Der Weltkrieg am 13. Mai 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

In Galizien und den Karpathen 143000 Gefangene gemacht

Großes Hauptquartier, 13. Mai.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Östlich Ypern nahmen wir einen weiteren feindlichen Stützpunkt. Am Nachmittag wurden starke französische Angriffe gegen unsere Front Ablain - Neuville unter schwersten Verlusten für den Feind abgewiesen. Das infolge des Festsetzens der Franzosen in unseren vorderen Gräben zwischen Neuville und Carency zum größten Teil umfaßte Dorf Carency sowie der Westteil von Ablain wurden jedoch in der vergangenen Nacht geräumt. Leider ist auch dabei wieder eine Anzahl unserer braven Leute und Material verloren gegangen. Französische Versuche, das von uns nordwestlich Berry-au-Bac in den Waldungen südlich Ville-au-Bois genommene Grabenstück wiederzugewinnen, blieben erfolglos. Nach starker Artillerievorbereitung griff der Feind gestern Abend unsere Stellungen zwischen Maas und Mosel bei Croix-des-Carmes an. Es gelang ihm, in einer Breite von 150 bis 200 Meter in unsere vordersten Gräben einzudringen. In erbitterten Nahkämpfen wurden unsere Stellungen jedoch wieder völlig von den Franzosen gesäubert. Eine Anzahl Gefangener blieb in unseren Händen. Zwei französische Blockhäuser auf dem Westhange des Hartmannsweilerkopfes wurden von unserer Artillerie zusammengeschossen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert; der Kampf bei Szawle steht noch.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die Heeresgruppe des Generalobersten v. Mackensen erreichte gestern in der Verfolgung die Gegend von Dubiecko am San-Lancut (am unteren Wislok)-Kolbuszowa (nordöstlich Debica). Unter der Einwirkung dieses Vordringens weichen die Russen auch aus ihren Stellungen nördlich der Weichsel; dort gelangten die Truppen des Generalobersten v. Woyrsch,
dem Feinde dichtauf folgend, bis in die Gegend südlich und nordwestlich von
Kielce. In den Karpathen erkämpften österreichisch-ungarische und deutsche Truppen unter General v. Linsingen die Höhen östlich des oberen Stryj; sie nahmen dabei 3650 Mann gefangen und erbeuteten 6 Maschinengewehre.
Jetzt, wo die Armeen des Generalobersten v. Mackensen sich der Festung Przemysl und dem unteren San nähern, läßt sich ein annäherndes Bild der Siegesbeute aus der Schlacht von Gorlice und Tarnow und den daran anschließenden Verfolgungskämpfen geben.
Diese Armeen haben bisher 103500 Russen zu Gefangenen gemacht, 69 Geschütze und 255 Maschinengewehre mit stürmender Hand erobert.
In diesen Zahlen ist die Ausbeute der in den Karpathen und nördlich der Weichsel kämpfenden verbündeten Truppen nicht einbegriffen, die sich auf weit über
40000 Gefangene beläuft.

    Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die russische Nidafront und Karpathenfront erobert

Wien, 13. Mai.
Amtlich wird verlautbart:
Die in den November- und Dezemberschlachten von Lodz und Limanowa erfochtenen Siege der verbündeten deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen zwangen die damals russische Front in Polen und Westgalizien in einer Ausdehnung von nahezu 400 Kilometern zum Rückzug. Damals zerschellte der vom Feinde geplante Vormarsch nach Deutschland an der erprobten Schlagkraft der treu verbündeten Truppen.
Vom Januar 1915 bis Mitte April haben die Russen ihre Übermacht vergeblich aufgeboten, um über die Karpathen nach Ungarn einzubrechen. Unter ungeheuren Verlusten ist dieser Plan an dem Heldenmut und der Beharrlichkeit unserer Truppen in monatelangen erbitterten Kämpfen vollkommen gescheitert. Damit war der Zeitpunkt gekommen, mit den machtvoll vereinten Truppen beider Reiche den Feind im gemeinsamen Angriff niederzuringen.
Der Sieg von Tarnow und Gorlice hat nicht nur Westgalizien vom Feinde befreit, sondern auch die ganze russische Nidafront und Karpathenfront zum Weichen gebracht. In Ausnutzung des ersten Erfolges haben die siegreichen Truppen in zehntägigen Kämpfen die russische dritte und achte Armee bis zur Vernichtung geschlagen, den Raum vom Dunajec und den Beskiden bis an den San durcheilt, dadurch 130 Kilometer heimatlichen Bodens erkämpft. Reiche Beute fiel in die Hände der Sieger. Vom 2. bis 12. Mai nachmittags beträgt die Gesamtsumme der von allen Armeen eingebrachten Gefangenen 143500 Mann, ferner etwa 100 Geschütze und 350 Maschinengewehre.
Hinzu kommen noch alle jene, die, durch die Ereignisse überrascht, den Anschluß an die zurückgehenden Truppen versäumten und in den Wäldern der Karpathen
vereinzelt umherirren. So hat sich der Stab der russischen 48. Infanteriedivision mit General der Infanterie Korniloff gestern im Rücken unserer Armee bei Odrzechowa unseren Truppen ergeben. Das Maß der Zerrüttung beim Rückfluten des Feindes kennzeichnet sich dadurch, daß unser neuntes Korps in den letzten drei Tagen durcheinander gewürfelte Mannschaften von 51 russischen Regimentern gefangennahm. Die seit Monaten vom Feinde aufgestapelten Ausrüstungen, Vorräte aller Art, Munition und sonstiges Kriegsmaterial blieben beim raschen Vordringen der Verfolger in den russischen Etappenstationen zurück und werden erst jetzt gesammelt werden können.
Nördlich der Weichsel dringen österreichisch-ungarische Truppen über Stopnica vor. Deutsche Truppen haben die Gouvernementshauptstadt Kielce erobert.
Östlich des Uzsoker Passes erstürmten deutsche und Honvedtruppen gestern mehrere Höhenstellungen der Russen, drangen bis südlich Turka vor und machten 4000 Mann zu Gefangenen. Der Angriff wird hier und in der Richtung auf Skole fortgesetzt.
In Südostgalizien greifen starke feindliche Truppen über Horodenka an.
Schließlich sei erwähnt, daß die russischen Communiqués der letzten Tage, sichtlich bemüht, unsere und die deutschen Erfolge abzuschwächen, alles verneinen und als absichtlich falsch wiedergegeben bezeichnen. Dies ist ein schlagender Beweis für die Größe der russischen Niederlage, denn sie verwirrt nun nicht allein die Aktionen der Truppen am Schlachtfelde, sondern auch die offizielle Berichterstattung der obersten russischen Heeresleitung.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 13. Mai. 
An der Dardanellenfront hat sich zu Lande nichts Wichtiges ereignet.
Heute vormittag hat ein Teil unserer Flotte ein englisches Panzerschiff angegriffen, das sich in der Nähe des Hafens von Morto bei dem Eingang der Dardanellen befand. Dieses Panzerschiff wurde an drei Stellen von Geschossen getroffen: an der Brücke des Kommandanten, in der Mitte und achtern. Es sank sofort.
Auf den übrigen Kriegsschauplätzen hat sich nichts Wesentliches ereignet.
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Das englische Linienschiff "Goliath"
Das englische Linienschiff "Goliath"

Das englische Linienschiff "Goliath" in den Dardanellen torpediert

London, 13. Mai. 
Churchill machte im Unterhause die Mitteilung, daß das Linienschiff "Goliath" in den Dardanellen torpediert wurde und man den Verlust von 500 Menschenleben befürchtet. 
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Mai 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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