und nahmen sie gefangen. Das Rettungswerk wurde von zwei von Nordost bis auf 9000 m herankommenden Schlachtschiffen, Typ Vittorio Emanuele, und einem Auxiliarkreuzer gestört. Im darauffolgenden Feuergefecht erhielt nur "Csepel" einen unbedeutenden Treffer, wobei ein Mann schwer, zwei Mann leicht verwundet wurden. Das Feuer wurde von "Helgoland" und den Zerstörern anscheinend mit gutem Erfolg erwidert. Nächste Distanz 8000 m. Nach kurzer Zeit waren unsere Schiffe außer Schußdistanz. Außer den angegebenen hatte die k. u. k. Flotte keinerlei Verluste. 

 

Der türkische Heeresbericht:

Die schweren feindlichen Verluste in der Schlacht von Sed-ül-Bahr

Konstantinopel, 24. Mai.
Das türkische Hauptquartier meldet:
In der Nacht vom 22. zum 23. Mai versuchte der Feind, sich unserem linken Flügel zu nähern, wurde aber mit Verlusten für ihn zurückgewiesen. Am 23. früh wurde ein feindlicher Kreuzer vor Kaba Tepe durch das Feuer unserer Artillerie schwer beschädigt und außerdem von zwei Flugzeugbomben getroffen. Er wurde von fünf Kriegsfahrzeugen weggeschleppt. Gestern in Ari Burun und Sed-ül-Bahr keine Kampfhandlung. Die feindlichen Verluste an Toten und Verwundeten während der Schlacht von Sed-ül-Bahr am 22. Mai belaufen sich auf mehr als 4000 Mann. Gestern beschossen die feindlichen Schiffe unsere Infanteriestellungen an beiden Seiten des Einganges zur Meerenge schwach und wirkungslos. Eine unserer Batterien zerstörte eine feindliche Batterie bei Sed-ül-Bahr.
Nichts Wichtiges auf den übrigen Kriegsschauplätzen. 

Das englische Schlachtschiff "Triumph" torpediert

Konstantinopel, 25. Mai.
Das türkische Hauptquartier teilt mit:
Heute nachmittag ist das englische Schlachtschiff "Triumph" im Golf von Saros vor Ari Burun torpediert worden und gesunken.
An der Dardanellenfront und auf den anderen Kriegsschauplätzen hat sich gestern nichts Wesentliches ereignet. 

 

Ein russischer Panzer von einem türkischen U-Boot versenkt

Konstantinopel, 25. Mai.
Die Nachricht vom Verluste des Panzerschiffes der russischen Flotte im Schwarzen Meer "Panteleimon" war bis jetzt nur aus ausländischen Telegrammen bekannt. Nun erst wird in Konstantinopel amtlich mitgeteilt, daß dieses Panzerschiff von einem türkischen Unterseeboot versenkt worden ist. Die Türkei hat das Bestehen dieses Unterseebootes, das ihr jetzt zur Verfügung steht, bisher verheimlicht, solange nicht ein Ergebnis seiner Tätigkeit bekannt war.
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Fliegerbomben auf Paris

Paris, 25. Mai. 
"Temps" berichtet, daß ein deutsches Flugzeug, welches vorgestern Paris überflog, acht Bomben warf. Fünf fielen in die Nähe des Eifelturms, eine davon mitten in eine Schar spielender Kinder, glücklicherweise ohne zu platzen. Es wurde nur sehr wenig Schaden verursacht. Das Flugzeug überflog sodann Javel, warf noch drei Bomben, welche in der Rue Chasseloup Laupat niederfielen, ohne größeren Schaden anzurichten. Nach wenigen Minuten entfloh das Flugzeug, da sechs französische Flugzeuge zur Verfolgung aufgestiegen waren.
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Abreise des Fürsten Bülow von Rom

Fürst Bülow
Fürst Bülow

Rom, 25. Mai.
Der deutsche Botschafter Fürst Bülow ist gestern abend 9½ Uhr mit dem Sonderzug nach der Schweiz abgereist. In demselben Zug mit Fürst und Fürstin Bülow fuhr auch der preußische Gesandte am Vatikan ab, da die Geschäftsführung der deutschen Missionen beim Vatikan nach Lugano verlegt wird, während die Fiktion aufrechterhalten wird, als verblieben die Gesandtschaften selbst in Rom. Deshalb reiste in einem zweiten Sonderzug, der dem bayerischen Gesandten am Quirinal, von der Tann, zur Verfügung gestellt war, auch der bayerische Gesandte am Vatikan Baron Ritter.
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Der italienische Botschafter in Berlin fordert seine Pässe

Berlin, 25. Mai.
Der italienische Botschafter Bollati hat vom Auswärtigen Amt seine Pässe verlangt und erhalten.
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Die Beschießung von Ancona

Rom, 25. Mai. 
Dem "Giornale d´Italia" zufolge hat die Beschießung Anconas nicht unbeträchtlichen Schaden angerichtet. Die Eisenbahnstation ist teilweise zerstört. Beim Maschinendepot wurde ein Pfeiler eingedrückt, fünf Lokomotiven sind vernichtet. In der Stadt ist der Schaden noch beträchtlicher, da sie von mehreren Seiten beschossen wurde. Ein fahrender Zug wurde ebenfalls getroffen. 
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Der 1. Weltkrieg: Die Stadt Cormons bei Görz
Die Stadt Cormons bei Görz

Bericht aus dem italienischen Hauptquartier


Cadorna

Rom, 25. Mai. (Meldung der Agenzia Stefani.)
Das Kriegsbulletin des Hauptquartiers meldet über die Operationen am 24. Mai in Kärnten und Friaul: 
An der Grenze von Kärnten eröffnete die österreichisch-ungarische Artillerie am 23. Mai um 7 Uhr abends das Feuer gegen unsere Stellungen, ohne Resultate zu erzielen. Am 24. Mai feuerte unsere Artillerie auf die Stellungen der feindlichen Artillerie. Längs der Grenze von Friaul rückten unsere Truppen überall im feindlichen Gebiet vor, wobei sie nur schwachem Widerstand begegneten. Wir besetzten Caporetto sowie die Höhen zwischen Judrio und dem Isonzo mit den Ortschaften Cormons, Versa, Cervignano und Terzo. Der Feind zog sich zurück, indem er die Brücken zerstörte und die Häuser niederbrannte. Unsere Torpedobootzerstörer eröffneten das Feuer gegen eine feindliche Abteilung in Portobuso und landeten Truppen, welche 70 Österreicher gefangennahmen. Die Gefangenen wurden nach Venedig gebracht. Unsere Verluste sind ein Mann tot, einige wenige verwundet. 
Gezeichnet Cadorna. 
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Der 1. Weltkrieg im Mai 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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