Mit
ungeschwächter Kraft
Die
"Frankfurter Zeitung" schreibt:
Seit den Tagen von Soissons hat sich auf dem westlichen Kriegsschauplatz
kein Gefecht zugetragen, das einer der Kriegsparteien einen größeren
Geländegewinn und einen beträchtlicheren Offensiverfolg gebracht
hätte als der siegreiche Vorstoß unserer Truppen im Nordosten
von Ypern, von dem der neueste deutsche Tagesbericht Kunde gibt. Die großen
Angriffsschlachten, die uns die Franzosen in der Champagne und jüngst
zwischen Maas und Mosel lieferten, haben, an unserem neuesten Erfolg gemessen,
einen nennenswerten Gewinn an Gelände, an taktischen Positionen oder
an sonstigem Vorteil im Vergleich zu den eigenen Opfern den Angreifern
überhaupt nicht gebracht. Und die Engländer werden zur Erkenntnis
kommen müssen, daß Neuve Chapelle ein armseliges Nest ist gegenüber
dem strategisch sehr wertvollen Besitz der Höhen von Pilkelm und
des Brückenkopfs auf dem westlichen Kanalufer, den wir ihnen und
den Franzosen entrissen haben.
Der Name Ypern, der uns in diesem Krieg schon wochenlang alltäglich
vor Augen stand, der in den schweren Schlachten des vergangenen Spätherbstes
gleichsam zu einem Wahrzeichen deutschen Heldenmuts, aber auch der furchtbaren
Größe des Krieges geworden ist, klang neulich unversehens wieder
in den Berichten unserer Heeresleitung auf, die uns über den verhallenden
Kampflärm um Verdun und über die scheinbar Ruhe im Osten Nachricht
gaben; alte Erinnerungen und neue Begierden wachrufend. Man vernahm dann,
daß im Südosten der flandrischen Festung von neuem gekämpft
werde, und daß ein starker Angriff der Engländer Stück
für Stück zurückgeschlagen worden sei. Dann wurde gemeldet,
daß auch im Norden von Ypern ein Gefecht im Gange sei. Im letzten
französischen Bericht stand zu lesen, die deutschen Angriffe bei
Langemarck seien zurückgeschlagen worden; es sei den Deutschen nicht
gelungen, die Schlappe, die sie neulich dort erlitten hätten, wieder
auszuwetzen. Was werden die Bulletins von heute sagen? Der deutsche Erfolg
wird sich kaum wegdisputieren lassen: In einer Frontbreite von neun Kilometer
sind die deutschen Regimenter in einem einzigen Anlauf vorgestürmt
und haben vier Dörfer, Langemarck. Steenstraat, Het Sas und Pilkelm
erobert, haben reiche Kriegsbeute gemacht und wichtige Stellungen gewonnen.
Die Raumtiefe des gewonnenen Bodens wird im deutschen Bericht nicht angegeben,
aber sie kann danach geschätzt werden, daß die Höhen östlich
und südlich von Pilkelm, die annähernd 20 Meter hoch sind, über
3 Kilometer südwestlich von Langemarck und über 3½ Kilometer
südöstlich von dem am Yser-Ypern-Kanal gelegenen Steenstraat
zu suchen sind. Pilkelm liegt etwa 5 Kilometer nördlich von Ypern.
Zwischen Steenstraat und Pilkelm ist am östlichen Kanalufer Het Sas
zu suchen.
Wie groß die strategische Tragweite unseres Vorstoßes ist,
ob und in welcher Weise man ihn auszuwerten beabsichtigt, läßt
sich vorerst nicht erkennen. Die stärksten Stellungen unserer Gegner
auf der östlichen Hälfte des Raumes um Ypern liegen vermutlich
im Südosten, wo die Höhen steiler und erhabener sind, andererseits
wurden die erstürmten feindlichen Positionen bei Langemarck von jeher
als der "Schulterpunkt" der Befestigungen von Ypern bezeichnet.
Soviel ist sache, daß unsere Truppen aufs neue ihre ausgezeichnete
feindlichen Linien in Flandern, wieder fester geschraubt worden ist. Aber
weit über diesen Bodengewinn und über die Hoffnungen, die sich
darauf bauen lassen, stellen mir die Tatsache, daß unsere Truppen
aufs Neue ihre ausgezeichnete Stoßkraft und ihre alte Frische uns
und aller Welt klar und unbestreitbar bewiesen haben. Der Sturm auf Langemarck
und Pilkelm ist nur ein Vorspiel. Wir warten und werden siegen.
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